„Links-Libertär“: Der Aufruf des Zion
In der etablierten Kriegs- und Hartz-Partei Bündnis 90/Die Grünen schlägt wieder ein alter Flügel der Republik
Schon die letzte Generation mit dem „X“ im Namen hatte ihre ganz Hilflosig- und Identitätslosigkeit im Schnellzug des aufkommenden, weltweiten Imperialismus zum Ausdruck gebracht.
In die nun vollkommen gewordenene kulturelle Stille in dieser ganzen bräsigen, verblödeten Republik, samt dem in innerer und äusserer Kriegführung absaufenden „Westen“, platzt nun der Aufruf einer neuen Sammlung.
Deren Vertreter in den Grünen schafften es am 15.September 2007 in der Lokhalle zu Göttingen, auf einer durch die Basis erzwungenen Sonderdelegiertenkonferenz wegen der Beteligung der grünen Parteiführung am Krieg in Afghanistan, das übliche verdächtige Establishment zu besiegen welches z.Z. jede Partei in grenzenloser Selbstgefälligkeit und Heuchelei beherrscht.
Wesentlicher Akteur damals und in dem nun von Mitgliedern mehrerer Parteien unterschriebenen und gesellschaftlich übergreifenden Aufruf: der Philosoph Robert Zion.
Der Aufruf beinhaltet all das, wozu die politischen Parteien bislang nicht imstande waren auch nur ansatzweise zu begreifen oder gar umzusetzen und ist Lichtjahre von den Linksmonarchisten um Lafontaine und Gysi entfernt.
Er ist nicht perfekt, sondern ein Anfang. Den braucht es immer wieder, gerade wenn er Tradition hat, genau wie die penetranten Versuche einen solchen Anfang sofort zu zerstören, kleinzureden, mies zu machen oder zu zerreden.
Genau wie das ganze Dummgequatsche und sinnfreie Gesabbel ohne Inhalt, was den Menschen ihre seit der französischen Revolution 1789 schriftlich manifestierten Bürger- und Menschenrechte aus den Fingern stehlen soll, zu Fahrstuhlgerede mit Fahrstuhlinhalten von Fahrstuhlgesichtern mit Fahrstuhlklamotten zu Fahrstuhlmusik und dem ganzen Bullshit, so ist auch die Politik, die Kultur, die Parteien, die Gesellschaft der Deutschen mit sich selbst so leer geworden, so hohl und im Argen, dass es an allen Ecken und Fugen kracht.
Dumm verdient gut, nur die Langeweile zählt, nichts, nichts, nichts ausser Fassaden mit Lala, es musste ja so kommen, es musste was passieren, da haben wir´s, das kommt davon, sie wollten ja nicht hören, nun müssen sie springen.
Wohlan denn.
Rock´n`Roll.
Wir sind nicht mehr länger die Generation X, die den Partei- und Wirtschaftsführern zuruft: „Here we are now, entertain us“ (Nirvana).
Wir waren schon bei den Ärzten und sind immer noch für Visionen.
Aber das ewig uneingelöste Versprechen der Vollbeschäftigung haben wir nicht mehr anzubieten. Wohlstand besteht für uns nicht mehr darin, „eine Arbeit zu machen, die wir hassen, um uns eine Scheiße zu kaufen, die wir nicht brauchen“ (Fight Club);
nicht in einem Sozialstaat, der arm macht, der kommandiert, gängelt und kontrolliert; nicht aus einer gelenkten Demokratie und einer Politik, die ihre Visionslosigkeit als „Vermittlungsproblem“ verkauft;
nicht in vermeintlich „notwendigen Grausamkeiten“. Was wir anzubieten haben, ist Freiheit und Solidarität.
Nein, ein solidarischer Individualismus ist keine Widerspruch, wir sind der Überzeugung, dass es eine Gesellschaft geben kann, “worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“ (Karl Marx, 1848).
(räusper..)
Und darum nennen wir einen Krieg immer noch einen Krieg und halten Armut und Ausgrenzung immer noch für einen Skandal; darum sind wir aus Überzeugung emanzipatorisch und links, was für uns dasselbe ist.
Was wir anzubieten haben, ist soziale Gerechtigkeit, was wir wollen, ist Zugang – zu Bildung, Wissen, sozialer Teilhabe, Kultur, Information, Mobilität, Arbeit –, was wir fordern, ist – für beide Geschlechter – die Möglichkeit der freien Wahl.Wir glauben nicht mehr daran, dass die Regeln und Rhythmen der Familie, der alten Schule, der Kaserne und der Fabrik die Modelle und Hüllen für unser Leben, Lieben und Arbeiten sind, wir treten aufs freie Feld hinaus und aus der Industriegesellschaft heraus.
Niemand sollte sich ein menschenwürdiges Leben erst auf einem Marktplatz verdienen müssen, ein neues soziales Fundament verlangt daher nach einer neuen Garantie.
