Am 19. November waren die Meldungen voll von der heldenhaften indischen Marine. Dem Kriegsschiff INS Tabar sei, so las man in einer Meldung der Nachrichtenagentur afp, „ein Schlag gegen die Piraten vor der Küste Somalias“ gelungen. An Bord wären „Piraten mit Maschinengewehren und Panzerabwehrraketen postiert“ gewesen. Diese hätten „auf die INS Tabar gefeuert, die daraufhin „zurückgeschossen“ habe. Das „Mutterschiff“ sei bei dem Gefecht „komplett zerstört worden“.
Nun stellt sich heraus: das war, naja, eine kleine Stiefschwester aller Kriegslügen.
Durch die INS Tabar, übrigens ein Kriegsschiff russischer Produktion, wurde ein Fischkutter namens „Ekawat Nava 5“ versenkt und kein „Piraten-Mutterschiff“. Soviel ist mittlerweile bestätigt, ausser durch die indische Marine selbst.
Dabei wurden 14 (manche Quellen sprechen von 15) Fischer durch die indische Marine ermordet. Einer überlebte, schwamm 6 Tage im Meer, wurde dann noch gerettet und liegt nun in einem Krankenhaus im Jemen.
Mit dem Überlebenden sprach bisher niemand. Jedenfalls niemand aus der Presse. Aber in Bangkok stellte sich nun der „Managing Director“ von „Sirichai Fisheries“, Wicharn Sirichaiekawat, vor die Presse und erzählte eine Story, die gut mit der indischen Marine mithält. Die Darstellung wurde weltweit völlig anders wieder gegeben.
NEBELKERZEN, AUSREDEN UND WIDERSPRÜCHE
Zuerst einmal: in Kuala Lumpur, der Haupstadt von Malaysien, hat das „International Maritime Bureau“ (IMB) ein viel zitiertes „Anti-Piraten-Zentrum“.
Praktisch jede Meldung über ein entführtes Schiff vor Afrika im Arabischen Meer kommt von hier. Die weltweite Presse hält auch zu offensichtlichen Absurdidäten mucksmäuschenstill und übernimmt alles ohne Widerrede.
Das hat vielleicht damit zu tun, dass dieses „internationale Meeresbüro“ IMB keine staatliche Behörde, sondern eine Einrichtung der Internationalen Handelskammer ist, welche ihren Sitz in London hat. Die Internationale Handelskammer wiederum wurde nach dem 1.Weltkrieg geschaffen, vor allem um die Reperationszahlungen des besiegten Deutschlands zu überwachen.
Hier nun die Darstellung des „International Herald Tribune“ über die Darstellung des „Managing Director“ von „Sirichai Fisheries“, Wicharn Sirichaiekawat, in einem Telefoninterview aus Bangkok.
Das Fischerboot sei bereits am Morgen des 18.Novembers durch „Piraten“ entführt worden. Es habe einen Peilsender an Bord gehabt. Seine Firma hätte von der Entführung erfahren und die Position des Bootes an das IMB der Internationalen Handelskammer weitergegeben.
Noel Choong, Megafon und Vorsitzender der IMB, wird nun vom „International Herald Tribune“ wie folgt zitiert:
„Wir erhielten den Bericht und sandten die Information raus. Die Thai-Firma hat sich richtig verhalten“.
Häfen und Kriegsschiffe der „Koalitionsflotten“ seien informiert worden, so Choong vom „Anti-Piraten-Zentrum“ der IMB der Internationalen Handelskammer (mit Sitz in London) zur Presse.
Dann habe sich ein britisches Kriegsschiff dem Fischkutter genähert.
Was?
Nochmal in Zeitlupe…
Dann habe sich, so der Besitzer des Fischerkutters, Wicharn Sirichaiekawat, in seinem Telefoninterview aus Bangkok, ein Kriegsschiff aus Grossbritannien dem Fischtrawler Ekawat Nava 5 genähert, welches ja einen Tag zuvor von Piraten entführt worden sei.
Und dann hätten die Piraten das britische Kriegsschiff angegriffen und seien…
Nee, Moment mal.
„Die Piraten“ hätten die gefangenen Fischer als „lebende Schutzschilde“ gebraucht…dann hätte das britische Kriegsschiff Sorge um die Fischer gehabt…und dann sei das britisch-königliche Kriegsschiff einfach wieder abgedampft.
Aber hey – es geht noch weiter.
Laut Schiffinhaber Wicharn Sirichaiekawat in seinem Telefoninterview aus Bangkok sei dann gegen 7 Uhr abends Ortszeit, dunkel war´s der Mond schien helle, das indische Kriegsschiff INS Tabar aufgekreuzt. Das Statement der glorreichen indischen Marine dazu:
„Dieses Schiff war ähnlich dem wie in einer Beschreibung des „Mutterschiffs“ in mehreren Piraten-Bulletins“
(Der „International Herald Tribune“ erzählt an dieser Stelle auch gleich ungefragt, dass „Piraten-Mutterschiffe oft grössere Fischerkutter“ wären.)
