Rostock: Wenn man bedenkt, dass Montagsdemonstrationen verboten wurde in die Nähe einer SPD-Zentrale zu demonstrieren, dann mutet die von der Polizei mindestens genehmigten Demo-Route bei der Auseinandersetzung am Samstag in Rostock schon etwas seltsam an:
direkt neben einer Eisenbahnstrecke mit Schotter zum Eindecken (1).Wir berichteten vorhin ja bereits, dass es keine Begleitung durch Polizeikräfte oder Vorkontrollen gegeben hatte, und das es trotzdem interessanterweise erst vor der Journalisten-Armada am Abschlussort zu den beschrieben Zusammenstössen kam.(2)
Was allerdings mit den 30 schwerverletzten Polizisten geschehen ist, die die Polizei vermeldet hatte, ist noch nicht ganz raus. Bisher ist von einer Wunderheilung auszugehen.
Der „Focus“ berichtete heute in einem journalistischem Anfall von EINEM Polizisten, der im Krankenhaus sei – mit nicht lebensbedrohlichen Verletzungen, was immer das heissen mag (4).
85 EINSÄTZE DER RETTUNGSKRÄFTE – EIN PATIENT IM KRANKENHAUS
Auch hatte die Polizei 1000 Verletzte gemeldet, davon „fast die Hälfte Polizisten“, so das grundehrliche Blättchen „net-tribune“(3).
Die Rettungskräfte waren aber nur zu 85 Einsätzen ausgerückt, so der Katastrophenstab.(4)
Nun ist davon auszugehen, dass nicht alle verletzten Demonstranten Zugang zu ärztlicher Versorgung hatten. Wie die hohe Zahl der (genannten) Verletzten durch die Polizeiführung zustande kam, muss allerdings schon hinterfragt werden.
Wie das sein kann, das ein Untereinsatzleiter aus Bayern während eines Einsatzes nicht zu erreichen ist – sich also Tausende von Polizisten ohne Befehlsgewalt, aber doch recht aktiv im Einsatz befinden – sei auch mal dahingestellt.
Aber dass dann auch ausgerechnet noch die erwiesene Schlägertruppe der 23.Einsatzhundertschaft – die sich beim Gorlebentransport mit eben den „Anti-Konflikt-Trupps“ von Marco Langner prügelten (5), der nach dem unauffindbaren Bayern dann Tausenden wildgewordenen, aber gleichzeitig enttäuschten Beamten wieder einen Vorgesetzten gab (6) – auf die Veranstaltung losgelassen wurde und selbst nach Eindruck des Demoleiters Monty Schädel nichts richtig, aber alles schlimmer machte, kann nun wirklich schwer Zufall sein.(5)
Dafür meldeten sich dann fast alle der 23.Hundertschaft verletzt, insgesamt 96 Personen.
Also offenbar mehrfach. Lügen tun Polizisten nämlich nie, auch ihre Vorgesetzten nicht.
DIE GUMMIGESCHOSSE DER DPOLG
Die Zahl der Beamten, die am Samstag verletzt wurden, zeige die Brutalität, mit der militante Gewalttäter Polizisten angegriffen hätten – so unser aller Polizeipräsident Dieter Glietsch hier in Berlin (5).
„Wir können dankbar sein, dass kein Polizist tot ist“, so der Vorsitzende der Polizeigwerkschaft GdP Konrad Freiberg zur Bildzeitung (7).
Offenbar stand er unter dem Druck der Konkurrenz. Insgesamt kämpfen da die GdP, die Bundespolizeigewerkschaft (bgv) und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPOLG) um die Sympathien und sicher auch ein wenig um die Mitgliedschaft der eingesetzten Beamten.
Die GdP ist über den DGB selbst an Protesten gegen den G8-Gipfel beteiligt.(8)
Das kommt jetzt natürlich nicht so gut.
Daher sprang dann auch gleich die DPOLG in die Lücke und deren Funktionäre vor jedes Mikro.
Über 400 verletzte Kolleginnen und Kollegen, davon mehr als 30 Schwerverletzte, zeuge von brutaler Gewalt gegen die Polizei ohne jeden moralischen Hintergrund, so Joachim Zastrow, Vorsitzender des Fachverbandes Bundespolizei in der Deutschen Polizeigewerkschaft.
„Wer auch nur ansatzweise versucht die an den Tag gelegte Kriminalität der autonomen Banden zu rechtfertigen, macht sich moralisch zum Mittäter.“(9)
Nur zur Erinnerung: da ist auch noch der G8-Gipfel.
Rainer Wendt, immerhin schon erster stellvertretender Bundesvorsitzender DPolG gab sich ganz böse:
„Nur in Deutschland werden Polizisten immer wieder Hundertschaftsweise zur Steinigung freigegeben“. Er forderte Gummmigeschosse und den Rausschmiss von Heiner Geissler aus der CDU (10).
