Silvio Meier-Demo und Jugend-Antifa-Kongress in Berlin

Berlin: Die Parole „Zusammen gehört uns die Zukunft“ – die Anfang der 90er Jahre in Göttingen etwas eigenmächtig in autonomen Gruppen entwickelt wurde welche eine bundesweite Organisierung anstrebten – ist das Motto des diesjährigen Jugendantifakongresses (1), der diesmal in der Stadt tagt die um die Spree herumgebaut wurde (und nicht um das Regierungsviertel, wie die neuesten, urbanen Legenden der Postmoderne besagen). Sicher, die ganz, ganz, ganz Sicheren im Berliner „Anti-Terror-Zentrum“ werden das schon jetzt als Eingriff in ihr Hoheitsgewässer begreifen.Nichtsdestotrotz versprechen die Tage vom 23. bis zum 25. November irgendwie spannend zu werden. Auch wegen der jährlichen Demo zum Gedenken an den vor 15 Jahren durch Nazis ermordeten Silvio Meier in Friedrichshain. „Einige Antifagruppen“ (1) aus Berlin veranstalten den Jugend-Antifa-Kongress. Seminare, Diskussionen und Workshops werden angekündigt.
Aber mal ehrlich: im Mittelpunkt steht die Demonstration zum Gedenken der Ermordung von Silvio Meier.

SILVIO MEIER

Bereits zu Ostzeiten war Meier als Bürgerrechtler aktiv und eine wichtige Figur im Kiez und Ostberlin.
Als Mitglied der sogenannten „Offenen Arbeit“ der Evangelischen Kirche in der DDR organisierte er am 17. Oktober 1987 ein Element-of-Crime-Konzert in der Berliner Zionskirche. Es wurde von Neonazis überfallen (2). Stasi und Vopo sahen weg und liessen die Nazis ihre Drecksarbeit machen.

5 Jahre später, am 21. November 1992, geht dann der Ostberliner Silvio Meier in Berlin-Friedrichshain mit Freunden zur U-Bahn-Station Samariterstrasse und sieht Nazis mit dem Aufnäher „Ich bin stolz ein Deutscher zu sein“. Sie reissen die Aufnäher von den Jacken. Den Nazis wird nichts getan.
Dann kommt es zu einem erneuten Zusammentreffen mit 7 Neofaschisten, die nun Messer haben, mit denen sie Silvio Meier mehrmals in die Brust stechen und zwei seiner Begleiter ebenfalls schwer verletzen.

Was nirgendwo mehr dokumentiert ist: Silvio Meier liegt verblutend im U-Bahnhof Samariterstrasse, neben ihm die anderen Verletzten und seine Freunde, die mitansehen müssen wie er stirbt. Niemand hilft ihm oder den anderen Verletzten. Die Menschen gehen unbeteiligt vorbei. Rettungswagen kommen erst eine halbe Stunde später. Zu diesem Zeitpunkt ist Meier bereits tot.

Die Jugendstrafkammer des Kriminalgerichts Berlin-Moabit verurteilte den 17-jährigen Sandro S., der die tödlichen Messerstiche ausgeführt hatte, am 2. Oktober 1993 in einem Jugendstrafverfahren wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Die Mitangeklagten, der 18-jährige Sven M. und der 17-jährige Alexander B., erhielten Freiheitsstrafen von dreieinhalb Jahren beziehungsweise acht Monaten, letztere wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die restlichen Festgenommenen wurden nicht angeklagt.
In der U-Bahn-Station wurde eine Gedenktafel angebracht, die seither wiederholt geschändet wurde. Auch die BVG ließ diese Tafel mehrmals entfernen und entschied sich erst nach öffentlichem Protest dafür, sie an ihrem Platz zu belassen. Bei der Renovierung des U-Bahnhofes im Jahr 2005 verschwand die Gedenktafel, wurde aber durch die verantwortliche Baufirma ersetzt und wieder angebracht. Ebenso wurde sie mehrmals gestohlen, zuletzt im August 2007.

MAHNWACHE MORGEN AM U-BAHNHOF SAMARITERSTRASSE, BERLIN-FRIEDRICHSHAIN

Ab 17.00 Uhr, wie immer am 21.November, findet dort eine Mahnwache statt (3). Um das Mitbringen von Kerzen wird gebeten.
Am Samstag den 24. um 16 Uhr geht dann die Gedenkdemo ebenfalls vom U-Bahnhof los (4). Wie immer ist damit zu rechnen, dass Bereitschafts- und Zivil-Polizei zahlreich erscheinen und sich dem Bezirk Friedrichshain und seiner Geschichte entsprechend aufführen wird. Um zahlreiche Teilnahme auch an der Demonstration wird daher ebenfalls ersucht. Mal böse Leute gucken kann nicht verkehrt sein, vielleicht lernt man noch was.
Nachher ist dann noch Party um die Ecke in der „K9“, der Kinzigstrasse 9. Nicht immer ein Hort der guten Laune, eigentlich noch nie. Möge es diesmal anders sein.

Quellen:
(1)
http://www.jugendantifakongress07.de.vu/
(2)
http://de.wikipedia.org/wiki/Silvio_Meier
(3)
http://www.silviomeier.tk/
(4)
http://www.antifa.de/cms/content/view/665/32/

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