Das Kriegsschiff Indiens, so der Besitzer weiter, habe nun den thailändischen Fischfangkutter gestoppt um ihn zu durchsuchen.
Daraufin hätten „die Piraten“ dann damit gedroht, das indische Kriegsschiff „in die Luft zu jagen“.
Und dann hätten „die Piraten“ von der Mutter aller Fischkutter auf das Kriegsschiff (bitte mal oben gucken) gefeuert.
Und da, so die indische Marine, habe man natürlich zurückgeschossen. Schliesslich habe man sich gegen den Fischkutter ja verteidigen müssen, den man für das Mutterschiff aller Piraten gehalten habe (weil es so dunkel gewesen sei und sie leider keine Lampen dabei gehabt hätten, etc, etc.)
Dann habe man zwar keine Überlebenden, aber noch ein Speedboat gefunden (mit dem der Fischkutter ja einen Tag zuvor entführt worden und irgendwie noch in der Gegend war).
Und jetzt, hihihi — ein Schnellboot sei entkommen.
Huuuhuuhuhhaahahaohohoooiihihi…
Gut. Unterhaltungswert hoch. Nun passt das natürlich nicht zu den ganzen Dummbatzhohlkopfkloppereien, welche z.B. die „Tagesschau“´wieder losgelassen hat. Die schickt ihre Leute auch öfter zum Kaffee holen als auf Recherche.
“ Laut Eigner habe sich das Schiff mit 16 Mann Besatzung in der Gewalt von Piraten befunden, als es von der indischen Fregatte beschossen wurde. „Alle Crewmitglieder waren gefesselt, als die indische Marine angriff“, sagte ein Außenamtssprecher unter Berufung auf einen Überlebenden. Ein Besatzungsmitglied sei getötet worden, die anderen 14 würden vermisst.“
Der hier erwähnte „Aussenamtssprecher“ ist übrigens das Außenministerium von Thailand.
Wohlgemerkt: das wollte man vom Überlebenden wissen, mit dem aber niemand geredet hatte. Geredet hat mit dem Überlebenden nach eigener Aussage der Besitzer des Bootes, Wicharn Sirichaiekawat, und der sagte in dem Telefon-Interview mit dem International Herald Tribune dazu folgendes:
Die Fischer auf ihrem Boot seien von den Indern erschossen worden, nicht von den „Piraten“. Der Kapitän sei in die Beine getroffen worden. Mehrere Fischer seien daraufhin ins Meer gesprungen.
Wie kann man das, wenn man „gefesselt“ ist?
Die „BBC“ wiederum meldet, der Besitzer des Bootes, Wicharn Sirichaiekawat, habe Reportern in Bangkok eine ganz andere Geschichte erzählt. „Piraten“ hätten sich in zwei Schnellbooten dem Fischkutter genähert und seien „gerade erst dabei gewesen“ diesen zu entern, als die INS Tabar aufgetaucht sei.
Das steht auch im absoluten Gegensatz zu der oben erwähnten von der Story welche Sirichaiekawat angeblich in dem Telefoninterview mit dem „International Herald Tribune“ erzählte, nämlich dass der Fischkutter bereits am 18. entführt worden und er, Sirichaiekawat, dies auch an die IMB in Kuala Lumpur gemeldet habe, was dessen Chef Noel Choong ja auch bestätigt hatte.
Die Marine Indiens liess „drei bis 4 Stunden“ („for about three to four more hours“) auf das nun als Fischerboot identifizierte Schiff feuern, solange bis es endlich sank.
Eine schwere Explosion auf dem Boot bezeichnete die Marine Indiens als „Explosion eines Waffenlagers“.
Und um noch einen oben drauf zu setzen, meldet „Fox News“, ein „über den Vorfall informierter US-Beamter“ habe gesagt, es gäbe keinen Beweis dass auf dem Fischkutter überhaupt Piraten waren.
Es seien zwar Bewaffnete an Bord des Fischtrawlers gewesen. Aber vielleicht seien das ja keine Piraten gewesen, so der US-Beamte.
FAZIT
Es sieht alles nach einem ganz gewöhnlichen Kriegsverbrechen durch die indischen Militärs aus, um die eigene Präsenz in der Region zu rechtfertigen und sich vor der Öffentlichkeit durch irgendein Massaker aufzuspielen.
Militärs sind so.
Die Rolle des, während des Vorfalls ausgerechnet in Indien weilendenden deutschen Aussenministers Frank Steinmeier, die der Bundesregierung insgesamt, sowie die der umtriebigen deutschen Marineführung samt ihrer Kräfte vor Ort, wie des ebenfalls heldenhaft in Aktion getretenen Kriegsschiffes „Karlsruhe“, wird noch zu beleuchten sein.
(…)
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letzte Korrektur: 27.11.,21.07 Uhr