(Welche Partei der dann auch immer aufmacht, das wollt Ihr nicht, das sag ich Euch..)
Kleiner Ausschnitt aus dem Interview von Rainer Wendt mit der Süddeutschen (12), auch für Edgar Allan Poe-Fans ein Hochgenuss:
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„sueddeutsche.de: Wie sieht es auf Seiten der Politik aus? Tragen nur die Veranstalter die Schuld?
Wendt: Die Politik hat die Polizei weitgehend allein gelassen, von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble einmal abgesehen. Was sich einzelne Politiker im Vorfeld erlaubt haben, ist ein einziger Skandal. Beispielsweise die Stellungnahmen von Dieter Wiefelspütz (Innenexperte der SPD, Anm. d. Red.), Berlins SPD-Innensenator Ehrhart Körting oder auch von Innenminister Ralf Stegner aus Schleswig-Holstein sind eine Frechheit. Sie sind der Polizei kurz vor der Veranstaltung in den Rücken gefallen und haben ihr überzogene Sicherheitsmaßnahmen unterstellt. Das ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die gegen die Polizei vorgehen wollen.
sueddeutsche.de: Sie fordern nun den Einsatz von Gummigeschossen gegen militante Demonstranten. Wann genau soll damit denn geschossen werden dürfen?
Wendt:…Wir haben den viel zu kurzen Schlagstock und wir haben die Pistole. Der Schlagstock ist wirkungslos, den brauchen wir nicht einzusetzen. Und die Pistole will ja wohl keiner einsetzen.
sueddeutsche.de: Ein Schlagstock ist wirkungslos? Das überrascht…
Wendt: Über eine Entfernung von 40 Metern ist er wirkungslos. Da kann man mit dem Ding werfen, mehr aber auch nicht.
sueddeutsche.de: Wieso geht die Polizei dann eben nicht näher ran?
Wendt: Wissen Sie, unsere Einsatzkräfte schleppen 15 Kilo mit sich rum. So schwer ist die Sicherheitsausrüstung.
sueddeutsche.de: Können Gummigeschosse töten?
Wendt: Gummigeschosse können vor allem sehr weh tun und auch Verletzungen hervorrufen. Aber Waffen, die wirken sollen, müssen auch weh tun dürfen.
sueddeutsche.de: Noch einmal: Kann ein Gummigeschoss, dass einen Demonstranten am Kopf trifft, diesen töten?
Wendt: Nein. Ein solcher Fall ist nicht bekannt. Diese Waffen werden in vielen anderen Ländern sehr erfolgreich erprobt. (Anm.:googlen empfohlen..)
sueddeutsche.de: Die Polizei sprach von etwa 2000 militanten Demonstranten. Allerdings gab es nur einige Dutzend Festgenommene, von denen viele wieder auf freiem Fuß sein sollen. Wie erklären Sie sich das?
Wendt: Man muss sich schon fragen, ob die Justiz die Polizei nicht auch im Stich lässt. Ich finde das skandalös, dass wir den Leuten, die wir eben eingefangen haben, bei der nächsten Demo schon wieder begegnen. Nach unserer Auffassung gehören die bis zum Ende des G-8-Gipfels in Unterbindungsgewahrsam.“
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Aha. Erst am Schotterbett entlang, keine Vorkontrollen, keine Kommandostruktur, ein einzelner Polizeiwagen mitten im Gelände von 50.000 Leuten, dann zuwenig Polizei die viel zu viel Stress anfängt und jetzt Gummigeschosse, weil alle anderen versagt haben.
Und Geissler noch aus der CDU schmeissen.
Also bei solchen Intelligenzbullizisten sollte man sich eigentlich gleich unter der Aktentasche in Deckung schmeissen.
Quellen:
(1)
http://www.ndrinfo.de/nachrichten/weitere_themen/nachrichten8_url-aHR0cDovL3d3dy50YWdlc3NjaGF1LmRlL2V4cG9ydC9OSU1FWC8wLDE2NDYsT0lENjg2ODE3OF9NT0QxLDAwLnhtbA==.html
(2)
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=571
(3)
http://www.net-tribune.de/article/040607-313.php
(4)
http://www.focus.de/politik/deutschland/g8-gipfel/rostock-krawalle_aid_62405.html
(5)
http://www.welt.de/politik/article919856/Was_bei_den_Krawallen_alles_schief_ging.html
(6)
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6868178_,00.html
(7)
http://www.net-tribune.de/article/040607-126.php
(8)
http://www.gdp-bundespolizei-nord.de/Suchen/Termine/termine.html
(9)
http://www.pr-inside.com/de/vorwuerfe-gegen-die-polizei-sind-r142776.htm
(10)
http://www.aachener-zeitung.de/sixcms/detail.php?template=az_detail&id=212131&_wo=News:Topnews&_g=%C2%ABPolizisten-werden-zur-Steinigung-freigegeben%C2%BB
(11)
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/3/116886/3/