NEW YORK: In seinem neuen Artikel „Die Umlenkung“ (1) hat der investigative US-Journalist Seymour Hersh neue Fakten seiner Recherchen veröffentlicht. Danach ist es der „Westen“ selbst, der zumindestens teilweise hinter den „asymmetrischen“, „terroristischen“ oder ganz einfach militärischen Aktionen steckt, die unter der allgemeinen Rubrik „Al Qaeda“ in der Unter-Rubrik „Moslem“ als Alibi für immer neue Kriege und Verbrechen gegen Moslems und Länder des „Mittleren Ostens“ herhalten müssen.
Der „Politikwechsel“, die „Umlenkung“, die Hersh beschreibt, hat zu einem Bündnis des saudischen Königshauses, der Bush-Regierung und der Israelis geführt.
In einer gemeinsamen Vereinbarung, so Hersh, hätten sich Israel, die USA und die Saudis auf eine gemeinsame Strategie gegen den Iran und die Hisbollah verständigt, auch gegen Bedenken innerhalb der US-Regierung sowie der Geheimdienste.
Terroristische Gruppen und sunnitische Extremisten werden bewußt gefördert, gesteuert oder unterwandert, um nach eigenen Angaben den „schiitischen Halbmond“ über dem Mittleren Osten zu verhindern.
Dabei werden laut Hersh Gelder, die vor allem von den Saudis, aber auch illegal aus US-Haushaltsmitteln stammen, in schwarze Kassen weltweit für verdeckte und terroristische Aktionen geschleust, die Kontrolle durch den US-Kongress umgangen und praktisch ungefiltert Geld in dunkle Kanäle gepumpt, angeblich um den „schiitischen Einfluss“ in der Region zurückzudrängen.
Die Strippenzieher hinter der „Umlenkung“, laut Hersh:
– US-Vizepräsident Dick Cheney
– der Vize-Berater für Nationale Sicherheit Elliott Abrams
– der scheidende US-Botschafter im Irak (und nominiert als UN-Botschafter) Zalmay Khalilzad
– und Prinz Bandar bin Sultan, der saudische Berater für Nationale Sicherheit.
„Es gibt viele, viele Töpfe mit schwarzem Geld, aufgesplittet auf viele Orte, die überall auf der Welt für eine Vielzahl von Missionen verwendet werden,“ so ein Pentagon-Berater zu dem investigativen Journalisten Seymour Hersh.
Nach Angaben eines früheren leitenden Geheimdienstbeamten und eines zurückgetretenen 4-Sterne-General herrscht außerdem innerhalb der durch die Bush-Regierung kontrollierten „Regierung“ des Irak ein völliges Budget-Chaos, wo Milliarden Dollar einfach verschwanden. Über diese Stationen und Durchlauferhitzer schleust die Bush-Regierung offenbar ungehemmt Gelder an terroristische Gruppen und Sekten, wie die der „Salafis“.
Schon einmal, in Afghanistan, hatten die USA Terror-Camps angelegt und sich einen Feind gezüchtet. Auf die Frage, ob genau das jetzt wieder passiere, antwortet Hersh ein Regierungsbeamter:
„Es nicht so, daß wir die Salafis Bomben schmeissen lassen wollen; es kommt drauf an, auf wen sie sie schmeissen – Hisbollah,..Iran und auf die Syrer“.
LIBANON:
Laut Hersh duldet die vom Westen finanzierte Siniora-Regierung nicht nur terroristische Gruppen welche der „Al-Qaeda“ nahestehen sollen, sondern finanziert sie auch mit den Geldern, die aus Saudi-Arabien und den USA kommen.(1)
Um den schiitischen Einfluss allgemein und im Libanon die Hisbollah zu schwächen, so Hersh im „New Yorker“, wurden sunnitische und palästinensische Milizen finanziert und aufgebaut um sie gegen die Hisbollah in Stellung zu bringen. Terrorgruppen mit Verbindungen zu „Al Qaeda“ sowie sunnitische Extremisten wurden auf die Gehaltsliste gesetzt, verurteilte Mörder und Killer wurden durch Zutun heutiger wichtiger Regierungsmiglieder wie Saad Hariri auf freien Fuß gesetzt.
