US, Saudis, Iran, Türkei: droht dem Irak die „polnische Teilung“?
Polen, 1772: Das nach einem Bürgerkrieg zwischen orthodoxen und katholischen Christen geschwächte Polen wird nach einer russischen Intervention zugunsten der Orthodoxen in einer Verschwörung der europäischen Großmächte Preußen, Österreich-Ungarn und Rußland dazu gezwungen, an die jeweiligen Großmächte Land abzutreten. Die Initiative dazu ging von Friedrich II. aus, der noch höhnisch über die österreichische Kaiserin Maria Theresia anmerkte:“Je mehr sie weint, desto mehr nimmt sie.“
Für diesen simplen Landraub gab es natürlich allerlei Vorwände seitens der Besatzer.
Nachdem sich Polen als erstes europäisches Land überhaupt 1791 eine demokratische Verfassung gab, war endgültig der Ofen aus. Nach zwei weiteren Teilungen 1793 und 1795 hörte Polen auf zu existieren (1).
Teheran, 05.Februar 2007: Der iranische Präsident Ahmadinedschad trifft sich mit dem Führer der irakischen SCIRI (2)(„Supreme Council for the Islamic Revolution in Iraq“), Abul Aziz al Hakim (Abdul Aziz Hakim) (3) und äußert sich wie folgt zum Krieg im Nachbarland:
„Die diversen Verschwörungen der USA, die einen Spalt zwischen den Iran und den Irak treiben sollen, führen zu nichts, da beide Länder ihre bilateralen Beziehungen in allen Bereichen ausbauen wollen“, so Ahmadinedschad laut Presseberichten(6).
Washington, 04.Dezember 2006: George Bush empfängt Abdul Aziz al Hakim, den SCIRI-Chef bei sich im Oval Office und erklärt folgendes:
„Wir sprachen über eine Menge wichtiger Punkte. Ich begrüße so sehr das Engagement Ihrer Eminenz für eine geeinte Regierung. Ich versicherte ihm, daß die Vereinigten Staaten seine Arbeit unterstützen und die Arbeit des Ministerpräsidenten, um das Land zu vereinen“, so Bush. Und weiter:
„Ich begrüße sehr die entschiedene Position seiner Eminenz gegen die Ermordung unschuldigen Lebens.“ (4)
Basra, britisch-besetzte Zone, Südirak, 19.September 2005:
2 als Araber bzw. „Al-Qaeda“(„El Kaida“/“al Qeada“)-Terroristen verkleidete britische SAS-Agenten werden in einem Toyota Cressida von einer regulären irakischen Polizei-Patrouille bei der Vorbereitung von Terroranschlägen überrascht, die Mitglieder der Elite-Einheit eröffnen das Feuer auf die Iraker, ein Polizist stirbt. Dennoch können die 2 Briten festgesetzt werden um dann wenig später durch eine blutige Militäraktion der Besatzungsmacht mit Panzern wieder befreit zu werden. Tags darauf ziehen wütende irakische Polizisten bewaffnet durch Basra und verlangten eine Verurteilung der britischen Agenten als „Terroristen“.(5)
Basra, britisch-besetzte Zone, Südirak, 2.August 2005:
der US-Journalist Steven Vincent wird kurz nach Mitternacht ermordet am Straßenrand aufgefunden, seine weibliche Vertrauensperson und Dolmetscherin überlebt seltsamerweise die Entführung durch „Männer in Polizeiuniformen“ und in einem Polizeiauto.
Steven Vincent, ein konservativer, eher zurückhaltend-christlicher Reporter, war kurz nach seiner Ankunft von „Sicherheitskräften“ verübten Massakern auf die Spur gekommen und nannte die von Rumsfeld persönlich bestätigten Treffs der US-Militärs mit Terrorgruppen wie Ansar al-Sunna, the Islamic Army in Iraq, the Iraqi Liberation Army, Jaish Mohammed, Thawarat al-Ishreen, the Shoura Council of Mujahideen, am 1.Juli 2005 in einem Washington Times-Artikel eine „Tea-Party“ mit Terroristen.
Er berichtete im NYTimes-Artikel „Switched off in Basra“ von einem „Todesauto“, einem Toyota Mark II, das in Basra unterwegs sei und von dem alle Einwohner wüßten, daß es irakische Polizisten außer Dienst als Söldner und Todesschwadronen zu ihren Zielen bringe.
