Hamburg, Berlin: Zuerst einmal, meine sehr geehrten Damen und Herren, tun Sie bitte mal etwas Undenkbares: versetzen Sie sich in die Lage eines „G8“-Gegners.
Wollen Sie gewinnen?
Dann erklären Sie mir doch mal, was das für einen SINN macht, eine Brandflasche auf den Vorderreifen des Autos eines Redakteurs zu legen, der seit Jahren auch nicht besser war als vor ein paar Tagen, dessen Zeitung aber tags zuvor davon berichtet hatte, dass es Filmaufnahmen vom „Terroranschlag“ auf unsere Soldaten in Kundus gibt, weil – laut Bild – ein Fernsehsender vorher von den „Terroristen“ angerufen worden war, welche den „Anschlag“ mit Tatzeit und -ort angekündigt hatten?(2)Ich will ja diese grauenvolle Tat nicht herunterspielen – aber angesichts dessen, was in der Welt so passiert, finde ich ein ganzes Bekennerschreiben für ein angezündetes Auto eh schwer übertrieben. Zu meiner Zeit passierte das einfach, alles andere wäre Eitelkeit gewesen.
Und dann dieses „Rudi Dutschke“-Gequatsche. Was soll DAS denn? Und „globaler“ Widerstand..
Dieses „Bekennerschreiben“ zum „Brandanschlag“ auf das Auto des Bild-Chefs Diekmann hört sich an, als hätte Wolfgang Schäuble mitten in der Nacht vor seiner feuchten Notstandserklärung seinen Lieblingsagenten noch schnell was diktiert.
„Wir grüßen mit unserer Aktion den unversöhnlichen Teil des Widerstands gegen das G-8-Treffen in Heiligendamm, im Besonderen die Beteiligten an der militanten Kampagne (. . .) Wir grüßen alle, die in diesen zwei Jahren viel Kraft und Fantasie in den Widerstand gegen das Weltwirtschaftstreffen gesteckt haben und ihren Beitrag dafür leisten, dass die Wahrheit von der Notwendigkeit einer Revolution hier und jetzt laut und unüberhörbar formuliert wird.“(1)
Kein in den üblichen autonomen Strukturen, Häusern, Gruppen, Laberzirkeln, Punkbands oder Kiffergruppen Sozialisierter würde von der „Wahrheit von der Notwendigkeit“ reden.
Das war – wenn überhaupt – auschliesslich Diktus von K-Gruppen mit Ostliebe. Und die trugen meisstens Schlips, waren dick und hatten Kohle ohne Ende.
Zweitens: „Wir grüssen alle..“
Im Bekennerschreiben der RAF zum angeblichen Beschuss der US-Botschaft während des ersten Golfkriegs vom alten Bush hiess es schon mal präventiv an die friedlichen Kriegsgegner und Blockierer:“es tut uns leid, dass ihr jetzt alles abbekommt“. (Nachher stellte sich heraus, dass extra ein CIA-Operationschef in die Stadt gereist und über die US-Botschaft bewusst hinweggeballert worden war. Ausserdem listeten die US-Behörden in ihrer Tabelle zwar alle Antikriegsaktionen penibel bis zu jeder Sitzblockade auf – aber den „Anschlag“ auf die eigene Botschaft, den vergassen sie irgendwie.)
„…den unversöhnlichen Teil des Widerstands gegen das G-8-Treffen in Heiligendamm, im Besonderen die Beteiligten an der militanten Kampagne“.
Ein grösseres publizistisches Eigentor in Form einer wahren Ursuppe voll semantisch negativ belegter Polit-Begriffe hätte sich wahrlich niemand ausdenken können.
Deshalb ging man hier an den Rand der begrenzten Möglichkeiten.
„Unversöhnlich“. Soso. Wer hat sich denn schon mit dem G8-Gipfel (üblicher Terminus, nicht „Treffen“. Das steht nur im „Spiegel“) versöhnt? Pax Christi? Selbst die nicht.
Also wer ist hier versöhnlich?
Übrigens gibt es keine „militante Kampagne“.
Das aber nur am Rande.
Es wird überall von „Widerstand“ gegen den G8-Gipfel gesprochen. Wer das nicht glaubt, gehe bitte auf (z.B., ausnahmsweise) http://www.antifa.de/
„Herrn Diekmann senden wir keine Grüße, sondern genau die Schlagzeile, mit der seine Zeitung die Gerichtsentscheidung für die Hafterleichterungen für Christian Klar kommentierte: Warum darf so einer frei rumspazieren?“
Schon wieder das „Klar, das waren die Linken“-Fantom.
Ganz besonders witzig auch: im Zeichen der neuen Zeit das Bekennerschreiben „per Post in der Zentrale der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Mittelweg (Pöseldorf)“.
„Die Hamburger Polizei untersuchte das Schreiben und hielt es nach einer ersten Einschätzung für authentisch“.(3)
Hihihi… Hihi..
Jungs – ist das alles, was ihr drauf habt?
Der Grundsatz von „Cointelpro“-Aktionen ist es, den Gegner mit den denkbar miesesten Aktionen zu verleumden und zu zersetzen.
Dieses Konzept wurde bereits in den 60er Jahren in den USA erfolgreich eingesetzt, gerade gegen militante Gruppen. Und ich meine militante (eher: militärische) Gruppen wie die Black Panther Party, und nicht irgendwelche Peacniks.
Dieser ganze Schwachsinn ist was für Leute, die nie politisch gekämpft haben, und auch nie irgendetwas politisch durchsetzen wollten.
Nur solche Leute glauben sowas.
Nur solche Leute haben sich noch nie gefragt, warum z.B. diese sogenannte „Al Qaeda/al-qaida/El Kaida“ nie gewinnen will. Alles was „die“ macht, nützt Bush und seinem Krieg.
Wer da nicht misstrauisch wird, dem gefällt alles, wie es ist.
Und wem das so gefällt, der profitiert davon und tut auch alles, damit es so bleibt.
(1)
http://www.abendblatt.de/daten/2007/05/24/744962.html
(2)
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=527
(3)
http://www.n-tv.de/805838.html