Dresden: Gestern hat die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) unter dem Vorsitzenden Thomas Madl (CDU) dem stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Manfred Püchel (SPD) (7) Konsequenzen in der Führung des Geheimdienstes in Sachsen gefordert. Sie forderte Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) auf, personelle Konsequenzen an der Spitze des Geheimdienstes zu prüfen, da Straftatbestände „scheinbar ohne erkennbare Hinderungsgründe nicht an die Strafverfolgungsbehörden übergeben wurden“. (1)Es ist nicht ganz klar, wie diese Äusserungen an die Öffentlichkeit gelangten, da der Bevölkerung von der sächsischen Legislative keine Unterlagen oder Berichte über dieses Gremium zur Verfügung gestellt werden.(2)
In den bisher unter Verschluss gehaltenen fast 100 Akten des Landesamtes für Verfassungsschutz unter seinem Chef Rainer Stock befinden sich Unterlagen über Kartelle und mafiöse Machenschaften von Immobilienhändlern, Politikern, Polizisten, Richtern und leitenden Staatsanwälten. Es geht auch um Morde und Mordversuche.
Diese Akten gehen nun sowohl an die Bundesanwaltschafts unter Monika Harms, an das BKA und an die Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen.
Allerdings werden vorher die Quellen geschwärzt.
Auch ist damit zu rechnen, dass viele Fälle verjährt sind.
Die PKK hatte gestern ebenfalls gerügt, dass sie erst sehr spät über die Vorgänge informiert worden sei.(1)
WAS WUSSTE DIE G10-KOMMISSION?
Die G10-Kommission ist sowas wie die geschäftsführende parlamentarische Kontrolle, da die PKK nur alle drei Monate einmal kurz zusammentritt und damit bisher auch kein Problem hatte.
So lässt sich natürlich kein Geheimdienst kontrollieren, der in den Fraktionswechsel von 3 Abgeordneten des sächsischen Parlamentes verwickelt ist (3). Nun waren das „bloss“ NPD-Abgeordnete.
Wer aber die Geschichte und die Methoden des Anschlusses der WASG unter die PDS in Sachsen und bundesweit mitverfolgt hat, muss sich hier fragen, ob der Zweck die Mittel und das Grundgesetz wirklich heiligt und ob dieses das überhaupt nötig hat.
Kann man´s mit einem machen, kann man´s mit allen machen – das ist die Lehre aus der realen Politik seit den ersten Gehversuchen der Gewaltenteilung vor Tausenden von Jahren.
Durch die Schaffung der G10-Kommission wurden im Zuge des „Artikel 3 des Gesetzes zur Änderung verfassungsschutzrechtlicher Vorschriften und zur Stärkung des Verfassungsschutzes vom 26. Januar 2006 (GVBl. S. 12, 25)…das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten (Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) und das Grundrecht auf Schutz des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes und Artikel 14 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) eingeschränkt.“ (5).
Die operativen Befugnisse dieses Gremiums unter dem Vorsitzenden Holger Stahlknecht (6) sind weitreichend:
„(3) Hält die G 10-Kommission eine Mitteilung für geboten, so ist diese durch das Ministerium des Innern unverzüglich zu veranlassen.“(5)
Wie konnte es also passieren, dass sich erstens solche Kartelle gebildet haben, laut Meinung des zuständigen Gremiums des Parlaments von Sachsen die verfassungsrechtliche Ordnung in Gefahr geriet – ohne dass das Parlament etwas davon merkte – aber gleichzeitig der Geheimdienst von Sachsen, von der Kartellbildung seltsam unberührt, massenweise Dossiers anfertigte?
Sollten hier Leute erpresst werden?
Oder handelte es sich bei der Recherche um den Versuch einfacher Beamter diese Vorgänge zu stoppen, welche dann von der Spitze des Geheimdienstes – die die Akten seltsamerweise liegen liess – abserviert und kaltgestellt wurden?
Es bleiben mehr und mehr Fragen offen. Das Parlament sollte die Sache durch einen Geheimdienstausschuss in die Hand nehmen.
Es ist schliesslich die einzige Gewalt der Gewaltenteilung, die vom Volk gewählt ist.
Wenn es weiter versagt, könnte man zu der Auffassung gelangen, das der alte Spruch William Penn immer noch Gültigkeit hat:
„Lass das Volk glauben, dass es regiert, und es wird sich regieren lassen“.
Beim Verfassungsschutz Sachsen war man heute gegenüber Radio Utopie leider zu keiner Stellungnahme fähig:
„Keiner erreichbar – heute ist Feiertag“
Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen
Neuländer Straße 60
01129 Dresden
Tel. (03 51) 85 85-0
Fax (03 51) 85 85-5 00
Präsident: Rainer Stock
Vertreter: Dr. Olaf Vahrenhold
Bürgerreferentin:
Tel. (03 51) 8489-9 84
http://www.sachsen.de/de/bf/staatsregierung/ministerien/smi/smi/1134.htm
(1)
http://www.welt.de/politik/deutschland/article878406/Korruptionsaffaere_wird_ein_Fall_fuer_Karlsruhe_.html
(2)
http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/index.php?id=39
(3)
http://www.focus.de/politik/deutschland/sachsen-npd_nid_22931.html
(4)
http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/index.php?id=78&tx_exozetgovernment_deputy%5Bid%5D=128&tx_exozetgovernment_deputy%5Bback%5D=45&cHash=5b0654d36f
(5)
http://st.juris.de/st/gesamt/G10AG_ST_2006.htm
(6)
http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/index.php?id=78&tx_exozetgovernment_deputy%5Bid%5D=128&tx_exozetgovernment_deputy%5Bback%5D=45&cHash=5b0654d36f
(7)
http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/index.php?id=91&tx_exozetgovernment_comission[id]=8&cHash=babacf9512