Was wir anzubieten haben, ist keine Gesellschaft, die ihre Zukunft an die Vermögenden verschenkt, was wir daher wollen sind neue Anerkennungs und Entlohnungsformen für Arbeit und ein Grundeinkommen für alle.Denn ohne soziale Rechte, ohne die Garantie der Teilhabe und einer materiellen
Basis, bleiben für zu viele die Menschen-, Bürger- und Frauenrechte
nur geduldiges Papier.Und daher ist und bleibt unser Ziel, die Beteiligung aller an politischer, ökonomischer,
sozialer und kultureller Macht,wir nennen dies die uneingeschränkte Demokratie. Wir glauben nicht daran, dass das Talent in die Wiege gelegt wird, denn jeder Mensch hat seine Potentiale.
Was wir daher wollen, ist eine Revolution unseres Bildungssystems. Schluss mit Lernfabriken
und Gebühren, Schluss mit dem Aussortieren nach der Herkunft, Schluss mit Turbo-Studiengängen und Turbo-Abitur!Investieren wir unseren Reichtum in die Potentiale der Menschen, in ihre Bildung und Entfaltung, in das uns Gemeinsame und unsere Kultur, nicht mehr in Luxusvillen und
Luxusreisen, nicht mehr in Luxusautos, nicht mehr in den ganzen privaten Ersatzplunder.Wir sind noch nicht verloren, wenn wir nicht vergessen, „dass die Früchte allen
gehören und dass die Erde niemandem gehört“ (Jean-Jacques Rousseau, 1755). Doch die erste Umwelt jedes Menschen ist das Soziale, es ist das erste Klima das uns prägt. Darum gibt es ohne ein Ende der Ausbeutung des Menschen auch kein Ende der Ausbeutung der
Natur.Was wir daher wollen, ist die gerechte Verteilung, ökonomische Selbstbestimmung und dezentrale Strukturen, stoffliche Kreisläufe zwischen Mensch und Natur, das Ende des fossilen
Zeitalters und zu 100 Prozent erneuerbare Energien.Wer die Anwendung von Gewalt als Mittel von Politik akzeptiert oder auch nur duldet, der/die
hat eine gute Zukunft bereits aufgegeben.Daher werden wir nie mit dem Krieg unseren Frieden machen, ihn nie vorbereiten, dulden,
akzeptieren oder gar verstehen. Wir sterben und töten nicht für Gott oder das Vaterland, nicht für unseren Reichtum und die Absatzmärkte der Konzerne, nicht für Rohstoffe und nicht für die Ehre oder die Nation.
Wir werden uns mit dem “Imperium der Schande“ (Jean Ziegler) nie arrangieren, nicht mit dem Hunger in der Welt, Unterdrückung, Rassismus und dem Ressentiment, nicht mit enttäuschten Idealen und bequemen Antworten, nicht mit der unerbittlichen Logik des einfachsten
Wegs.Der Marsch einer Generation durch und in die Institutionen ist uns bei Weitem nicht
genug. Darum begreifen wir über ein viertel Jahrhundert Geschichte unserer Partei für uns
auch als Herausforderung der permanenten Erneuerung ihrer Programmatik, ihrer Identität
und Motivation.
Wir verstehen uns daher auch als die Hüter-Innen unserer vier Grundsäulen, als Arbeiter-
Innen an ihrem Fundament. Ökologisch und sozial sind unsere Grundüberzeugungen, basisdemokratisch unsere Mittel und die Gewaltfreiheit in den menschlichen, sozialen,
ökonomischen, kulturellen und internationalen Beziehungen ist nach wie vor unser Ziel.Was also, wenn nicht links?
Weil wir wissen, dass der Ethos einer Gesellschaft sich daran bemisst, wie diese mit ihren Geringsten und ihren natürlichen Lebensgrundlagen umgeht, sind wir Wertkonservative.
Weil wir wissen, dass die Menschen- und Bürgerrechte ohne die Garantie einer materiellen Basis nur leere Ideale bleiben, sind wir Menschen- und Bürgerrechtsliberale.Und eben weil wir wissen, dass die Zufälle des Marktes und der Herkunft solche Ungleichheiten und Ausgrenzungen schaffen, sind wir Linke.
Wer, wenn nicht wir?Eine neue Zeit verlangt neue Akteure, ein neues Sensorium, eine neue Sprache, eine neue Politisierung und neue Bündnisse. Ein solidarischer Individualismus verlangt nach einer allen gemeinsamen neuen Basis.
Daher machen wir allen, die mit uns aufs freie Feld hinaus und aus der Industriegesellschaft heraus treten wollen, ein neues Angebot, den ÖkologInnen, den FreiberuflerInnen und Selbstständigen, den Friedensbewegten, den FeministInnen und MigrantInnen, den Prekarisierten, den Erwerbsarbeitslosen, den Kreativen und der digitalen Bohème.
Wann, wenn nicht jetzt?
Nach dem Zeitalter des Neokonservativismus in der Innen- und Außenpolitikund des Neoliberalismus in der Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitspolitik, sehen wir uns mit der Gesamtlinken auch vor einer gemeinsamen neuen Aufgabe:
die strukturelle linke Mehrheit im Land, von der bereits Willy Brandt sprach, wieder zu realisieren.
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