Der Toyota Mark II und der Toyota Cressida, das Fahrzeug der britischen SAS-Terroristen, sind ein und dasselbe Fahrzeug.(5)
In einem Artikel „Back in Basra“ vom 09.Juni 2005 hatte Steven Vincent die Eindrücke eines Einwohners der Stadt geschildert:
„`Dies ist eine iranische Stadt geworden`, schimpft Salaam Wendy, hier geboren und nach seiner Flucht 1986 nach Kanada erst kürzlich zum ersten Mal hierher zurückgekehrt.
`In den 70ern und 80ern gab´s hier Bars, Nachtklubs, Kasinos – und keine Frau trug Kopftuch. Heute kannst Du nicht mal säkulare (Anm: nichtreligiöse) Bücher oder CDs finden, so eine Macht haben die religiösen Parteien über die Stadt. Dies ist nicht die Stadt an die ich mich erinnere.`“
Stephen Vincent interviewt damals auch einen gewissen Alaa Tarej, Sprecher der SCIRI. Dieser macht folgende Aussage:
„Unsere Beziehungen zu den Briten sind ziemlich gut. Wir glauben, sie helfen den Irakern“.
Dann berichtet Stephen Vincent von einem Gespräch mit einem alten sunnitischem Scheich. Dieser erzählt, so schreibt der konservative Journalist Vincent, daß die USA seit langem hinter dem Öl Irak´s her seien, daß sie nicht nur Saddam installiert, die Kriege mit dem Iran und Kuwait angeleiert und eine illegale Invasion gegen den Irak gestartet hätten.
Der sunnitische Geistliche berichtet außerdem, daß es die Amerikaner selbst sind, die hinter den Bombenanschlägen auf die schiitischen Moscheen stecken, und daß sie einen fiktiven Feind namens „al-Zarkawi“ erfunden hätten, um ihre repressiven Maßnahmen zu rechtfertigen.(7)
In seinem letzten Artikel „Switched Off in Basra“ berichtet der Freelancer Stephen Vincent dann von der schleichenden Übernahme der Stadt durch die religiösen Gruppen, allen voran die SCIRI („Supreme Council for the Islamic Revolution“), der Unterwanderung der irakischen „Sicherheitskräfte“ durch Todesschwadronen des Predigers Muqtada al-Sadr (Muktada el-Sadr), von endlosen Morden denen die britischen Besatzer einfach zuschauen, und vom „Todesauto“ Basra´s, dem weißen Toyota.
Bald darauf ist er tot.(8)
Washington, 08.September 2006: In Deutschland werden Pläne des US-Militärs bekannt, die eine komplette ethnische Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens vorsehen. Die enthüllten Dokumente konkretisieren Umsturz- und Kriegspläne, die praktisch keinen einzigen Staat der dortigen Region unverändert lassen sollen (Grafik, 21)
Jordanien, 17.November 2006: Während eines Besuches in Jordanien wird gegen den einflussreichsten Sunniten-Führer des Landes, Scheich Harith al-Dhari, ein Haftbefehl durch das US-gestützte Maliki-Regime erlassen. Das wird umgehend von Maliki dementiert, man wolle al-Dhari nur zur Vernehmung vorladen, weil er mit seinen Äußerungen den Hass zwischen Schiiten und Sunniten sowie den Terrorismus fördere.
Al-Dhari entgegnet seinerseits:
„Ich bin nur bereit, mich wegen des Vorwurfs der Förderung des Terrorismus vernehmen zu lassen, wenn auch gegen (den schiitischen Ministerpräsidenten) Nuri al-Maliki und (den kurdischen Staatspräsidenten) Dschalal Talabani ermittelt wird.“(10)
Am 25.November in Kairo sagt Harith al-Dhari dann, die USA und die Maliki-Regierung wollten den Irak in einen Bürgerkrieg stürzen, um es dann aufteilen zu können.(11)
Wien, 22.November 2006: Die Präsidentin des Irakischen Frauenrats Radja al Khuzai in Wien, 2004 für den Friedensnobelpreis nominiert, erklärt in einem Interview, die Iraker könnten sich selbst viel besser schützen, als die Amerikaner den Irak zu schützen vermögen.
Die Terroristen und Kriminellen seien im Irak sehr viel besser ausgebildet und bewaffnet als die Armee und Polizei. Dies mache das Durchgreifen der Polizei und Armee nahezu unmöglich und lasse Polizisten und Soldaten täglich zu einer Zielscheibe der Terroristen werden, so al Khuzai. Von de
n multinationalen Streitkräften im Irak forderte al Khuzai einen konkreten Zeitplan für einen schrittweisen Rückzug. Außerdem sollen sie mehr Druck auf die Nachbarländer vor allem im Süden und Westen des Irak ausüben, da diese sich in die Angelegenheiten des Irak einmischen würden.
