Unter diesem Titel fand am 26. September eine Veranstaltung zum Thema im Seniorenclub am Lindenufer statt. Es wurde mit dem Sozialstadtrat, der Kampagne gegen Zwangsumzüge, der Berliner Mietergemeinschaft und Betroffenen darüber diskutiert, welche Wohnsituation es in Berlin gibt, welche Auswirkungen die AV Wohnen (Ausführungsvorschriften Wohnen) für ALG2 Bezieher hat und welche Pläne im Senat derzeit diskutiert werden. Sozialsenatorin Heidi-Knake Werner musste leider aus terminlichen Gründen kurzfristig absagen.
Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft stellte die Wohnungsmarkt- und Mietsituation in Berlin dar. In seiner Argumentation sind die erfolgten Privatisierungen, die Aufwertungen einfacher Wohnlagen und ein kaum stattfindender Wohnungsbau die Hauptgründe, warum auch in Berlin der Wohnungsmarkt im Umbruch ist. Stetig steigende Mietpreise, die für eine Großstadt wie Berlin noch als moderat zu bezeichnen sind, werden durch ein verringertes Angebot an preisgünstigen und guten Wohnlagen ergänzt. Wirtschaftlich leistungsschwache Haushalte können bei den steigenden Mieten zunehmend nicht mehr mithalten.
Bei ALG2 Beziehern gibt es Höchstgrenzen für die Kostenübernahme bei Warmmieten (nach der AV Wohnen). In der Folge werden diese Bevölkerungsgruppen zunehmend aus den Wohngebieten verdrängt, damit wird die soziale Durchmischung aufgebrochen. In den Randgebieten der Stadt, wo die Mieten billiger sind, siedeln sie sich wieder an. Zur Zeit sind die stark steigenden Heizungskosten ein Riesenproblem. Es werden viele Mieter Nachzahlungen bekommen und die Mieten werden sicherlich steigen.
Karin Baumert von der Kampagne gegen Zwangsumzüge schilderte eindrucksvoll, welche Wirkungen der Druck auf Arbeitslose hinterlässt. Vor allem, wenn ein Wohnungswechsel die Gefahr birgt, das soziale Umfeld (Verlust von Freundschaften, Kontakte) zu verlieren. Ihre Kritik richtet sich in erster Linie an die Jobcenter und der fast willkürlichen Anwendung oder Auslegung der AV Wohnen. Nicht nur, dass die AV Wohnen lückenhaft ist, viele Aspekte sind im Alltag nicht geregelt und der Betroffene steht meist allein da.
Häufig werden den Betroffenen Leistungen vorenthalten oder werden zu Unrecht beschuldigt, Leistungen zu beziehen. Die Mehrzahl der Gerichtsprozesse beim Sozialgericht ist auf mangelnde gesetzliche Regelungen und auf die „willkürliche“ Auslegung und Behandlung von ALG2 Empfängern zurück zu führen. Der Personalnotstand in den Jobcentern führt zu überlangen Wartezeiten.
Damit sich der Sozialstadtrat von Spandau, Martin Matz ein Bild davon machen könne, welche Probleme die Betroffene mit ihren Wohnungen haben, lud sie ihn ein, an dem Nottelefon „gegen Zwangsumzüge“ einen Tag lang mitzuwirken.
Spandau Sozialstadtrat Martin Matz (SPD), erklärte auf die Frage, ob er die Reformen seiner Partei mit Hartz 4 als richtig empfinde, dass es auch heute noch richtig sei, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammen zu führen. Er sei bei einigen Regelungen des ALG2 aber durchaus auch der Meinung, dass handwerkliche Fehler gemacht wurden. Insgesamt findet er es gerecht, wenn auch von Arbeitslosen Gegenleistungen erwartet werden. Überhaupt sieht er die Lösung der Problematik darin, diese in Beschäftigung zu bringen.
Die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit ist aus seiner Sicht das Hauptproblem. Insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit und die Gefahr der Abhängigen-Generationen, müsse aufgebrochen werden. Soziale Verdrängung ist in Spandau noch kein Thema, aber die mögliche Gettoisierung sozialer Randgruppen könnte eines werden.
Im Senat werde diskutiert, ob die Pauschalierte Mietobergrenze angehoben werde (wie die Linke fordert) oder ob die Brutto-Kaltmieten von den Heizkosten getrennt betrachtet werden sollen (Vorschlag SPD). Die AV Wohnen wird geändert, sicher scheint zu sein, dass die „Schonfrist“ von einem Jahr bei unangemessenen Kosten der Unterkunft fallen wird.
An Ende der Veranstaltung wurde ein Entwurf für eine Resolution zur Abstimmung vorgelegt, der mit Änderungen durch die Mehrheit verabschiedet wurde.
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