München: Was sich heute in der bayrischen Partei, die quasi einbetoniert im Regierungspalast ihrer Haupstadt residiert, abgespielt hat, war der unter Schmerzen vollzogene Wandel von Feudalisten in zumindest innnerparteiliche Demokraten. Die CSU sichert mit diesem Parteitag ihre weitere Machtausübung im selbstbetitelten „Freistaat“ für die nächsten 2 Legislaturperioden.
Warum? Weil niemand anders da ist oder sonst in Bayern von Interesse wäre.Die Partei war so klug, ihre eigene Kultfigur Gabriele Pauli nicht hinzurichten oder in Bierzeltatmosphäre politisch zu lynchen. Gleichwohl sorgte sie für den Parteivorsitzenden Erwin Huber, der die richtige Langsamkeit hatte. Das Tempo in Bayern – man möchte meinen, auch das der Uhren – ist einfach ein anderes und wer jemals unserem Wirtschaftsminister einmal richtig zugehört und dies mit der Sprachgewalt von Huber verglichen hat, der weiss das auch. „Strategie der strukturellen Dampfwalze“ könnte man es nennen, ein „sich ändern“ des Parteiapparates und ihrer Protagonisten gilt als äusserste Notwehr. Die Absetzung des Monarchen Stoiber und die erste demokratische Wahl eines Parteivorsitzenden aus 3 Kandidaten (wenn auch nicht durch die Parteimitglieder, so wenigstens durch Delegierte) kann als solche Massnahme gewertet werden.
Die Ära Stoiber drohte zu einer Wahlniederlage der CSU bei den Wählern und Wählerinnen zu führen. Da diese Partei in Bayern – dank unbedeutender Konkurrenten mit unbedeutenden Aussagen mit unbedeutenden Personen mit nichtssagenden Programmen – bei Wahlen nur gegen sich selbst verlieren kann, zog sie es vor, gegen sich selbst zu gewinnen.
Manch einem am Stammtisch festgewachsenen Bayern mag das alles surreal vorgekommen sein, was da in den letzten Monaten passiert ist. Fakt ist: es hat der CSU genutzt. Keine andere Partei hat eine solche Figur wie Gabriele Pauli in ihren Reihen und hält das aus. Das Medienecho war riesig und es war – dass müssen alle, wirklich alle zugeben – der spannendste Parteitag der letzten Jahrzehnte, von jeder Partei.
(Abgesehen von der Selbstmörderpartei WASG, aber wie spannend kann das schon sein sich selbst zu exekutieren. Nun, fairerweise muss man noch den letzten Sonderparteitag von Bündnis 90/Die Grünen erwähnen).
Horst Seehofer ist nicht blamiert, sondern wird mit knapp 39% bei der Wahl des Parteivositzenden (und 91% bei der Wahl zu dessen Stellvertreter) eine solide Machtbasis hinter Huber innehaben, dem es schon schwerfällt über die Oberpfalz hinauszublicken. Er kann beruhigt davon ausgehen, dass er (bei gleichbleibender Gesundheit) noch mindestens 4 weitere Jahre eine führende Rolle in der Politik spielen wird. Eine Direktwahl des Parteivorsitzenden durch die Basis hätte Horst Seehofer wahrscheinlich gewonnen, es bleibt abzuwarten, welche Rolle der fidele Vater noch spielen wird.
Jedenfalls ist auch in Bayern der „Geist aus der Flasche“, wie man es auf „Phönix“ mit ein wenig wehmütiger Reminessenz an die Bimbesrepublik zu Westzeiten konstatierte. Es darf gewählt werden, Gott steh uns bei.
Na – wer wird denn gleich weinen?