Wie in der österreichischen Zeitung „Der Standard“ zu lesen ist, haben Staatsanwälte am UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag jeweils 25 Jahre Haft für den ehemaligen UCK-Kommandeur und Ministerpräsidenten des Kosovos, Ramush Haradinaj, sowie zwei Mitangeklagte gefordert. In der deutschen Presse ist davon hingegen nichts zu lesen und auch sonst wenig über den Kosovo zu lesen. Richtig so, denn warum soll man auch die deutsche Bevölkerung mit Fakten zum Hintergrund des Einsatzes der derzeit rund 2500 Bundeswehr-Soldaten im Kosovo verunsichern!
Im Standard ist hingegen weiter zu lesen, dass Staatsanwalt David Re erklärte, die drei Angeklagten sollen während des Kosovo-Kriegs von 1998 bis 1999 Gräueltaten in 37 Fällen begangen oder beaufsichtigt haben, darunter Mord, Folter, Vergewaltigung und Vertreibung von Zivilpersonen. Er sei der Überzeugung, die Morde konnten nicht ohne Haradinajs Wissen oder Mittäterschaft geschehen.
Nun könnte man denken, schön, dass die UNO dafür gesorgt hat, dass die Bundeswehr im Kosovo einmarschiert ist und solche Verbrecher damit aus dem Verkehr gezogen worden sind. Damit würde man voll daneben liegen, denn Leute wie Ramush Haradinaj sind nicht die Gegner der Friedensbringer von der UN, sondern deren Partner im Kampf gegen den bösen Kommunismus.
So verwundert es nicht, dass der Ex-Vize-UNMIK-Chef General Steven Schook unprofessionell enge Beziehungen zu Energieminister Ethme Ceku und Ramush Haradinaj sowie „internationalen und einheimischen Frauen“ hatte. Und dazu, dass so mancher Einheimische offenbar denkt, auch der deutsche Chef der UNMIK, Joachim Rücker, der das alles prima deckt, gehöre vor ein ordentliches Gericht gestellt, schweigt die deutsche Presse auch lieber.
Wenn man in Deutschland wenigstens mal eine Kopie eines Standard-Artikels zu lesen bekomt, ist das Hände-Schüttel-Journalismus wie hier in der FR, mit dem freilich keiner, der nicht ohnehin Bescheid weiß, etwas anfangen kann. Dass der Prozess gegen Ramush Haradinaj für Deutsche schon irgendwie interessant sein könnte, weil die die UN-Verwaltung im Kosovo mit ihm eine „wichtige politische Stütze“ verliert, erläuterte Boris Kanzleiter vor fast einem Jahr im Telepolis-Artikel „Händeschütteln mit dem Kriegsverbrecher„. Dass Zeugen für den Prozess auf merkwürdige Weise abhanden gekommen sind, erfährt man da am Rande übrigens auch.
Zeugen, Mittäter und Hintermänner finden sich ansonsten allerdings eher in Deutschland, und das recht unbehelligt. Dafür gibt es auch eine schlüssige Erklärung, aber wer will die schon hören:
Tatsächlich diente die Bundesrepublik ehemaligen UCK-Kommandeuren und heutigen Mafiabossen bereits in den 1990er Jahren maßgeblich zur Vorbereitung ihres Sezessionskampfes gegen Belgrad – eine oft genannte Erklärung für ihre bemerkenswerte heutige Straflosigkeit. So wurde die UCK laut dem Geheimdienstexperten Erich Schmidt-Eenboom „seit Anfang der 90er Jahre durch Millionenbeträge“ finanziert, „die sie vor allem von Exilalbanern aus den Vereinigten Staaten, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland erhielt“. „Diese Aktivitäten wurden nicht nur geduldet, sondern massiv unterstützt“, urteilt der Publizist Jürgen Roth, „und daraus entstanden zumindest politische Freundschaften“.
Roth hat sich unter anderem mit einem kosovo-albanischen Familienclan aus Norddeutschland befasst, der im Verdacht steht, in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre an der UCK-Finanzierung beteiligt gewesen zu sein. Er wird zudem verschiedenster illegaler Geschäfte beschuldigt. Rechtskräftig geklärt sind die Vorwürfe bis heute nicht. Jedoch verfügte der norddeutsche Clan, der Recherchen der KFOR zufolge auch enge Geschäftsverbindungen zum Clan des in Den Haag angeklagten Ramush Haradinaj unterhält, zumindest zeitweise über hochrangige Kontakte in Regierungskreise. Roth zufolge „soll sich sowohl der ehemalige Außenminister Klaus Kinkel 1998 mit dem Clanchef aus der norddeutschen Stadt getroffen haben als auch später der BND-Chef August Hanning“. Hanning ist heute Staatssekretär im Bundesinnenministerium.
Komisch, dass das BKA nicht so recht Lust hat, gegen den August Hanning zu ermitteln. Aber vielleicht wären da ja – genau wie bei der Aufklärung der Geschäfte der Familie Osmani – Staatsinteressen im Kern berührt. Dann darf die Presse schließlich auch nicht berichten.
Gut, dass in Hamburg mit Ole von Beust, der garantiert nie in Osmanis Harald‘s Hotel war, und Michael Naumann, der garantiert nicht Norddorf ist, in Hamburg nun zwei ausgewiesene Fachleute für Justiz- und Geheimdienstklüngel zur Wahl stehen.
Apropos Wahl, ist eigentlich noch nicht aufgeklärt, wer warum die Wahlurne der SPD in Hamburg geklaut hat? Ach wo, warum auch, schließlich ist doch gar nicht vorstellbar, dass deutsche Spitzenpolitiker bis zum Hals mit in den Verbrechen im Kosovo drinstecken und da nun unbedingt der Deckel draufgehalten muss, wenn es denen nicht so wie Ramush Haradinaj gehen soll.