Ein Teil der Terroristen würde über Jordanien einsickern. Zur Zeit würden Tonnen von Drogen von Afghanistan über den Iran in den Irak gelangen, dieses Problem habe man vorher nie gehabt.
Während die Entführung von Einzelpersonen im Irak an der Tagesordnung sei, würden nun auch Massenentführungen vorkommen, sagte die Politikerin. Im Schnitt stürben täglich hundert Iraker an den Folgen von Gewalt. Es gebe eine „dritte Gruppierung“ im Irak, die Interesse daran habe, das Land ins Chaos zu stürzen.Besonders Frauen, die sich in irgendeiner Weise engagierten, seien potenzielle Opfer, so die Politikerin, die Präsidentin des irakischen Frauenrats ist. Politikerinnen, Journalistinnen und Universitätsprofessorinnen werden ermordet, sagte Al Khuzai. Auch sie selber gehe kaum noch aus dem Haus. Sie habe mit zwölf Bodyguards begonnen und sei nun bei sechzig angelangt. Eine ihrer Kolleginnen sei bereits ermordet worden.(12).
Amman, Jordanien, 29.November 2006: Der jordanische König Abdullah warnt nach Treffen mit SCIRI-Führer al-Hakim und dem vom Haftbefehl bedrohten Generalsekretär des sunnitischen Rates der Religionsgelehrten, Scheich Harith al-Dhari, von einem Abrutschen des Irak in einen Bürgerkrieg und vor einer Spaltung des Landes entlang der konfessionellen und ethnischen Grenzen(13).
Bagdad, Sommer 2006 : Britische Journalisten erstellen eine ausführliche TV-Dokumentation mit dem Namen „The Death Squads“, in der sie nachweisen, daß die Todesschwadronen der SCIRI und der „Mahdi“-Armee von Muktada el-Sadr durch die Führung der US-Militärs und den US-Geheimdiensten aktiv unterstützt, aufgebaut und geleitet werden. (16)
Washington, 04.Dezember 2006: Nach dem Treffen mit US-Präsident Bush bezeichnet SCIRI-Führer al-Hakim die USA indirekt als „Freunde“ und lehnt einen Abzug der US-Truppen aus dem Irak ab(9).
Washington, 12.Dezember 2006: Im Washingtoner SABAN-Center treffen sich Hillary und Bill Clinton, der israelische Nazi Lieberman, die israelische Außenministerin Livni, Shimon Peres, der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes Amos Yadlin sowie David Welch, der US-Sonderbeauftragte für den Nahen Osten. Das SABAN-Center hat zu diesem Zeitpunkt vorab bereits eine sogeannte „Bosnien-Option“ als Strategie entwickelt.
Es sieht die Teilung des Irak und eine ethnische Säuberung in den jeweiligen Gebieten vor, allerdings nicht unter US-Aufsicht.
Die NATO soll, so dieses Strategie-Papier, den Job übernehmen…(19).
Washington, 18.Dezember 2006: In der US-Presse tauchen Berichte auf, nach denen Teheran die SCIRI steuern würde und Saudi-Arabien aus Angst um „seine“ Sunniten im Süden des Irak einmarschieren könnte, da die Saudis bereits einen von Iran geschaffenen Staat im Staate sehen(14).
Auch könnten die Saudis, quasi in berechtigter Notwehr, sunnitische Todesschwadronen aufzubauen.
Nachher stellt sich heraus, daß die US-Regierung selbst hinter dieser Medienkampagne steckt, in Absprache mit den Saudis(15).
Washington, 03.Februar 2007: Das Saban-Center stellt einen neue Teilungsstrategie für den Irak namens „When Things Fall Apart“ vor. Es kalkuliert auch mit bewachten Lagern für die Flüchtlingsströme, sowie einem gemeinsamen Krieg der US, der Türkei, Saudi-Arabiens und Jordaniens gegen den Iran nach der irakischen Teilung.(20)
Washington,02./03. Februar 2007: Mehrere US-Zeitungen und Analysten kommen unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, daß die US-britischen Besatzungsmächte die Todesschwadronen überall im Irak unterstützen, während sie gleichzeitig erzählen, sie würden sie bekämpfen.
