Rom: Heute am Abend mußte der italienische Ministerpräsident Romano Prodi Staatspräsident Giorgio Napolitano seinen Rücktritt anbieten, dieser nahm an (1).
Das italienische Parlament hatte Prodi zuvor mit 158:160 Stimmen die Zustimmung zu den „Leitlinien“ seiner Außenpolitik (soll heißen: zur Fortführung des Krieges in Afghanistan) verweigert(2).
Das war überfällig.Denn während die ganze Welt nun begriffen hat, was in der ganzen Welt vor sich geht, nämlich ein ganz normaler Weltkrieg, schimmerte seit seiner Wahl bei „Professore“ Romani Prodi die ganze gewohnte, bräsige Selbstverständlichkeit eines „Sozialdemokraten“ durch, der einfach alle, denen er was zu verdanken hat, für unterwürfig, gefügig, dumm und feige hält.
Sein genauso willfähriger Außenminister Massimo D`Alema wird sich an seine eigenen Worte noch lange erinnern: „Wenn wir verlieren, gehen wir alle nach Hause.“
Es war der x-te Versuch, mit immer demselben Geschwätz die Abgeordneten zum Gegenteil von dem zu zwingen, für das sie gewählt und bezahlt wurden. Diesmal, endlich, war Schluss.
Die Entwicklung der Regierung Prodis ist genauso typisch wie selbstzerstörerisch für eine „linke“ Regierung.
Bereits am 31.August, nach dem Libanonkrieg, hatte Prodi als Oberbefehlshaber der neuen internationalen Streitmacht im Libanon offen in einem Telefonat mit dem syrischen Präsidenten Assad gedroht, man werde Waffenlieferungen an die Hisbolla nicht dulden und Syrien für diesen Fall Konsequenzen angekündigt.(3)
Später hatte Prodi dann behauptet, Assad habe in diesem Telefonat einer Kontrolle der syrischen Grenze durch ausländische „Grenzschützer“ zugestimmt. Nach Angaben des syrischen Präsidenten Assad war das eine glatte Lüge.(4)
Kurz danach kam eine riesige Abhöraffäre der Telecom Italia ans Tageslicht.
Ein privater „Supergeheimdienst“, so die italienische Presse, im Schatten der Telekom Italia und unter der Kontrolle von Geschäftsleuten, Bänkern, Mafiosis, Polizei und Militärgeheimdienstlern der SISMI hatte in den vergangen 10 Jahren über 100.000 Prominente Italiens, praktisch jede gewünschte Zielperson, heimlich abgehört und bei Bedarf erpreßt.
Nachrichten und Informationen aus sämtlichen Ministerien der Regierung waren je nach Belieben einfach an- oder verkauft worden, der Skandal erschüttert selbst die korruptionserfahrene italienische Republik in bis ins Mark.(5)
Am 13.September ließ sich Prodi ausgerechnet von Ehud Olmert auf das Genaueste erklären, was er bei einer Pressekonferenz über den „Friedensprozess“ im Nahen Osten zu sagen habe. Durch einen Zufall wurde die Szene mitgeschnitten (6).
Im Dezember hatten 58% der Italiener bereits kein Vertrauen mehr in Prodi und seine Regierung, nur noch 38% äußerten sich positiv. Innerhalb eines Jahres war die Zustimmung um 25% gefallen, auch ein Ergebnis seiner antisozialen Wirtschaftspolitik. Er selbst gab dafür den Italiern die Schuld:
„Wir sind mittlerweile ein Land, das verrückt geworden ist, ein Land, das nicht mehr an morgen denkt. Ich habe einen Haushalt gemacht, der an morgen, übermorgen und die nächsten Jahre denkt.“
Das er dabei nicht daran dachte, daß Italien eine Demokratie ist, rächte sich damals noch nicht, mit der üblichen Rücktrittsdrohung überstand er wieder einmal die Abstimmung im Parlament(7). Doch jetzt war das Maß einfach voll.
Der vollkommen sinnlose, brutale und verlogene Feldzug der NATO in Afghanistan, der nichts als Zerstörung, Heroinanbau und Fortsetzung des Krieges zum Ziel hat, fordert endlich, ENDLICH politische Opfer innnerhalb der NATO und ihrer Handlanger.
Der Rücktritt Prodis ist ein gutes Zeichen für die europäischen Demokratien. Berlusconi wird nicht der Gewinner dieser Entwicklung sein, den Bush-Freund nimmt selbst innerhalb der italienischen Rechten fast niemand mehr ernst. Es wird, so scheint es, eher auf eine Stärkung der basisdemokratischen, pazifistischen und sozialen Kräfte in Italien hinauslaufen.
Bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung im deutschen Bundestag zur Entsendung von Tornados an die Front nach Süd-Afghanistan ähnlich überraschend verläuft. Eine Niederlage von Merkel und Müntefering ist angesichts der 2/3-Mehrheit zwar kaum möglich.
Aber jede einzelne Gegenstimme kann eine weitere, gefährlich forschreitende Verwicklung der deutschen Republik in den Bush-Krieg schwieriger machen und schließlich verhindern helfen.
Verrat am Frieden zahlt sich eben nur in Geld aus – nicht in Wählerstimmen.
Auch in Italien…
(1)
http://tagesschau.sf.tv/nachrichten/archiv/2007/02/21/international/romano_prodi_ist_zurueckgetreten
(2)
http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/22.02.2007/3100434.asp
(3)
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=129&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=8
(4)
http://press.jrc.it/NewsExplorer/clusteredition/de/20060910,spiegel-fa1b199f98dfcb4db778d27562f9ad54.html
(5)
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=142&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=9
(6)
http://www.thetruthseeker.co.uk/article.asp?ID=5683
(7)
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6198304_REF1,00.html