Die Fatah al-Islam, die Raketen auf Israel oder warum die Hisbollah eine Offensive starten sollte

Libanon, Israel, und morgen die ganze Welt:
Es herrscht Krieg im Nahen Osten und man fragt sich – wie kommt das? Eigentlich kann daran niemandem gelegen sein in die Luft zu fliegen oder zerbombt zu werden, auch die eigene Macht und politische Position – und nicht zuletzt die ökonomische Prosperität – will gesichert sein.Schauen wir uns zuerst mal die gestrigen Raketenangriffe auf Israel an und wer mit ihnen bereits gedroht hat.

RAKETEN AUF ISRAEL – WEM NÜTZT DAS?

Tripoli: Aus dem Lager Nahr al Bared/Nahr al-Barid meldete sich am 6.Juni ein Anführer der Miliz „Fatah al-Islam“ namens Shahin Shahin zu Wort, welcher innerhalb von 48 Stunden eine „zweite Phase“ der Kämpfe ankündigte, so die Nachrichtenagentur Reuters.
Shahin drohte mit einer Ausweitung der Kämpfe auf „Gross-Syrien“.
Diese Wortwahl wird allgemein als das Gebiet von Syrien, Israel, Palästina und Libanon interpretiert und hat einen stark antisyrischen Klang.

Nichtsdestotrotz wird von vielen immer noch behauptet, Syrien stecke hinter dieser Miliz, um den Libanon ins Chaos zu stürzen.
Der New Yorker Journalist Seymour Hersh hatte allerdings Anfang des Jahres in einer Aufsehen erregenden Veröffentlichung berichtet, dass die Siniora-Regierung mit Unterstützung des Königshauses von Saudi-Arabien und der US-Regierung die Fatah al-Islam mit Geldmitteln massiv unterstützt und aufgerüstet hatte.

Gleichzeitig gab sich die israelische Regierung auf einmal ganz friedlich gesinnt, nachdem die Anfang Juni praktisch permanent über einen unvermeidbaren Krieg mit Syrien geredet worden war.
Auf einmal war von Geheimdiplomatie zwischen Berlin, Jerusalem, Istambul und Damaskus die Rede.

Allerdings bestritt der Mossad die Absichten Syrien´s auf eine diplomatische Lösung.

Im Februar hatte eine hochrangige US-Delegation von Kongressabgeordneten der Demokraten und Republikaner unter Leitung von John Kyl Israel besucht und das Raketensystem „Arrow“ in der südisraelischen Stadt Palmahim begutachtet, für dessen Finanzierung der US-Abgeordnete Kyl persönlich gesorgt hatte.
Der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, General Yossi Baidatz, hatte sich damals einen Streit mit Verteidigungsminister Peretz geliefert, weil der keine „Bedrohung“ von Israel durch die Hisbollah sah.(5)

Am 15.April hatte der Chef des russischen Sicherheitsrates Igor Ivanov (Iwanow) bei einem Besuch in Jerusalem vor einem Krieg zwischen Israel und Syrien gewarnt.

Gestern nun waren von libanesischem Territorium in der Nähe der Stadt Taibeh (2) drei Raketen von Unbekannten gestartet worden, von denen 2 in Israel einschlugen, eine vierte wurde von der libanesischen Armee entschärft.
Die Hisbollah erklärte umgehend, sie hätte mit diesem Raketenangriff nichts zu tun (3), auch die israelische Armee ging davon aus und zog einen Zusammenhang mit den Kämpfen der Fatah al-Islam und der libanesischen Armee im Süden von Libanon.

