Trittin: über Wille, Blabla und Effekt

Berlin: Man muss Jürgen Trittin dankbar sein. Als einer der wenigen Politiker, die überhaupt noch irgendeine Information und konkrete Aussage von sich geben, hat er die politische Lage der Republik in einem Interview folgendermassen beschrieben: bei der und bis zur Bundestagswahl 2009 werde es keine Linkskoalition (rot-rot-grün) geben.

Er beschrieb als einziger Nicht-Heuchler der vergangenen Monate und Jahre die Situation ehrlich und realistisch: natürlich gäbe es das Lager links-rechts in der real existierenden Parteienlandschaft, einerseits SPD, Grüne, Linke, andererseits CDU, CSU, FDP. Aber das eine Lager wolle miteinander nun mal keine Koalition eingehen.
„Wir führen jetzt in Hamburg einen Wahlkampf für Rot-Grün“, so Trittin. „Wenn man dort die CDU an der Macht halten will, muss man Linkspartei wählen – ich weiß nicht, ob sich das bei den CDUlern schon herumgesprochen hat. (Lacht) Wenn es wider Erwarten nicht gelingt, für Rot-Grün dort eine Mehrheit zu holen, dann würde die CDU dort in der Tat entweder mit der SPD regieren oder versuchen, sich bei uns eine Mehrheit zu holen,“ so das ernüchternde Resumeé des ehemaligen Umweltministers und Erzfeindes des BDI.
„Das ist der Kern unserer Botschaft auch mit Blick auf die Linke: Wer die wählt, hilft der CDU“, so Trittin.

Eher zurückhaltend muss man die Aussage des Niedersachsen aber hinsichtlich der FDP Hamburg betrachten.
„Ich sehe in Hamburg noch kein Fünf-Parteien-Parlament und deswegen auch kein Jamaika, wegen der Probleme der FDP, ins Parlament zu kommen.“

Der Wunschwille, die FDP möge doch bitte draussen bleiben damit die Deutschen wenigstens in Hamburg den Fluch der stagnativen Koalition mit verfassungsfeindlicher Zweidrittel-Mehrheit loswerden, sei hiermit wohlwollend zur Kenntnis genommen. Aber wo kein Weg ist, da ist auch keine Wahl. Wer geht in Hamburg noch zur Wahl der grossen Koalition? Und bei niedrigster Wahlbeteiligung kommen selbst die superblassen Wirtschaftsliberalen rein.

Realistischer wurde Trittin dann, als er die „Linke“ beschrieb. Er führte an, dass das derzeitige Grauen des Nichtparlamentarismus von der Linken bewusst so gewollt sei, um durch grosse Koalitionen erstmal immer stärker zu werden.
„Da die Linkspartei mit subjektiv gutem Grund zum jetzigen Zeitpunkt sagt, dass sie nur Opposition will, landet man notgedrungen bei einer Ampel“, so Trittin und sein anderer Wunschwille. Eben noch in Hamburg rausgekürzt, nun mit Westerwelle und Niebel im gleichen Kabinett. Ungefähr so wahrscheinlich wie derzeit die muslimisch-christliche Ökumene.

Frage: „Wenn die Linkspartei sich umentschlösse, würde das demnach an den Grünen nicht scheitern?“
Trittin: „Die Linkspartei wird sich 2009 nicht umentscheiden, die wird ihre erste West-Regierungsbeteiligung im Saarland haben. Vorher werden die sich höchstens rhetorisch, aber nicht tatsächlich bewegen. Im Bund ist sie noch nicht regierungsfähig.“

ÜBER WILLE, BLABLA UND EFFEKT

Was für einfache Besucher des Polittheaters oft schwer zu erkennen ist: es gibt immer die Verwechslung zwischen Wille und Effekt. Fast kein einziger Politiker kann es sich leisten, noch zu sagen was er will. Stattdessen heuchelt er (oder sie) irgendein Blabla zur Presse, was den gewünschten Effekt erzielt. Ein paar Beispiele.

Nr.1.:
Wille: (..ich will, dass meine Partei mit den ganzen Eso- und Öko-Spinnern bei den Wahlen absäuft, weil ich so eine korrupte Sau bin und dieses ganze arme Hartz IV-Pack nicht mehr sehen kann..)
Blabla zur Presse: „ich würde auf ein Gesprächsangebot mit der CDU eingehen..ich kann mir schwarz-grün durchaus vorstellen“
Gewünschter Effekt: die Leute denken sich, „na, da kann ich ja gleich CDU wählen“ und wählen stattdessen SPD (oder „Linke“, weil sie schon 30 Jahre lang SPD gewählt haben und gleich hätten CDU wählen können)

Nr.2.:
Wille: (..ich möchte endlich wieder an die Macht. Ich bin so geil, ich hab die ganzen Idioten von der WASG abgezogen, wie all die Schwachköpfe im Betrieb, 2 Minuten labern wenn´se alle paar Monate wütend in den Betriebsratsraum gelatscht kommen, die Verlierer, ich will jetzt an die Macht und auf die Parties, wie die Jungs in Berlin. Ich will Prozente, erstmal Wahlprozente..)
Blabla zur Presse: „Die Studie sowieso ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung und die logische Konsequenz ihrer unsozialen Politik, wir werden uns für die Menschen einsetzen, wir werden dies und jenes, und was wir auch tun, es kann dem gar nicht widersprechen was wir versprechen.“
Gewünschter Effekt: die Leute sind die einen Lügner noch nicht so gewöhnt wie die anderen und versuchen die „Linke“ die sie noch nicht kennen, weil sie Wessis und zu doof zum Zeitunglesen sind und nicht wissen wo Berlin oder Dresden ist.

Nr.3.:
Wille: (..ich kenn Euch Lumpis von den Linken, ich war selber Maoist, ihr miesen U-Boote versaut uns jetzt nicht rot-grün, ich hab die Schnauze voll vom Verlieren, ich möchte auch nicht mehr für irgendeinen Zaunrüttler und Zigarrenraucher im Kanzleramt Prellbock spielen, der mich die ganze Zeit zum Dank hängen gelassen hat wie alle seine Freunde, ich halte Euch jetzt raus, und wenn ich dass nicht schaffe, dann knutsch ich Euch tot..)
Blabla zur Presse:„Die Linkspartei wird sich 2009 nicht umentscheiden, die wird ihre erste West-Regierungsbeteiligung im Saarland haben. Vorher werden die sich höchstens rhetorisch, aber nicht tatsächlich bewegen. Im Bund ist sie noch nicht regierungsfähig.“
Gewünschter Effekt: die Leute wählen grün, es kommt eine rot-grüne Mehrheit, die Wirtschafts(zensiert) hauen endlich ab auf die Bahamas oder ins Tessin (der Teufel weiss am Besten wohin) und dieser ganze Wahnsinn hört endlich auf.

Quelle:
(1)
FAZ

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