„Wir haben eine liberale Einstellung, die Al-Qaeda-Arten („Al Qaeda types“) hier eine Präsenz erlaubt“, so laut Hersh ein leitender Beamter der Siniora-Regierung in einem Interview (1).
Man erinnere sich nur mal an den Besuch vom libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora in Berlin, die Huldigung von Siniora durch Merkel, die Geber-Konferenz für die Siniora-Regierung in Paris mit dem Präsidenten von Frankreich, Jaque Chirac.
Nun werfen diese Informationen die Frage auf, die wieder einmal keiner stellte: was passierte eigentlich mit dem Geld? Und wenn die Regierung Merkel, oder unser sauberer Herr Außenminister Franky Steinmeier von alledem nichts wußte, wieso wußte sie nichts davon?
Der Chef der Hisbollah, Scheich Nasrallah, geht in einem Interview mit Hersh von einer Zerschlagung der Staaten im gesamten Mittleren Osten aus, und zwar durch eine ethnische Säuberung, die durch die US-Regierung mit ihren Verbündeten im Zuge eines um sich greifenden Krieges im Irak organisiert werde (wir berichteten, 2, 3). Das Ziel von Bush sei „das Zeichnen einer neuen Landkarte für die Region. Die wollen die Teilung des Irak“, so Nasrallah.
Kernpunkt des Ganzen, so beschreibt der seit Monaten im Untergrund lebende Scheich, sei der westliche Versuch, eine „fitna“ anzustiften, ein arabisches Wort welches für „Aufruhr und Fragmentierung innerhalb des Islams“ verwendet wird.
„Meiner Ansicht nach gibt es eine riesige weltweite Medienkampagne um die einen gegen die anderen aufzubringen,“ sagte er. „Ich glaube, daß all dies durch amerikanische und israelische Geheimdienste betrieben wird.“
Wie recht der Mann hat. Und Nasrallah weiter:
„Irak ist nicht an der Schwelle eines Bürgerkriegs – dort herrscht (bereits) ein Bürgerkrieg. Dort gibt es ethnische und sektierische Säuberungen,“ so Scheich Nasrallah.
„Das tägliche Töten und Vertreiben, was da im Irak stattfindet, beabsichtigt drei irakische Teile, die ethnisch und sektiererisch rein sind, als Auftakt für die (Auf-)Teilung des Irak. Innerhalb von höchstens einem oder zwei Jahren wird es ausschliesslich sunnitische Gegenden, ausschliesslich schiitische Gegenden und ausschliesslich kurdische Gegenden geben. Sogar in Bagdad gibt es die Angst, die Stadt könnte in 2 Gebiete geteilt werden, in ein sunnitisches und in ein schiitisches.“
Das deckt sich haarscharf mit den bekannt gewordenen Plänen von US-Think-Tanks wie dem des Saban-Centers (2,3). Und ausgerechnet Martin Indyk von eben diesem Saban-Center entschuldigt quasi das Bündnis des Westens mit terroristischen Milizen und sunnitischen Extremisten wie den „Salafis“.
„Die Sunniten, die wir als Extremisten sehen, werden von unseren sunnitischen Verbündeten einfach als Sunniten betrachtet“, so Indyk.
Der Hisbollah-Chef Nasrallah beschreit in seinem konspirativen Interview mit Hersh die Situation im Irak weiter wie folgt:
„Ich kann sagen, daß Präsident Bush lügt, wenn er sagt, er wolle den Irak nicht aufteilen. Alle Fakten, die jetzt ans Licht kommen, lassen nur den Schluss zu, daß er den Irak in eine Teilung hineinziehen will. Und der Tag wird kommen, an dem er sagt, `Ich kann doch nichts machen, wenn die Irakis die Aufteilung ihres Landes wollen und ich ehre den Wunsch der Leute im Irak.`“, so Nasrallah.
Nasrallah äußert sich in dem Interview außerdem dahingehend, daß der Krieg im Irak nur der Auftakt einer ethnischen Säuberung und Zerschlagung von Staaten im gesamten Nahen Osten sei.