Der Journalist Pepe Escobar über die derzeitig beste Methode, um im Irak irgendjemanden in Grund und Boden bomben zu lassen:
„Schrei `AL QEADA!` und geh in Deckung“. Die ganze Situation sei ein einziges blutiges Chaos, in dem jede Miliz ihr schmutziges Spiel spielt, während die regulären US-Truppen schlicht keine Ahnung hätten, was da vor sich geht.
Die US-Regierung in Washington hätte diese ganze „Armee des Himmels“-Geschichte nur erfunden, um ein von ihr verursachtes Massaker zu vertuschen, im Einklang mit der SCIRI. Die ganze „Al-Qeada“-Erklärung der Bushregierung sei eine einzige Farce(18).
Der Autor Sidney Blumenthal beschreibt die Situation so:
„Bush´s Offensive („surge“) ist ein Militärplan der nicht das Ergebnis erzielen kann, das er vorgibt und stattdessen die Kräfte noch entfesselt, die er angeblich kontrollieren will. Seine Offensive, um die sunnitischen Aufständischen zu unterwerfen befeuert bereits die ethnischen Säuberungen in Bagdad durch die schiitischen Milizen, welche nicht gezügelt, sondern noch gestärkt werden.
Der Autor Nir Rosen:“Was wir im Irak erleben werden, wie ich glaube, speziell in Bagdad, ist ein Genozid an den Sunniten..Es kommt der Tag, an dem sind keine Sunniten mehr übrig in Bagdad“.
2 Millionen Flüchtlinge hätten den Irak bereits verlassen, 1.5 Millionen wären Flüchtlinge im eigenen Land.
„Wir haben den Irak zerstört und wir haben die ganze Region zerstört“, so Rosen,“ und die Amerikaner müssen davon erfahren. Dies ist nicht Ruanda, wo wir uns zurücklehnen können um zuzugucken, wie sich Hutus und Tutsis gegenseitig umbringen, nach dem Motto `wow, das ist ja schrecklich, sollten wir nicht irgendetwas tun?`.
WIR haben den Irak zerstört. Da war kein Bürgerkrieg, bevor WIR da eingerückt sind. Und da war kein Bürgerkrieg, bevor wir gewisse Schritte unternommen haben, um Sunniten gegen Schiiten in Stellung zu bringen..
Und was wir auch noch geschafft haben, ist nicht nur Irak zu destabilisieren, sondern auch noch Jordanien, Saudi-Arabien, Iran. Das wird noch Jahrzehnte so weitergehn, die Region wird sich davon in JAHRZEHNTEN nicht erholen, denke ich.
Und Amerikaner sind dafür verantwortlich.“ (17)
Quellen:
(1)
http://de.wikipedia.org/wiki/Polnische_Teilungen
(2)
http://de.wikipedia.org/wiki/SCIRI
(3)
http://www.isna.ir/Main/NewsView.aspx?ID=News-871351&Lang=E
(4)
http://www.state.gov/p/nea/rls/77304.htm
(5)
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=168&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=11
(6)
http://www.vol.at/news/welt/artikel/iran-suche-nach-irakischen-verbuendeten/cn/news-20070205-06292296
(7)
http://www.nationalreview.com/comment/vincent200506090754.asp
(8)
http://www.yementimes.com/article.shtml?i=866&p=opinion&a=4
(9)
http://www.welt.de/data/2006/12/06/1135613.html
(10)
http://www.rnz.de/zusammen1/00_20061117164057_Konfrontation_zwischen_Iraks_Fuehrung_und_Su
nnit.html
(11)
http://www.greenpeace-magazin.de/magazin/tagesthemen/tt_list.php?p=61671&more=1#more61671
(12)
http://derstandard.at/?id=2669094
(13)
http://www.netzeitung.de/spezial/irak/458763.html
(14)
http://derstandard.at/?id=2699597
(15)
http://derstandard.at/?id=2699597
(16)
https://www.radio-utopie.de/2006/12/08/usisraelgeheimtreffen-wegen-bosnien-option-fuer-irak/
(17)
http://www.marketoracle.co.uk/Article296.html
(18)
http://www.atimes.com/atimes/Middle_East/IB03Ak05.html
(19)
https://www.radio-utopie.de/2006/12/08/usisraelgeheimtreffen-wegen-bosnien-option-fuer-irak/
(20)
http://www.radio-utopie.de/index.php?themenID=269
(21)
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56501