Im Zeitalter der Subventionswirtschaft suchen Betreiber von Produktionsstätten für technische Geräte jeweils den Standort, der ihnen die besten Bedinungen bietet. Dabei gibt es einige wenige direkt kalkulierbare monetäre Faktoren wie Lohnniveau, Arbeitsbedingungen, Steuerlast und Subventionen sowie viele nur schwer kalkulierbare Faktoren wie die Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren oder die für oder gegen den Betreiber arbeitende Korruption in Politik und Justiz. Entscheindungsträger beim Telefonhersteller Nokia sind nun offenbar zu dem Ergebnis gekommen, dass es für sie von Vorteil sein wird, eine Produktionsstätte in Rumänien aufzumachen und den mehr als 2000 Mitarbeiter starken Standort Bochum runterzufahren.
Mal angenommen, die Entscheidungsträger von Nokia haben sich dabei überlegt, dass sie in Bochum noch ein paar Hundert Mitarbeiter brauchen können und auch nicht alle Arbeitsplätze nach Rumänien verlagern müssen, um da Subventionen abzugreifen. Die interne Kommunikation ist simpel, da reicht es zur Vorbereitung den bisherigen Standort im internen Rechnungswesen durch das gezielte Ausnutzen von Buchhaltungs- und Bilanzierungsspielräumen unrentabel aussehen zu lassen. Aber wie würden die Entscheidungsträger dann wohl die Entscheidung zur Arbeitsplatzverlagerung der Öffentlichkeit verkaufen? Propaganda-Spezialist Ulf-Hendrik Schrader hat da eine Idee:
„Indem nun zunächst die komplette Schließung angekündigt wird, kann Nokia sich dann nach der ersten Aufregung als einsichtig und kompromissbereit präsentieren und alle stehen gut da:
Nicht nur Nokia, sondern auch die Gewerkschaften und die Politik, die heilfroh über „ihr“ Ergebnis sind und es aus Eigeninteresse als bestmöglichen Erfolg kommunizieren werden. Vielleicht kann man es dann sogar noch so hindrehen, dass Nokia trotz ungünstiger Bedingungen aus Verantwortungsgefühl am Standort festhält. Das wäre klasse: Stellen abbauen und Dankbarkeit ernten. Tolle Krisen-PR.“
Natürlich muss das nicht so sein, dass Nokia von vornherein geplant hat, ein paar Arbeitsplätze in Bochum zu belassen. Aber das könnte schon passen, denn auch wenn die Telefone von Nokia ziemlicher Mist sind, haben sie trotzdem bei einigen Jugendlichen so etwas wie Kultstatus und das deutet darauf hin, dass die Bude sich mit Öffentlichkeitsarbeit gut auskennt. Wenn das wirklich so sein sollte, dann wird das PR-Spiel gerade genau so gespielt, wie es von Nokia geplant war. Die Jusos Ostwestfalen-Lippe können sich genauso wie Arbeiterführer Jürgen Rüttgers selbst auf die Schulter klopfen und es als Erfolg ihres Protestes verkaufen, wenn ein paar Arbeitsplätze bei Nokia „gerettet“ werden. Auch zahlreiche mehr oder minder protestierende Blogger wären damit, ohne es auch nur zu ahnen, Teil einer Phase 1 einer PR-Kampagne von Nokia. Die deutsche Bevölkerung darf nun gespannt auf Phase 2 der Schmierenkomödie warten.
Mittel, um Nokia dazu zu zwingen, weiterhin in Deutschland zu produzieren, gibt es keine. Die an Arbeitsplätze geknüpften Bedingungen für die Vergabe von Subventionen sind ausgelaufen. Ein Boykott kann Nokia sicherlich weh, wird aber kaum die längst getroffene Entscheidung zur Arbeitsplatzverlagerung noch maßgeblich beeinflussen können. Und der Produktionsstandort Deutschland wird dadurch für zukünftige Investititonsentscheidungen sicherlich auch nicht attraktiver. Dabei wäre genau das wichtig, wenn man Produktion in Deutschland möchte.
Die Senkung von Löhnen und die Einführung von Hartz-IV war dabei offenbar nicht in der Lage, den Standort Deutschland für Nokia nachhaltig attraktiv zu machen. Andere Ideen müssen her.
Wie wäre es denn damit: Man könnte doch Subventionen zukünftig an die Bedingung knüpfen, dass das geistige Eigentum dauerhaft am Standort nutzbar bleiben muss. Das würde bedeuten, dass Subventionen nicht mehr unter der Bedingung der Schaffung von Arbeitsplätzen verschenkt werden, sondern für die Subventionensgelder ein Mitbenutzungsrecht von Produktionsmitteln in Form von geistigem Eigentum gekauft wird. Genauso könnte das Recht auf den Bezug von für die Produktion notwendigen Vorprodukten in einem Vertrag zur Vergabe von Subventionen verankert sein. Wenn eine Firma wie Nokia dann an einen anderen Standort wechselt, weil sich Deutschland nicht rechnet, so könnte die Belegschaft des Betriebes dann, wenn der Standort konkurrenzfähig sein sollte, unter anderem Namen weiterproduzieren.
Ein Unternehmen würde es sich dreimal überlegen, einen gesunden Standort plattzumachen, um irgendwo anders Subventionen abgreifen zu können, wenn befürchtet werde muss, Konkurrenz durch den bisherigen gut funktionierenden Betrieb zu erhalten. Andererseits wäre kein Unternehmen daran gehindert, einen Produktionsstandort aufzugeben und weiterzuziehen, wenn der bisherige Standort nicht tragfähig und damit als mögliche Konkurrenz nicht in Frage käme. (Von www.Mein-Parteibuch.com)