Berlin, 31 Jahre nach dem deutschen Herbst: Parlamentarier aus CDU und SPD haben heute Innenminister Schäuble aufgefordert das Bundesamt für Verfassungsschutz anzuweisen, die bislang geheim gehaltenen RAF-Akten zum Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahre 1977 dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) endlich zur Einsicht vorzulegen.
Vor kurzem hatten auch die Bundesanwälte endlich Einsicht in die Akten gefordert, nachdem der Sohn des damals erschossenen Generalbundesanwaltes, Michael Buback, am 14.Oktober mit einer Anzeige gegen die alte Behörde seines Vaters gedroht hatte (2). Hintergrund waren Informationen von Buback, nachdem das RAF-Mitglied Verena Becker nicht nur sehr wahrscheinlich seinen Vater erschossen, sondern bereits seit Anfang der 70er Jahre für den deutschen Inlandsgeheimdienst gearbeitet hatte.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz unter Heinz Fromm (SPD) aber hatte die Einsicht in die Akten verweigert. Und nicht nur das: Fromm und der Inlandsgeheimdienst versuchten nun die brisanten Akten endgültig verschwinden zu lassen.
Laut Presseberichten um die Weihnachtszeit beantragte der Inlandsgeheimdienst mehr oder weniger unauffällig bei seinen Vorgesetzten im Innenministerium die Mordakten mit einer Sperrerklärung nach § 96 zu belegen. Nach Paragraf 96 kann aber von keiner Behörde Akteneinsicht gefordert werden, “wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, dass das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde”. Dieser unauffällige Paragraf besagt also nichts anderes, als dass man jedes Verbrechen ungestraft lassen und die Akten dem Zugriff der 3.Gewalt Justiz entziehen kann, wenn es nur gross genug ist. (3)
Jetzt stellt sich die Frage: wurde die Sperrerklärung erteilt? Sind die Verfassungsschutz-Akten über die mutmassliche Agentin Becker und den Buback-Mord nun den Bundesanwälten entzogen?
Das PKG ist nicht die Justiz
Wenn das geheim tagende Gremium der 1.Staatsgewalt (des Parlamentes) nun Einsicht in die geheimen Akten bekommt, so ist das kein Ersatz für die Verwertbarkeit durch die 3.Gewalt der Justiz. Auch verwundert es wenig, dass derzeit so getan wird, als ginge es darum ausgerechnet die Aussagen von Verena Becker und Peter-Jürgen Boock endlich ernst zu nehmen. Beide schieben die Schuld auf das RAF-Mitglied Wisnewski.
Immerhin gab der Innenexperte der CDU im Bundesparlament, Wolfgang Bosbach, heute schon einmal öffentlich zu Protokoll, dass die RAF-Terroristin Verena Becker 1980 Kontakt mit dem Verfassungsschutz gehabt hat (1). Nun hiess es aber noch im April dieses Jahres, es habe sich jetzt erst herausgestellt, dass Becker 1982 Aussagen über den Buback-Mord gemacht habe (4). Das ist immerhin schon mal ein langsames Zurücktasten in der Zeit.
Wenn man sich dann vor Augen hält, dass Becker ein Seiteneinsteiger über die Berliner Gruppe „Bewegung 2.Juni“ war und nach der einzigen Entführung der RAF der jemals nachgegeben wurde (der des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz 1975) zusammen mit Gabriele Kröcher-Tiedemann, Ingrid Siepmann, Rolf Heißler und Rolf Pohle in den Süd-Jemen ausgeflogen wurde, wird es eigentlich erst richtig interessant.
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Quellen:
(1)
http://www.welt.de/politik/article1525813/Politiker_forden_Freigabe_der_Buback-Akten.html
(2)
http://www.radio-utopie.de/archiv/archiv.php?themenID=1071&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=10
(3)
http://www.radio-utopie.de/2007/12/24/buback-mord-und-raf-akten-grosse-koalition-der-vertuscher/
(4)
http://de.wikipedia.org/wiki/Verena_Becker