Presseerklärung des Gesprächskreises Nachrichtendienste in Deutschland e. V.
Der GKND hat sich bei der Bewertung der Ereignisse um die Verhaftung von hauptamtlichen BND-Mitarbeitern (nicht: Agenten) im Kosovo mangels näherer Informationen bisher zurückgehalten. Inzwischen kann man immer noch nicht von einer vollständigen Unterrichtung der Öffentlichkeit sprechen. Es ist aber klar geworden, dass sich sowohl das Bundeskanzleramt als auch die Medien widersprüchlich zu Lasten des BND geäußert haben.
Anfangs drückte sich das offenbar allgemeine, zum Teil immer noch historisch bedingte, Misstrauen gegenüber dem BND in wilden, unverantwortlichen Spekulationen über eine mögliche kriminelle Täterschaft von BND-Angehörigen aus.
In einer späteren Phase der Auseinandersetzung kam es zu einem über die Medien geführten Schlagabtausch zwischen anonymen BND-Mitarbeitern, die eine angemessene Fürsorge seitens vorgesetzter Stellen vermissten und sich nicht mit offenem Visier zur Wehr setzen dürfen, und Vertretern des Bundeskanzleramtes, die ihrerseits Defizite in Kommunikation und Professionalität beim BND feststellten.
Am Ende kam es auch noch zu einer Einbeziehung des Außenministers in die Gruppe der Belasteten. Es mag tatsächlich auf der Seite aller Beteiligten Fehlverhalten und Mängel gegeben haben. Dies können und wollen wir nicht im Einzelnen bewerten. Es geht uns auch nicht darum, die Spitze des BND in Schutz zu nehmen (wogegen sie sich auch verwahren dürfte).
Die Art und Weise aber, wie die Institution BND und ihre Mitarbeiterschaft sich erneut in der Öffentlichkeit vorführen lassen mussten und wie auf Kosten des BND durchsichtige Politik einschließlich Personalpolitik gemacht wurde, verrät eine Übermaßreaktion, die mit dem eigentlichen Anlass nichts mehr zu tun hat und der Arbeitsfähigkeit und dem Image des BND nur schadet.
So wird die jüngste Vertrauenserklärung von Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt gegenüber dem BND-Präsidenten – im Widerspruch zu vorangegangenen heftigen Vorwürfen aus dem Bundeskanzleramt – durch den Eindruck abgewertet, dass es hier eigentlich gar nicht mehr um den BND, sondern um koalitionspolitische Rücksicht und zugleich um die Erleichterung einer Lösung des leidigen Personalproblems geht.
Diese Reaktion scheint jedenfalls nicht Ausdruck eines ausgeprägten Gefühls der Verantwortung gegenüber dem BND und seinen Mitarbeitern zu sein.
Vielmehr sollten sich die im Bundestag vertretenen Parteien und die Bundesregierung darüber klar werden, dass eine global agierende Mittelmacht, wie die Bundesrepublik Deutschland, einen leistungsfähigen Auslandsnachrichtendienst braucht, der gerade auch in kritischen Situationen der aktiven Bestätigung und Unterstützung bedarf.
Dieses Defizit wird zunehmend auch von einzelnen Journalisten erkannt, aus deren Sicht der BND mehr Respekt und Unterstützung verdient.
Es wird höchste Zeit, dass die aus den letzten Jahrzehnten bekannten Verhaltensmuster im Umgang zwischen Politik, Medien und dem BND überprüft werden. Es muß stärker ins allgemeine Bewusstsein dringen, welch schwierige und sensible Arbeit im Interesse unserer Sicherheits- und Außenpolitik geleistet wird. Es sollte auch respektiert werden, dass diese Arbeit häufig gefahrengeneigt und zugleich manchmal angesichts ihres Schwierigkeitsgrades fehlerbehaftet sein und scheitern kann.
Ohne eine Rückendeckung durch unsere Gesellschaft und durch die Politik wird aus dem BND eine Ansammlung von allein gelassenen, frustrierten Menschen ohne Engagement, die das risikolose Überleben in der grauen Bürokratie anstreben. Daran kann unser Land nicht interessiert sein.
Dabei gibt es kaum einen Vorgang des BND, der in den letzten Jahren von Medien und Politik skandalisiert wurde und nicht zugleich auch die aktive und produktive Seite der BND-Arbeit deutlich machte. Diese Seite wird aber in der Öffentlichkeit nur zurückhaltend zur Kenntnis genommen. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise zu denken an
– den Einsatz von BND-Mitarbeitern während des letzten Irak-Krieges in Bagdad, womit unter erheblichen persönlichen Risiken die Eigenständigkeit des BND in der Lagebeobachtung und die Unabhängigkeit von den kriegführenden USA unter Beweis gestellt wurden
– die technische Erfassung von Teilen der E-Mail-Kommunikation in Afghanistan, womit Informationen gewonnen wurden, die u.a. der Sicherheit von Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan dienen sollten
– den jüngsten Fall im Kosovo, wo es darum ging, mit geeigneter nachrichtendienstlicher Methodik Informationen über die prekäre Sicherheitslage zu sammeln, die für die deutsche Politik gegenüber dem Kosovo und für den Einsatz der Bundeswehr von Bedeutung erscheinen.
Mit dieser Darstellung sollen die Probleme und Fehler, wie sie ebenfalls in diesen und anderen in der Öffentlichkeit und in parlamentarischen Untersuchungen behandelten Vorgängen erkannt worden sind, nicht verharmlost werden. Es bedarf aber bei der kritischen Beurteilung solcher Vorgänge einer – bisher vernachlässigten -angemessenen Abwägung im Verhältnis zur Frage der richtigen Ziele, der richtigen Methoden und der erzielten Erfolge des Dienstes.
Ferner bedarf es einer reformierten parlamentarischen Kontrolle, die eine solche Abwägung in der Öffentlichkeit wirksam unterstützt und es den Menschen erleichtert, gegenüber dem BND ebenso wie gegenüber anderen deutschen Diensten ein Mindestmaß an Vertrauen und Respekt zu entwickeln.
gez. Wolbert Smidt
Anmerkung ter:
Zustimmung, ein Mindestmaß an Vertrauen und Respekt wäre wünschenswert – im Verhältnis des BND zur Presse.