Appell an Berliner Abgeordnete: Wasser-Verträge mit RWE offenlegen

Der „Berliner Wassertisch“ müht sich um den Rückkauf der „Berliner Wasserbetriebe“ 

Berlin: Mit der Unterstützung von Bündnispartnern wie der Verbraucherzentrale Berlin, der GRÜNEN LIGA BERLIN, dem Verband der Deutschen Grundstücksnutzer (VDGN), dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungs­unter­nehmen e.V. (BBU), der IG BAU, Mehr Demokratie e.V., Berliner Mieterorganisationen, attac, Umwelt­or­ganisationen und vielen anderen hatte der „Berliner Wassertisch“ (mit nur einem Etat von 7000 Euro ausgestattet) im Juni 2007 das Volksbegehren „Unser Wasser“ unter dem Titel „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ gestartet.
Fast 40.000 Stimmen wurden abgegeben, 36.000 Stimmen waren gültig.
Es sollte den SPD-Linke-Senat dazu zwingen, die Geheimverträge mit den Konzernen RWE und Veolia Water offenzulegen, an die 1999 ein Anteil von 49,9 % der Berliner Wasserbetriebe zwecks Profiterwirtschaftung verkauft worden war.

Damals ging es um einmalig 3,1 Milliarden D-Mark, mit einer jährlichen Rendite von zusammen 520 Millionen Mark für den Senat und die Konsortien (zu diesem Zeitpunkt RWE, Vivendi und Allianz).

Nachher verlor die SPD übrigens im Oktober 1999 die Wahl in Berlin und landete bei 22.4 %.
Gegen das Vorhaben hatte die damalige PDS (heute „Linke“) zwar Verfassungsklage eingereicht, aber nur gegen die Regelungen des Privatisierungsgesetzes, nicht gegen den auf dieser Basis vom Land mit den Investoren ausgehandelte Konsortialvertrag.
So blieb dieser ominöse Vertrag sowohl weiter gültig, als auch im Schatten der traditionell gigantischen Berliner Korruption (die allein im Zuge der von den Regierungsparteien CDU und SPD verantworteten „Bankenaffäre“ die Berliner 60 Milliarden Euro (!) kostete, ohne dass das für irgendwen z.B. in der SPD ernsthafte Konsequenzen gehbt hätte).

Im Konsortialvertrag mit RWE, Vivendi und der Allianz hatte sich der damalige CDU-SPD-Senat gegenüber dem Käufer-Konsortium zu langfristigen Ausgleichszahlungen aus Landesmitteln verpflichtet, falls der Verfassungsgerichtshof eine Kürzung der im Gesetz vorgegebenen Rendite verfügen sollte.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte sich sogar skeptisch hinsichtlich der Struktur des Privatisierungsvorgangs gezeigt, bei der sich die in einer übergeordneten Holding engagierten „Kapitalgeber“ über stille Gesellschaften an den BWB als Anstalt des öffentlichen Rechts beteiligen. Hinter solchen Strukturen verberge sich in aller Regel ein „Steuersparmodell“, so damals das Verfassungsgericht.
Nun – trotz bester Chancen verlief diese Verfassungsklage der PDS und der Grünen also irgendwie im Sande.

Heute sitzt die PDS als „Linke“ in der Stadtregierung und verweigert Bürgern, und sogar Abgeordneten, die Einsicht in die Akten.
Das Volksbegehren von 36.000 Bürgern der Stadt wird vom Senat einfach nicht zugelassen. Begründung: „Höherrangiges Recht“.

„Die Initiatoren befürchten, dass mit Geheimverträgen gegen geltendes Recht verstoßen worden ist und wollen mit ihrem Gesetzesentwurf erreichen, dass die Verträge öffentlich und unabhängig überprüft werden können“, so dazu der Berliner Wassertisch in einer Presseerklärung vom 18.April.

Zur Zeit verschleiert der Wowereit-Senat also nach Ansicht der Bürgerrechtsgruppen wahrscheinlich illegale Verträge einfach vor der Öffentlichkeit. Die Justiz schweigt, die Konzernmedien schweigen, alle Parteien sowieso, die „Linke“ wie immer vorne weg. Ein Skandal ungeheuren Aussmasses.

Dennoch weigern sich sämtliche involvierten Gruppen 2011 gegen den „roten“ Wowereit-Senat mit einer eigenen Partei politisch anzutreten, die Einheitslinke soll politisch verschont bleiben.
Das macht die Beteiligten nicht glaubwürdiger.
Die Unterwerfung unter die „gemeinsame Linke“ galt schon früher manchen in der damaligen WASG Berlin als oberstes Prinzip. Der von Trotzkisten nach dem Zwangs-Anschluss der WASG an die „Linke“ gegründete Verein BASG – eine Parteigründung „gegen die gemeinsame Linke“ im Berliner Senat wurde ausdrücklich und vehement abgelehnt – hat sich mittlerweile aufgelöst.