„Die Frage einer Vergeltung ist sehr komplex,“ so ein israelischer Armee-Sprecher gestern gegenüber der rechtskonservative Ynet.
„Wenn der Angriff wirklich von einer palästinensischen Organisation durchgeführt wurde, wäre es sehr schwierig das Ziel eines Gegenschlags auszumachen, auch wenn die libanesische Regierung verantwortlich ist.
Man muss immer im Auge behalten, dass die Armee des Libanon in der Gegend operiert und dass es da internationale Streitkräfte gibt, die Israel weiter in der Region haben will“.(3)

Trotzdem schloss Olmert gegenüber dem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen Militärschlag gegenüber dem Libanon nicht aus.(2)
„Der Premierminister hat updates vom Verteidigungs-Establishment bekommen, seit dem Zeitpunkt des Raktenbeschusses und ist in Kontakt mit dem Aussen- und Verteidigungsminister,“ so die Sprecherin von Olmert, Miri Eisin.

Olmert ist zur Zeit in New York (3) , die Aussenministerin Livni in Luxemburg (5) und der amtierende Verteidigungsminister ist immer noch der eigentlich schon zurückgetretene Peretz (2).
Die jetzige Lage ist ideal für einen Putsch.
Schon bei Anwesenheit der israelischen Regierung hört niemand mehr auf sie, Geheimdienste und Armee führten schon im Januar wegen erklärter Notlage, Gefahr im Verzuge, etc, etc einfach irgendwelche Operationen durch ohne dass selbst der total gescheiterte Generalstabschef Halutz informiert wurde, geschweige denn Verteidigungsminister Peretz oder Olmert.(6)
Jetzt wäre also die Lage für das militärische Establishment von Israel äusserst günstig, die Initiave zu ergreifen.

DIE BESTE OFFENSIVE DER HISBOLLAH (HIZB ALLAH)

Nehmen wir mal an, die Hisbollah will gewinnen. Nehmen wir jetzt einmal an, Scheich Nasrallah hat wirklich die Möglichkeit strategische Entscheidungen zu fällen, sowie den Willen seine Organisation zu erhalten und praktisch unangreifbar zu machen, die Kriegslobby in Israel auszukontern und schachmatt zu setzen, und ganz nebenbei der Welt den denkbar grössten Gefallen zu tun, indem er den US-Präsidenten George Bush und seinen gobalen Krieg bis auf die Knochen blamiert.

Das alles wäre mit einer einzigen Offensive zu erreichen: er müsste das Existenzrecht Israel´s anerkennen und so tun, als ob er Frieden will.
Es könnte ihm ja erstmal niemand beweisen, dass er es gar nicht Ernst meint. Aber in Jerusalem und Washington würde man schäumen vor Wut, in Berlin würde wie immer dumm gelächelt und geschielt und der ganze Coup d´Etat im Westen würde mit Saus und Braus in sich zusammenfallen.
Jedes Argument für einen kommenden Krieg gegen die Hisbollah oder Syrien wäre hinfällig. Auch das Marionettenregime von Fuad Siniora in Beirut stünde als das da, was es ist, die Position der multi-ethnischen Opposition wäre gestärkt.

Gleichzeitig hätte der Scheich die ideale Möglichkeit in die Schwachstelle israelischer Politik hineinzustechen, die fehlende Verfassung und die de facto 2-Klassengesellschaft dieser Demokratie, die immer noch keine Republik ist.
„Araber“, „Nicht-Juden“, oder wie man die einen Israelis von den anderen Israelis auch immer unterscheiden mag, haben nur ein begrenztes Recht auf Eigentum. Andauernd können sie von irgendwelchen Kuttenträgern und Vor-sich-hin-Betern enteignet und ausgeraubt werden, das in diesem schmalen Gebiet so kostbare Land wird ihnen unter den Händen einfach weggestohlen, Löhne sind immer niedriger als es jedes Menschenrecht erlaubt und die alltägliche soziale, kulturelle und politische Apartheid führt zu einer schleichenden Zersetzung jeder gesellschaftlichen Schwerkraft.

