WASG Darmstadt: Austritt aus der Partei, "gemeinsame" Linke gescheitert

Die folgende Erklärung des WASG KV-Vorstandes Darmstadt und etlicher aktiver Mitglieder wurde gestern (Anm.:der Rücktritt fand am 18.01.07 statt) der Presse zugeleitet.

Der gesamte Vorstand sowie Stadtverordneter und Parteitagsdelegierter sind mit sofortiger Wirkung zurückgetreten und aus der WASG ausgetreten (insgesamt 12 Mitglieder). Wobei einige Mitglieder schon vorher ausgetreten waren und einige Mitglieder in den nächsten Wochen noch austreten werden. Hier die Erklärung:Vorstand und Mitglieder der WASG Darmstadt:

Das Projekt einer neuen gemeinsamen demokratischen linken Partei ist
gescheitert. Machtpolitische Interessen und undemokratische Verfahren
sind federführend bei der Übernahme der WASG durch die Linkspartei/PDS.
Wir treten aus.

Viele Mitglieder der Wahlalternative Arbeit und Soziale
Gerechtigkeit, so auch in Darmstadt, haben sich inzwischen von der WASG verabschiedet.
Schmerzlich haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass das Ziel einer neuen
gemeinsamen demokratischen linken Partei von den Führungen von WASG und Linkspartei/PDS zunehmend instrumentalisiert wurde. War anfangs noch von einem demokratischen Zusammenwachsen, einem Zusammengehen auf gleicher Augenhöhe die Rede, zeigt sich inzwischen, dass es nur um die Westerweiterung der PDS geht. Die WASG soll als Ganzes in der Linkspartei/PDS unter deren Führungsanspruch aufgehen.

Die Bundes- und Landesvorstände der WASG haben sich in ihrer Mehrheit dieser Zielsetzungangeschlossen. Schließlich geht es auch um gut dotierte
Abgeordnetenmandate,Vorstandsposten, Beschäftigungen als Fraktionsmitarbeiter, Gelder aus öffentlichen Kassen. Wichtige demokratische Prinzipien, wie die Trennung von Amt
und Mandat, sind kein Thema für die Führungsriegen der WASG. Im
Gegenteil:

Anträge werden auf Parteitagen nicht behandelt, ja es wurde sogar
versucht den letzten Bundesparteitag gar nicht stattfinden zu lassen. Dissense zur Linkspartei, so der WASG-Bundesvorstand, dürfen auf keinen Fall
aufkommen.
Beschlüsse von Landesparteitagen wurden vom Bundesvorstand für
nichtig erklärt, Landes- und Kreisvorstände abgesetzt. In einigen Fällen mussten Mitglieder erfolgreich Gerichte in Anspruch nehmen, um widerrechtliche Aktionen von oben zu beenden. Ganz anders das Bild bei der Linkspartei. Sie ist sich gewiss, dass die Vorstände der WASG sich bedingungslos dem Führungsanspruch und Politikstil der
PDS unterwerfen.

Daher wurde der PDS-Kreisverband in Darmstadt auch dann unterstützt,
als er entgegen der Beschlusslage beider Parteien, ein gemeinsames Auftreten
mit der WASG bei der Kommunalwahl ablehnte und lieber mit der DKP
zusammenarbeitete. Einer Partei, die die DDR immer noch für den besten aller deutschen Staaten hält. Offiziell betont die DKP ihre Eigenständigkeit und ist nicht in den Fusionsprozess einbezogen. Merkwürdigerweise hat sie trotzdem
Vertreter in Gremien, die den Fusionsprozess beeinflussen. In Darmstadt hat die DKP sogar die Führung der Linkspartei-Fraktion übernommen. Mitarbeiter dieser alten (und neuen) DKP/PDS-Fraktion traten sogar in die WASG ein und sabotierten deren Arbeit durch Wahlanfechtungen, Anzeigen und Verleumdungen. Der WASG-Landesvorstand tolerierte dieses Verhalten, da Wohlverhalten gegenüber der PDS zum Maß aller Dinge erklärt wurde.

Die vollkommene Selbstaufgabe der WASG hin zur PDS hat zu einem
politischen Wechsel geführt: von demokratischen Diskursen zu zentralistischen
Ordern, von der Vision einer sozialeren Gesellschaft zur Machtteilhabe um jeden Preis. Diese Entwicklung, verbunden mit den lokalen Erfahrungen, haben die ehemals aktiven Darmstädter Mitglieder der WASG, darunter den Kreisvorstand und den Stadtverordneten, zum Austritt aus der WASG bewogen. Dies bedeutet keinen Rückzug aus der Politik, aber eine klare Absage an das Projekt PDSplus. Diese „Linke“ wird kaum mehr entwickeln, als das was sie in Berlin an neoliberaler Politik praktiziert. Eine Tendenz zu einer basisdemokratischen mehrheitsfähigen linken Partei ist nicht mehr zu erkennen.

Wir, die wir im Vorfeld der Darmstädter Kommunalwahl für das Projekt
einer neuen Linken auch auf kommunaler Ebene geworben und Menschen motiviert haben, der WASG ihre Stimme(n) zu geben, entschuldigen uns bei unseren Wählerinnen und Wählern dafür, dass wir an dem Eindruck mitgewirkt haben, eine neue demokratische und soziale Politik habe in der WASG eine politische Heimat und gemeinsam mit der Linkspartei eine Zukunft. Unsere eigenen Hoffnungen waren beständiger als die von Taktik geprägte tatsächliche Entwicklung der alten Linken in neuen Schläuchen.

Letzte Änderung:19.39 Uhr

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