Washington: Der wegen der Entlassung von 8 Staatsanwälten aus politischen Gründen morgen im Justizausschuss des US-Senats vorgeladene Justizminister und leitende Generalstaatsanwalt der USA in Personalunion, Alberto Gonzales, ist in einem offenen Brief an ihn und US-Präsident Bush von einflussreichen Konservativen aufgefordert worden zurückzutreten.„Mr.Gonzales ist einer beispiellosen Verkrüppelung der altehrwürdigen `Checks and Balance` (Anm: in etwa „Gewaltenteilung“) der Verfassung vorgesessen,“ heisst es in dem Brief massgeblicher Unterstützer der Republikanischen Partei.
„Er hat dem Rechtsgrundsatz Schande bereitet und den Wert seiner Währung, die Ehrlichkeit, verschlechtert.“
Zu dem aktuellen Justizskandal heisst es, „er hat den Verdacht hervorgerufen, das parteiliche Politik die unparteiische Umsetzung des Gesetzes im Justizministerium aussticht.“
Der offene Brief der Konservativen endet mit den Worten, „Generalstaatsanwalt Gonzales ist erwiesenermassen ein unpassender Verwalter des Gesetzes und sollte zum Wohle des Landes zurücktreten…Der Präsident sollte seinen Rücktritt akzeptieren und ein Beispiel dafür liefern wie ein weiser oder ehrlicher Mensch dies vielleicht durch die Nominierung eines Nachfolgers wieder gut machen könnte“ (2).
Die Unterzeichner lesen sich wie ein Who is Who der im Hintergrund tätigen, für jede Partei unerlässlichen Strippenzieher:
Bruce Fein, ein früherer Mitarbeiter im Justizministerium unter Ronald Reagan, tätig u.a. im RNC, des „Republican National Committee“, dessen e-mail-accounts von Karl Rove und dem Stab des Weissen Hauses über Jahre für die Intrige gegen die lästigen Staatsanwälte zweckentfremdet worden waren um der seit Watergate zwingend vorgeschriebenen Archivierung offizieller Regierungskommunikation zu entgehen (1).
Er hatte u.a. den 2005 durch die Bush-Regierung vorgelegten Entwurf für eine „Verfassung“ des Irak in der Luft zerissen (3).
David Keene. Er ist Vorsitzender der einflussreichen amerikanischen konservativen Union ( „American Conservative Union“), einer der ältesten konservativen Basisgruppen in den USA.
Richard Viguerie, Wahlkämpfer und Geldsammler für die Republikaner, mit vielen Kontakten.
Bob Barr, früherer Kongressabgeordneter und als Anwalt Vertreter der klassischen „Free Speech“-Linie innerhalb der US-amerikanischen Rechtssprechung.
John Whitehead, Chef des rechtskonservativen Rutherford Instituts und Vertreter des religiösen Flügels.
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Unterdessen hat Gonzales bereits am Sonntag die Erklärung in der „Washington Post“ lancieren lassen, die er am morgigen Dienstag dem Justizausschuss des US-Senats als Rechtfertigung selbst vorlesen muss.
Sie wurde von Bruce Fein, der für die Konservative Gruppe sprach, schon jetzt als „schreckliche Enttäuschung“ bewertet.
Die US-Demokraten hatten auf solche direkten Aussagen zu den handelnden Personen der Justizaffäre (wie immer) vollkommen verzichtet.
Weder wurden Beamte des Weissen Hauses und des Justizministeriums sofort unter Eid zwangsvorgeladen, noch wurde ein Rücktritt von Gonzales gefordert.
Auch die Festplatten, auf denen 5 Millionen E-Mails durch das Weisse Haus angeblich aus Versehen verloren gingen und die nun angeblich unauffindbar sind, wurden bisher nicht beschlagnahmt.
(1)
http://news.independent.co.uk/world/americas/article2447633.ece
(2)
http://www.time.com/time/nation/article/0,8599,1610738,00.html
(3)
http://www.washtimes.com/commentary/20050906-093816-4163r.htm