Nichtsdestotrotz hat der „Berliner Wassertisch“ am 18.April Einspruch beim Berliner Verfassungsgerichtshof gegen die Ablehnung des Volksbegehrens durch die „gemeinsame Linke“ im Senat eingelegt und einen Brief an die von den Berlinern ins Abgeordnetenhaus gewählten Parlamentarier geschrieben, der RADIO UTOPIE vorliegt.
In diesem heisst es:

Angesichts des hohen Zuspruchs während der ersten Stufe ist es enttäuschend, dass der Berliner Senat unser Volksbegehren mit einer sehr oberflächlichen Argumentation, in der die Belange der Bevölkerung in keiner Weise berücksichtigt wurden, abgelehnt hat. Der Rot-Rote Senat setzt sich als „verlässlicher“ Vertragspartner für Verträge ein, die gegen die Interessen der Bevölkerung von einem Schwarz-Roten Senat vor nunmehr fast 10 Jahren geschlossen wurden und die noch weitere 20 Jahre gelten sollen! Damit führen sie den Berlinerinnen und Berlinern das Demokratie­defizit vor Augen: Egal wen die Bürger wählen, egal wie sich das Parlament zusammensetzt, wenn Regierungspolitik gleich welcher Coleur dazu führt, dass auf Dauer die Rechte der Privaten Konzerne höher gewichtet werden als die Rechte der Bevölkerung, dann sind demokratische Handlungs­spielräume ernsthaft gefährdet. Die Ablehnung unseres Volksbegehrens durch die jetzige Regierung ist das Eingeständnis einer demokratiefeindlichen Entwicklung.

Jaja. Aber eine Partei gründen, gegen die demokratiefeindliche „gemeinsame Linke“ an der Stadtregierung, nein, so weit will man es doch nicht treiben mit dem Begehren des Volkes nach Demokratie.
Schliesslich geht es um den Erhalt der „gemeinsamen Linken“ in der Stadtregierung, ganz gleich welche Politik die macht.
Nochmal in Zeitlupe: es geht immer nur um die „gemeinsame Linke“ in der Stadtregierung, ganz gleich welche Politik die macht.
Sie ist doch die „gemeinsame Linke“ in der Stadtregierung.

In einer öffentlichen Anhörung können wir Ihnen darlegen, dass durch unsere Gesetzesvorlage nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Konzerne, die im Monopolbereich der Berliner Wasserwirtschaft tätig sind, verletzt werden, sondern vielmehr die Interessen der Bürger, Ver­braucher und Wähler gegen die Interessen der „betroffenen“ Unternehmen mit der verfassungs­rechtlich gebotenen erforderlichen Sorgfalt abgewogen worden sind! Genau diesen Abwägungs­pro­zess haben wir bei der Senatsentscheidung vermisst. Weitere juristische wie betriebs- und volkswirts­chaftliche Aspekte würden wir gerne mit Ihnen gemeinsam erörtern. Anläßlich einer solchen Zusammenkunft können wir Ihnen auch unsere Überlegungen zur Finanzierung einer Rekommunalisierung darlegen.

Man stelle sich das vor: da schreibt man jetzt einen Bettelbrief an die „gemeinsame Linke“ in der Stadtregierung, weil die irgendwie einfach nicht möchte wie das Volk will.
Und jetzt bittet man die „gemeinsame Linke“ in der Stadtregierung doch recht, recht, rechts herrlich, sie solle doch Erbarmen haben.
Schliesslich sei sie doch die „gemeinsame Linke“ in der Stadtregierung.

Selbstverständlich stehen wir Ihnen für Rückfragen jederzeit gerne zur Verfügung. Über eine baldige Rückmeldung von Ihnen würden wir uns sehr freuen.

Wie rührend. Wie absolut rührend.
Irgendwie enden sie doch alle so, die Linken und Sozialen, ganz besonders die „Sozialisten“, die es nie hinbekommen zu beweisen dass sie auch sozial sein können:

jederzeit gerne zur Verfügung.

Für ein herzliches „Wir haun euch auf die Schnauze“ und ein paar Taten hat es noch nie gereicht. Lieber quält man sich los und sammelt 40.000 Unterschriften, bevor man hier in Berlin mal eine Partei gründet.
Lieber Alternativ-Verfassungen entwerfen, Arbeitermilizenvorbereitungstreffen andiskutieren, Kongresse abhalten, Endlospalaver, Rumdiskutieren und Papiere schreiben die man sich selbst nachher höchstens deshalb nochmal durchliest, weil sie gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen.

Aber bitte. Was ist Berlin den Linken schon wert, gegen die „gemeinsame Linke“ in der Stadtregierung?

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