Gates: keine US-Marines von Irak nach Afghanistan

Washington, Bagdad: Der seit dem 18.Dezember 2006 amtierende US-Verteidigungsminister Robert Gates hat eine Verlegung von US-Marines aus dem Irak nach Afghanistan abgelehnt. Am Freitag hatte der Kommandeur der US Marines, James T. Conway, ihm im Pentagon ein entsprechendes Konzept unterbreitet. Es sah die Verlegung von US Marines aus der irakischen Provinz Anbar (nahe Syrien) nach Afghanistan vor. Aus der Leitungsebene des Pentagon hiess es dazu, die Entscheidung würde „der nächste US-Verteidigungsminister“ eventuell in Erwägung ziehen(1).Bereits kurz nach Amtsantritt hatte Gates nicht nur angekündigt, die US-Truppen im Irak zu reduzieren, sondern auch sie im Rahmen einer Rückzugsstrategie „aus der Schusslinie“ zu bringen.(15)

KRIEG UM KRIEG

Heute legte der US-Kommandeur im Irak, Gen.David Petraeus, eine Statistik vor, nach dem die Gewalt im Irak um 60% gesunken sei (9). Gestern erklärte Dick Cheney, der Vizepräsident der USA – ebenfalls allen Ernstes – dass bis Januar 2009 der Irak „eine echte Demokratie im Herzen des Mittleren Ostens“ sei.(10).
In den entsprechenden Zeitungen steht: „Drucken Sie gute Nachrichten aus dem Krieg“ (11), oder auch herzzerreissend: „Finanzierung der Truppen vor Weihnachten!“ (12).
Es geht um viel Geld, 196 Milliarden Dollar, nur für den Krieg im Irak und Afghanistan – und für ein einziges Jahr. Die US-Demokraten werden nach Einschätzung von Beobachtern im Parlament wie immer letztlich zustimmen.(13)
Sie haben bereits am 8.November den jährlichen (!) „Friedensetat“ des US-Militärs von 471 Milliarden Dollar im US-Repräsentantenhaus abgesegnet, allerdings noch nicht den Zusatzetat von fast 200 Mrd für den Krieg, da sie (noch) auf Abzugsterminen pochten.

GEN.JAMES T. CONWAY IM IRAK

Gen.James T. Conway ist zwar formell „Kommandeur“ der US-Marines, gehört aber dem „Joint Chief of Staff“, dem Generalstab der US-Streitkräfte an, der keinerlei Kommandogewalt hat, aber dafür „beraten“ darf (2). Die Befehlsgewalt der US-Streitkräfte geht direkt vom Weissen Haus über die operative Ausführung im Pentagon über die Regionalkommandaturen, die den Planeten in Zuständigkeitsbereiche aufgeteilt haben. Für Irak und Afghanistan zuständig ist das US-Zentralkommdando USCENTCOM, für deren Gebiet auch die US-Vollmacht über unsere Truppen im Rahmen des OEF-Mandates liegt. Das Gebiet reicht von Kasachstan bis Pakistan bis Sudan. (6)
Gen.Conway wurde am 13.November 2006 zum Marine Kommandeur im machtlosen Generalstab „befördert“, knapp einen Monat bevor Gates sein Amt als Nachfolger von Donald Rumsfeld antrat, der nach massiven Protesten aus dem US-Militär zurücktreten musste.

Im Jahre 2003 hatte Conway unter Rumsfeld das 1.Expeditionskorps der US Marines während der Invasion des Irak geleitet (2). Er wunderte sich auch öffentlich darüber, dass beim Einmarsch im Irak keinerlei Massenvernichtungswaffen gefunden wurden. US-Verteidigungsminister Rumsfeld war daraufhin unter Druck geraten.(7)

Auch war James T. Conway Leiter der Operation „Wachsame Problemlösung“ (Vigilant Resolve) in Falludscha (Fallujah), April 2004, in der irakischen Provinz Anbar (2). Aus diesem Gebiet schlug Conway jetzt als Marine Kommandant im Generalstab die Verlegung seiner ehemaligen Fronttruppen nach Afghanistan vor.(1)
Conway hatte im Frühjahr 2004 vor den Plänen der Operation „Vigilant Resolve“ gewarnt, welche direkt aus dem Weissen Haus kamen. Der Widerstand in Fallujah würde nur anwachsen, die Eroberung der gesamten Stadt mache keinen Sinn, so der damalige Kommandeur Conway. Er zog das typische Resumeè eines Soldaten:“Wir befolgen unsere Befehle. Wir sagten, was wir zu sagen hatten und wir verstanden die Begründung, und wir salutierten elegant, und wir gingen zum Angriff über“. (3)

Der Angriff wurde nach drei Tagen auf Befehl des damaligen Irak-Kommandeurs Sanchez unvermittelt abgebrochen. Auch dagegen protestierte Conway. Er wurde angewiesen, die sogenannte Fallujah-Brigade aus ehemaligen irakischen Soldaten zu bilden, die die Stadt befrieden sollte. Sie lief anschliessend, von US-Streitkräften bewaffnet, mit fliegenden Fahnen zu den Aufständischen über.

Im November 2004 wurde Conway dann als Kommandeur des Marine Expeditionary Force (MEF) abgelöst und der zweite Angriff auf Fallujah begann, die Operation „Fantom Wut“ (Phantom Fury) (4). Sie hinterliess ein Schlachtfeld mit ca.10.000 Toten. Die US-Streitkräfte setzten auch durch die Genfer Konvention verbotene chemische Waffen ein.
US-Kommandeure – die anonym blieben – berichteten dem US-Journalisten Seymour Hersh gegenüber, dass sie von oben Anweisungen auf rücksichtsloses Bombardieren der gesamten Stadt befolgen mussten. Explezit wurde „urban bombing“ geplant und ausgeführt. Ein leitender Air Force-Offizier in Fallujah wurde zitiert:“Willkommen in Stalingrad“ (5)

weitere Artikel:
27.11.07
USA: Bin Laden-Fraktion gegen Gates
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=1287&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=11

12.03.07
The Empire falls back II – der Zusammenbruch im Irak
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=342&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=3

Quellen:
(1)
http://www.nytimes.com/2007/12/06/world/middleeast/06gates.html?ref=middleeast
(2)
http://en.wikipedia.org/wiki/James_T._Conway
(3)
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A16309-2004Sep12.html
(4)
http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/002624.html
(5)
http://en.wikipedia.org/wiki/Second_Battle_of_Fallujah
(6)
http://en.wikipedia.org/wiki/CENTCOM
(7)
http://www.usatoday.com/news/world/iraq/2003-05-30-iraq-wmd_x.htm
(8)
http://fairuse.100webcustomers.com/fairenough/latimes885.html
(9)
http://www.earthtimes.org/articles/show/154282.html
(10)
http://thinkprogress.org/2007/12/05/cheney-iraq-democracy/
(11)
http://www.lacrossetribune.com/articles/2007/11/30/opinion/letters/02letter1130.txt
(12)
http://www.familysecuritymatters.org/challenges.php?id=1385799
(13)
http://ap.google.com/article/ALeqM5iPRkO3ZWrtSd4OWCvQ6kWnV2IjvgD8TBI73O0
(14)
http://www.ktvz.com/Global/story.asp?S=7332205
(15)
http://fairuse.100webcustomers.com/fairenough/latimes885.html

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