Nasrallah, auch die Hamas, hätten hier die goldene Chance für ihre angeblichen „Brüder“ in Israel das Eisen aus dem Feuer zu holen und sich selbst in eine unangreifbare Lage zu bringen.
Dazu muss man allerdings auch führen können und Entscheidungen treffen. Dass Scheich Nasrallah dazu in der Lage ist, hat er bereits bewiesen. Wo also bleibt jetzt die Offensive? Er ist am Zug.

Dass die Hamas als Konkurrent und Zerstörer der PLO und Fatah vom militärischen Establishment Israel´s selbst aufgebaut und finanziert wurde, ist in jeder Bibliothek des Internets problemlos nachlesbar. Eine gute Zusammenfassung davon (7) erschien heute auf http://www.wahrheitssuche.org/.
Ein kleines Zitat der International Harald Tribune aus dieser umfangreichen Quellensammlung:
„Es ist wohlbekannt, dass Israel in seinem langen Kampf gegen den palästinensischen Nationalismus, jede Partei infiltriert hat und eine wahre Armee von palästinensischen Informanten und Kollaborateuren rekrutiert hat.“ (7)
Wer wie der israelische Geheimdienst Shin Bet schon die „Dorf-Bündnisse“ der Palästinenser unterwanderte – aus denen dann die Hamas hervorging – und dann den eigenen Ministerpräsidenten Izaak (Yitzhak) Rabin dem selbst ausgebildeten Attentäter am 4. November 1995 tatenlos zum Frass vorwirft, hat schlicht kein Interesse am Frieden oder einer diplomatischen Lösung.

Er muss mit politischen Mitteln besiegt werden. „Selbstmordanschläge“ oder Raketen spielen ihm nur in die Hände.
„Die Medien und die Politiker, die zwar seit Jahren mitgeholfen hatten, die palästinensischen Organisationen gegen einander zu hetzen, zeigten sich befriedigt und rühmten sich mit `Genau das sagten wir doch!` Schaut, wie die Araber sich nun gegenseitig umbringen“, so der grosse alte Mann von Israel, Uri Avnery, über die „Krokodilstränen“ des israelischen Establishments zur Situation in Gaza.
„Ehud Barak hatte recht, als er vor Jahren sagte, dass unser Land wie `eine Villa mitten im Dschungel` ist,“ so Avnery.(8)

Wo ist der Tritt gegen die Haustür dieser Villa? Wo die Hilfe für die Bewohner ihres Kellers?
Eine ellenlange Kette von Forderungen (die nie erfüllt würden), und ein Friedensangebot (was nie angenommen würde) könnte diese Blockade der Situation im Nu zugunsten der Palästinenser entscheiden.
Denn das Privileg der israelischen Regierung und seines Militärs, einfach alles mit den Palästinensern machen zu können was ihnen passt, das räumt ihnen die westliche Bevölkerung ein. Wenn ihr Feindbild erschüttert ist, bricht die Allmacht des israelischen Establishments zusammen wie ein Kartenhaus.

Die Initiative liegt jetzt bei der Hisbollah. Wenn Sie sich zum nächsten Zug auf dem Schachbrett entscheidet, dann zieht sogar die unterwanderte Hamas mit, die Reste der Fatah und PLO würden sich in Nichts auflösen und eine Blockade gegen 1.5 Millionen Menschen im Gazastreifen wäre zumindestens in Europa nicht mehr durchhaltbar.

Ein Ziel, für das es lohnt zu kämpfen.
Ein Ziel, für das es sich lohnt zu gewinnen.

Quellen:
(1)
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=583&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=06
(2)
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6957250_,00.html
(3)
http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-3414095,00.html
(4)
http://www.khaleejtimes.com/DisplayArticleNew.asp?xfile=data/middleeast/2007/June/middleeast_June320.xml&section=middleeast&col=
(5)
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=619
(6)
http://radio-utopie.de/archiv.php?themenID=205&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=1
(7)
http://www.wahrheitssuche.org/israel-hamas.html
(8)
http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/004480.html

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert