Hartz 4-Plattform: Diskriminierung von "Kunden" durch Amt in Wiesbaden

Hartz4-Plattform.de kritisiert die Unterlassung der Pflicht zur Rechte-Belehrung sowie die Diskriminierung von Hartz IV-Berechtigten durch den Abteilungsleiter eines Amtes der Stadtverwaltung Wiesbaden:
„Wir sind erschrocken, wie wenig Abteilungsleiter Wolfgang Werner – zuständig für den Bereich Grundsicherung beim Wiesbadener Amt für Soziale Arbeit – seinen gesetzlichen Amtspflichten nachkommt.Er verstößt nicht nur gegen die ihm vom Sozialgesetz auferlegte Pflicht, alle Hartz IV-Antragsteller über ihre Rechte gegenüber seiner Behörde aufzuklären. Er brüstete sich jüngst auch noch in einem Arbeitslosentreffen der evangelischen Kirche sinngemäß mit den Worten:
`Wir klären doch unsere Kunden nicht über ihre Rechte auf!`.
Das bestätigt leider unsere Vermutung, dass von Amts wegen systematische Einschüchterung von Menschen getrieben wird, die dort eigentlich in schwieriger Lebenslage Stärkung und Unterstützung erwarten dürften“, stellt Brigitte Vallenthin, Hartz4-Plattform-Sprecherin fest.
„Noch schlimmer: der Sozialbeamte diskriminiert auch noch die Menschen und bedient Vorurteile mit falschen angeblichen Betrugszahlen – wie die Frankfurter Rundschau am 27. Juli berichtete.“

Gegenüber der Frankfurter Rundschau hat Werner seine Amtspraxis, jeden Hartz IV-Antragsteller durch „Hausbesuch“ zu überprüfen, damit verteidigt, dass die Betroffenen ja von Ihrem Recht auf Verweigerung des Zutritts zu ihrer Wohnung Gebrauch machen könnten. Aber welcher Bürger weiß schon, dass er dieses Recht hat und dass er darüber hinaus auch davon unbeschadet und folgenlos Gebrauch machen kann, wenn ihm höchst offizielle Amtspost mit einem Hausbesuchstermin ins Haus flattert“, so Vallenthin.
Und die Behörde tut alles, damit die Leute das auch nicht erfahren.
Sie unterlässt in ihrer Terminankündigungen nämlich einfach die Belehrung über dieses Recht – obschon sie vom Sozialgesetzbuch ausdrücklich dazu verpflichtet wird.

Kein Wunder, dass die Mehrzahl der im Sozialamt systematisch eingeschüchterten Menschen die staatlichen Kontrolleure rein lassen. „Wir können darin nichts anderes erkennen als Machtmissbrauch“, findet die Hartz4-Plattform-Sprecherin, „und sind fassungslos, dass
Abteilungsleiter Werner sich auch noch damit brüstet, den Betroffenen bewusst die Rechte vorzuenthalten, ohne dass er von verantwortlicher Stelle zurück gepfiffen wird.“

Gänzlich unerträglich ist nach Auffassung der Hartz4-Plattform, dass ein Behördenbeamter sich auch noch erlaubt, die ihm Anvertrauten gegenüber der Presse mit faschen angeblichen Betrugszahlen-Behauptungen zu diskriminieren.
Werner hatte gegenüber der Frankfurter Rundschau erklärt, dass seine Behörde von Januar bis Juli 2006 bereits 1.000 Wohnungskotrollen durchgeführt habe.
Davon hätten seine Beamten „bei 450 Betroffenen Hinweise auf Betrug“ gehabt und „in der Hälfte der Fälle habe sich der Verdacht bestätigt und Leistungen wurden gekürzt.“
Die Hartz4-Plattform wirft Werner bewusstes schüren von Vorurteilen vor, wenn er mit diesen Zahlen belegen will, dass rund 25 % der Hartz IV-Antragsteller Betrüger seien. „Wir erwarten“, so Vallenthin, „dass Wolfgang Werner uns hierfür den statistischen Beweis aus seinem Amt vorlegt.“ Die Arbeitslosen-Initiative hält diese Zahlen für schlichtweg falsch.

Immerhin haben mittlerweile offizielle Zahlen belegt, dass im Gegenteil der Anteil der Betrüger unter Hartz IV-Betroffenen deutlich geringer ist als in der Gesamt-Bevölkerung. Dass allerdings der „Gebrauch von Sanktionen“ in Wiesbaden überdurchschnittlich hoch ist, bestätigen nicht nur die Erfahrungen der Hartz4-Plattform.
Das dokumentierte auch die Bertelsmann-Stiftung mit jüngst veröffentlichten Zahlen zu Durchführungs-Ergebnissen der Hartz IV-Gesetzgebung.
„Wir fordern Abteilungsleiter Werner auf, sich öffentlich und offiziell bei den Betroffenen für diese zu Unrecht erfolgte Diskriminierung zu entschuldigen. Andernfalls erwarten wir von den Kommunal-Politikern sowie vom künftigen Behördenchef, dem SPD-Unterbezirksvorsitzenden Arno Goßmann, und den übergeordneten Stellen, Sorge dafür zu tragen, dass dies nicht folgenlos
bleibt und zukünftig nicht mehr geschehen kann“, erwartet Vallenthin für die Hartz4-Plattform.

Wiesbaden, 30. Juli 2007 / für den Hartz4-Plattform e.V. Vorstand Ralf Lütgens, Josef Weckmann
http://www.hartz4-plattform.de/

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