(ter) Der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Hans-Ulrich Klose (SPD) hat sich in einem noch nicht veröffentlichten Interview für die Wochenzeitung „Das Parlament“ (Erscheinungstag: 18. Februar 2008) für eine Verstärkung der deutschen Truppenpräsenz und für deren Einsatz in ganz Afghanistan ausgesprochen.
Die Involvierung der Bundeswehr in Kampfeinsätzen im südlichen Afghanistan wird damit erstmals in aller Öffentlichkeit gefordert.
Hans-Ulrich Klose (SPD) würde die so genannt 250 Mann der Quick Reaction Force in Nordafghanistan, welche bisher Norwegen stellte, gerne verdoppeln und wirft der Bundeswehr vor, entgegen den Vereinbarungen zur International Security Assistance Force (ISAF) weder von der Truppenstärke noch von der Ausrüstung in der Lage zu sein „Nothilfe“ zu leisten.
Für den Fall, dass Kanada seine Truppen aus Afghanistan abziehen würde, befürchtet der Politiker ein Auseinanderbrechen der NATO und wirft seinen Kollegen im Bundestag vor: Eine „Quatschdiskussion“ zu führen, in dem sie versuchten zu vermitteln, dass Afghanistan mit den bisherigen 50.000 NATO Soldaten zu kontrollieren sei.
Die jetzige Situation führe dazu, dass zu wenig Truppen am Boden operierten und zum Ausgleich vermehrt aus der Luft bombardiert würde, mit den üblichen Kollateralschäden am Boden, die solche flächendeckende Luftangriffe verursachten.
Im gleichen Interview bestritt der Politiker jede Kenntnis über eine geplante Verstärkung der deutschen Truppenkontingents und stellte seine obigen Aussagen als „private Meinung“ dar.
Eiertanz
Direkte Fragen zur Verstärkung des deutschen Kontingentes wich er aus und äußerte stattdessen den Wunsch, dass sich auch jene NATO Staaten an dem ISAF Einsatz beteiligen sollten, die noch keine Truppen in Afghanistan hätten.
Entlarvende Feststellungen
Nach Meinung des Politikers würde die Taliban und die Al-Qaida innerhalb von sechs Wochen das Land wieder übernehmen, wenn die ISAF- Verbände abziehen würden.
Die öffentliche Meinung in Deutschland, welche für einen Truppenabzug ist, hält er lediglich für das Ergebnis einer falsch geführten Diskussion der Politik, welche Zweifel am militärischen, möglichen Erfolg hervorriefen.
Fazit
Wenn militärische Unternehmen im Scheitern begriffen sind, kommt in jedem Land der Welt der Ruf nach Verstärkung der Truppen und Ausweitung der notwendigen Anstrengungen.
Die Aussagen des Politikers sind alarmierend. Sie machen deutlich, dass mehr als fünf Jahre nach der Vertreibung der Taliban die dortige Regierung nur mit Hilfe der NATO- Truppen überlebensfähig ist und keinerlei Rückhalt in der Bevölkerung hat.
Mit anderen Worten:
Die NATO hält gegen den Willen der Bevölkerung eines Landes eine Regierung im Amt, welche gerade einmal 6 Wochen ohne die fremden Truppen überleben würde.
Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass es nicht gelungen ist eine zivile, funktionierende Gesellschaft und Wirtschaft in Afghanistan aufzubauen, welche der Bevölkerung einen Lebensstandard gewährleistet, zu dessen Verteidigung sie bereit wäre.
Mehr NATO Soldaten lösen dieses Problem nicht – sie verhindern nur die bewaffnete Machtübernahme durch die Taliban.
Vorübergehend – denn ohne die Unterstützung durch die Bevölkerung sind unsere Soldaten in Afghanistan nur Besatzungssoldaten – welche die eigentlichen Machthaber des Landes – gegen den Willen großer Teile der Bevölkerung – bekämpfen.
Anmerkung:
Dieser Artikel erscheint nicht parallel auf der R-Archiv.de.
Quelle:
Deutscher Bundestag – Presse und Kommunikation (PuK 2)