Auch Syrien und Libanon sollten nach ethnischen Gruppen und Religionen aufgeteilt werden, berichtet Seymour Hersh aus dem Interview mit Nasrallah.
In Syrien wäre das Ziel der Bush-Regierung und der Israelis „Chaos und innere Kämpfe wie im Irak“ herbeizuführen. Im Libanon werde es „einen sunnitischen Staat, einen alawitischen Staat, einen christlichen Staat und einen drusischen Staat geben.“, so Nasrallah. Aber wisse er nicht, „ob es einen schiitischen Staat geben wird.“ .
Nasrallah sagte außerdem, er vermute, daß ein Zweck der Bombardierung des Libanons durch Israel letzten Sommer „die Zerstörung von schiitischen Wohngebieten und die Vertreibung von Schiiten aus dem Libanon“ gewesen sei.
„Ich kann ihnen versichern, daß das saudische Königreich ebenfalls aufgeteilt wird, und die ganze Sache wird auch die Staaten in Nord-Afrika erreichen. Es wird schmale ethnische und religiöse Staaten geben,“ so der Scheich.
„In anderen Worten, Israel wird der wichtigste und stärkste Staat in einer Region sein, die in ethnische und religiöse Staaten aufgeteilt ist, die in Übereinstimmung miteinander sind. Das ist der neue mittlere Osten.“
IRAK/IRAN:
Laut Hersh hat sich die Bush-Administration in einer „Umlenkung“ ihrer Außenpolitik im Mittleren Osten festgelegt, den Iran als eigentliche Bedrohung im Irak-Krieg wahrzunehmen. Dabei verbiegt die Bush-Regierung förmlich und offiziell jede Logik:
„Die Administration versucht klarzumachen, daß der Iran gefährlicher und provokativer ist für die amerikanischen Interessen im Irak als die sunnitischen Aufständischen, während – nach den tatsächlichen Opferzahlen – die Bestrafung, die Amerika durch die Sunniten zugefügt wird, vom Ausmaß her größer ist“, so versuchte Flynt Leverett, ein früherer Beamter der Bush-Administration im Nationalen Sicherheitsrat mühsam gegenüber Hersh die Strategie zu erklären.
„Dies ist alles Teil der Kampagne von provozierenden Schritten, um den Druck auf Iran zu erhöhen. Die Idee ist, daß ab einem bestimmten Punkt die Iraner darauf reagieren und die (Bush-)Administration eine Möglichkeit hat, einen Schlag gegen sie zu führen.“
SYRIEN: Hersh berichtet, daß nach eigener Aussage der sogenannte „Sozialist“ und Lieblingsfreund aller „linken“ Gazetten hierzulande, der libanesische Drusenführer Walid Jumblatt (Dschumblatt) persönlich den US-Vizepräsidenten Dick Cheney dazu ermunterte, die terroristischen Moslembruderschaften in Syrien zu unterstützen um das dortige Assad-Regime zu schwächen.
„Wir sagten Cheney, daß der Hauptdraht zwischen Iran und Libanon Syrien ist – und um den Iran zu schwächen, müsse man die Tür für eine effektive Opposition in Syrien öffnen“, so der „Sozialist“ Dschumblatt gegenüber Hersh.
Laut Hersh ist auch schon Unterstützung geflossen.
USA:
Wie klingt jemand der nichts begreift, wo arbeitet der und warum kriegt der soviel Geld?
„Wir fragen was da überhaupt vor sich geht und sie sagen, da ist nichts. Und wenn wir genauere Fragen stellen, sagen sie `wir kommen auf sie zurück`. Es ist so frustrierend.“
Laut Hersh war das ein führendes Mitglied des Haushaltsauschusses im Repräsentantenhaus, auf der Suche nach Milliarden, die das Militär und die Bush-Regierung einfach ausgeben, während sie die CIA matt gesetzt, die Kongress-Kontrolle einfach umgangen haben und verdeckte Operationen durch die Militärgeheimdienste durchführen lassen, weil die nicht berichtspflichtig sind.
Noch Fragen?
Quellen:
(1)
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=308
(2)
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=269&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=02
(3)
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=274&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=02