Israel, Palästina: Drei-Staaten-"Lösung" im Nahostkonflikt?

Israels Ehud Olmert und sein Fatah-Counterpart Mahmud Abbas treffen sich derzeit regelmäßig und demonstrieren nach Medienberichten eine zwischen den Vertretern beider Lager eine bisher nicht gekannte Intimität. Dabei spitzt sich die Lage in den besetzten Gebieten dramatisch zu. Angriffe der israelischen Armee sowie der palästinensische Bruderkrieg zermürben die Menschen. Schon zeichnet sich eine mögliche Drei-Staaten- Lösung im Nahen Osten ab. Eine Perspektive, welche die Palästinenser weiter in Chaos und Sterben stürzen würde.Es herrscht Bürgerkrieg, Bruderkrieg, im Gaza-Streifen. Dieser Flecken Erde steht unter Kontrolle der Hamas, während im Westjordanland weiterhin Al Fatah das Sagen hat. Die Fatah unter Mahmud Abbas wird vom Westen derzeit umgarnt und mit Finanzhilfen an der Macht in Palästina gehalten. Abbas hat Neuwahlen angekündigt. Um die Hamas quasi von der Wahl auszuschließen, legte er ein vom Westen beklatschtes Gesetz vor, dass die Wahlteilnehmer zur Anerkennung der Fatah-Politik sowie durch die Vorgängerregierungen geschlossenen Verträge verpflichtet.

In einem Interview warnte der Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah, Thomas Birringer [1], vor einer Stationierung von UN-Friedenstruppen im Gazastreifen. Diesen Truppen würde das Schicksal der US-Armee im Irak drohen. Birringer warnt davor, das Gaza- Streifen und Westjordanland weiter gespalten werden. Das Ergebnis könne „ein Hamas-Staat in Gaza und ein säkularer Fatah-Staat von Abu Mazen im Westjordanland sein“. Er fügt hinzu, dass dies „natürlich sehr problematisch [wäre], schließlich ist das Hauptelement der Nahoststrategie ja die Zweistaatenlösung – Israel und ein palästinensischer Staat, nicht zwei palästinensische Staaten“.

Auch wenn Birringer an Abbas und einer Zwei-Staaten-Lösung festhält, ist der Effekt einer Drei-Staaten-Lösung vorhersehbar. Die weitere Spaltung der Palästinenser würde zu ihrer Schwächung führen. Ein geteiltes Volk lässt sich leichter kontrollieren und in Schach halten. Die Regierungen Israels und der USA könnten ein Interesse an einer solchen Lösung haben. Der israelische Schriftsteller und Zionist Meir Shalev hält es im Spiegel-Interview [2] für falsch, die Hamas zu isolieren. Man müsse möglichst früh mit feindlich gesonnen Kräften verhandeln. Die fortdauernde Besatzung bedrohe ohnehin die Existenz Israels: „Aus Angst vor den höheren Geburtenraten der Palästinenser haben wir hier schon jetzt eine Art Apartheid, die stärker und stärker werden wird. Oder aber wir werden allein durch die Bevölkerungsentwicklung ein weiterer arabischer Staat, und das strebe ich nicht an.“

Werner Ruf, Professor für Internationale und intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik an der Universität Gesamthochschule Kassel, meint, die Lebensbedingungen der Palästinenser hätten sich seit Beginn des Friedensprozesses kontinuierlich verschlechtert. Er verweist in seiner Arbeit [3] auf die politische Instrumentalisierung des Islamischen Fundamentalismus, zur „Verweigerung des innenpolitischen Dialogs, die systematische Verhinderung jeder politischen Partizipation der betroffenen Bevölkerung, was „zwangsläufig Widerstand erzeugen“ müsse und „im Extremfall das Instrument des Terrors als Form der politischen Artikulation gewählt hat und wählen wird“. Er führt weiter aus: „Auch der von staatlicher Seite betriebene Gegenterrorismus, die teilweise Steuerung terroristischer Aktionen durch die Geheimdienste wird durchaus als Mittel verwendet, mit dem Zweck, einerseits vom Ausland Unterstützung im Kampf gegen den „Terrorismus“ einzufordern, andrerseits innenpolitisch Demokratisierungsprozesse zu verweigern und brutalste Formen der Repression zu legitimieren.“

Robert Dreyfuss hat in einem bemerkenswerten Werk [4] die Unterstützung und Steuerung des fundamentalistischen Islams durch die USA beschrieben. Dr. phil. Henriette Hanke Güttinger fasst in einem lesenswerten Artikel die wichtigsten Aspekte der Arbeit zusammen [5]. Dort heißt es unter anderem: „Die Muslim-Bruderschaft in Gaza und Westjordanland bekämpfte die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). Zu Beginn der 80er Jahre unterstützte Israel unter Begin, Premierminister Shamir und Verteidigungsminister Sharon die Muslim-Bruderschaft unter Ahmed Yassin gegen die PLO. 1986 gründete Yassin die Hamas mit der Hilfe Israels.“ Auch Foreign Affairs, das Hausblatt des Council on Foreign Relations, hat dem Buch eine Rezension gewidmet, in welcher dessen Bedeutung mit dem Hinweis heruntergespielt wird, es handele sich um bereits dokumentierte US-Außenpolitik.

Als PLO-Führer Yassir Arafat im November 2004 verschied, hinterließ er seinem Volk ein gespaltenes Land. Auf der einen Seite die von Korruption zerfressenen Machtstrukturen der Autonomiebehörde, auf der anderen Seite die eben dadurch radikalisierte Hamas und ihre Anhängerschaft. Verschwendung der für die Bevölkerung gedachten Hilfsgelder, Vorteilsnahme und Vetternwirtschaft in PLO und Fatah haben die Palästinenser in der Post- Arafat-Ära deutlich geschwächt. Mit seinem Tod ging eine charismatische, einende Figur, die – allen Verfehlungen zum Trotz – der palästinensischen Sache eine Stimme in der öffentlichen Wahrnehmung des Westens gab. Abbas ist schwach, die Hamas ist isoliert – die Politik beider Seiten schadet letztlich immer nur dem eigenen Volk. Auch Olmert ist stark geschwächt. Er hätte ein Motiv, den Konflikt aufrecht zu erhalten, bis er sich als Kriegsherr oder Friedensstifter präsentieren kann.

Quelle:
http://www.danielreitzig.de/?p=118

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