BND: Staatsgeheimnis III

Der Verdacht, der BND – besser QB 30 – habe gegen einen Journalisten Erpressungsmaterial gesammelt, hat den BND- Untersuchungsausschuss erreicht. Der Abgeordnete Christian Ströbele (GRÜNE) befragte den Sonderermittler des Bundestages Prof. Dr. Gerhard Schäfer gezielt nach Observationsvideos.

Der Zeuge kennt aber nur einen BND-Video-Film, der die Umgebung des Friedensforschungsinstitutes von Erich Schmidt-Eeenboom zeigt und widerspricht der Behauptung des Zeugen Schmidt-Eenboom, das es Hinweise auf eine technische Abschöpfung (Einsatz von Laser- Richtmikrophone) gebe.

 

Wie entstand der Schäfer Bericht?

Der Bundestag kann auf eine Bundesbehörde nicht direkt zugreifen – sein Ansprechpartner ist die Bundesregierung, dies gilt auch für das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) zur Überwachung der Geheimdienste.

Aufgrund eines Artikels in der Berliner Zeitung (von Andreas Förster) entstand der Verdacht, dass der BND Journalisten rechtswidrig überwacht habe, weshalb die PKG Prof. Dr. Schäfer als Sachverständigen einschaltete, der die Aktivitäten des BND in dieser Richtung überprüfen sollte.

Der Zeuge Schäfer stellte gemäß diesem Auftrag der PKG Auskunftsersuchen an das Bundeskanzleramt (BK), bekam vom BK einen BND- Beamten zugeteilt, mit dem er gemeinsam in Pullach das Archivmaterial sichtete.

Wenn ich an einem Ort der Welt nicht arbeiten möchte, dann ist es das Archiv eines Geheimdienstes. Die Masse des dort eingelagerten Materials ist schlicht „erschlagend“.

So ging es auch dem Zeugen, weshalb er auf drei BND-Interne- Untersuchungsberichte zurückgriff, die sich mit der Journalistenaffäre beschäftigten und ließ sich einzelne Akten, welche diesen Berichten zugrunde lagen vorlegen, um diese Akten durchzuarbeiten und die von diesen Akten ausgehende oder vermutende Spuren weiter zu verfolgen.

Dies ist das übliche Vorgehen bei einer Aktenprüfung und ist nicht zu beanstanden. Kein Mensch kann in wenigen Wochen etwa 6.000 Akten – die nach Aussage des Zeugen in einem chaotischen Zustand waren, (Ablage nach dem Prinzip Zufall) – durchlesen und durcharbeiten, auch kein ehemaliger Strafrichter am BGH.

Vorzuwerfen habe ich dem Zeugen Schäfer, das er es unterlassen hat die Beamte der QB 30 zu befragen und die betroffenen Journalisten nicht befragte.

Das Ergebnis seiner Arbeit findet sich im so genannten Schäfer Bericht, von dem es drei Versionen gibt.

Die erste Version ist mit vielen Details gespickt, die in der zweiten Version ausgedünnt wurden und in der dritten Version – die dann auch zum Teil anonymisiert veröffentlicht wurde – gar nicht mehr zu finden sind.

Die betroffenen Journalisten wurden erst nach Fertigstellung der dritten Version gehört – bereits in diesem Punkt ergeben sich Widersprüche, so will Erich Schmidt-Eenboom auf sein Katz und Maus Spiel (in Sachen Koch) hingewiesen haben, was der Zeuge bestreitet.

Das dieser Schäfer-Bericht nicht die volle Wahrheit ist wurde durch die Vernehmung des Staatsministers a.D. Bernd Schmidbauer klar, nach dessen Aussage es 1992 im BND – neben Wilhelm Dietl – noch mindestens einen weiteren Journalisten gegeben hat (vermutlich zwei oder drei), der im Ausland als BND-Agent unter der journalistischen Tarnung arbeiteten.

Bernd Schmidbauer spricht in seiner Zeugenaussage von mindestes zwei oder drei – mit Wilhelm Dietl vergleichbare – Fälle, die er 1992 beendet habe, wobei er einen dieses „Medienvertreter“ nicht als Journalisten qualifizieren will, sondern als Nachrichtenhändler.

Rechtliche Beurteilung:

Der Zeuge Schäfer bleibt bei seiner rechtlichen Beurteilung, dass die Observation der betroffenen Journalisten rechtmäßig seien, lediglich die Observation von Erich Schmidt Eenboom sei unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig gewesen, weil der BND

a)      es unterlassen hat vorher sechs verdächtige Mitarbeiter zu überprüfen und/oder

b)      weil die Dauer und Intensität der Überwachung unverhältnismäßig gewesen sei.

 

Ich wage – auf Grund der Cicero- Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu widersprechen – nur dann wenn es einen Verdacht gegen einen konkreten Geheimnisverräter gibt, kann auch rechtlich gegen den Journalisten mit Observationen oder Hausdurchsuchungen vorgegangen werden.

 

Es ist ein glatter Verstoß gegen die Pressefreiheit, wenn auf Grund der Berichterstattung – in dem klassifizierten Material – Verwendung gefunden hat, derartige, schwere Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht einer Person/Journalisten vorgenommen werden.

 

Wir Journalisten sind nicht die präventiven Fliegenfänger für Behörden, nur weil diese zu doof sind, die Geheimnisverräter in den eigenen Reihen zu finden – nicht jeder Presseinformant ist ein Geheimnisverräter und diese – meine Informanten – haben ein Recht, unerkannt zu bleiben, wenn sie mit der Information keine Straftaten begehen.

 

Unabhängig davon ist festzustellen, wer glaubt, wir treffen uns mit Informanten, die Geheimnisverrat begehen könnten, in der Kneipe um die Ecke oder in den eigenen Räumen ist ein Depp. Das Wissen wie mögliche Observanten abzuschütteln sind gehört zum ABC des Berufes.

 

Ich habe vor einigen Monaten eine kommerzielle Recherche im Sicherheitsbereich abgebrochen, weil ein Auftraggeber meinte, ich würde tatsächlich meine Informanten in den Sicherheitsbehörden vom heimischen Telefon aus kontaktieren (andere Möglichkeiten hatte ich damals nicht) und ihm die Liste der Kontakte zur Verfügung stellen. Als dieser Auftraggeber, der mit Peanuts bezahlen wollte, dann auch noch unbedingt Fotos von mir brauchte, die er ohne meine Genehmigung machte, war der Verdacht der Falle so evident, dass ich auf den Auftrag gerne verzichtet habe. So benehmen sich Vollidioten oder V-Leute.

Tatsächliche Einschätzung:

Während ich meine Zweifel habe, ob Erich Schmidt-Eenboom tatsächlich V-Mann des BND war, was dieser in seiner Zeugenaussage heftig bestritt, blieb der Zeuge Dr. Gerhard Schäfer bei dieser seiner Einschätzung, da Erich Schmidt-Eenboom gezielt Kontakt zum BND gesucht und aufrecht erhalten habe.

Verhalten des BND gegenüber den Betroffenen:

Der BND hat sich bei Erich Schmidt-Eenboom entschuldigt und 7.000 € Schmerzensgeld angeboten. Die Kosten für eine Zahnbehandlung – die notwendig wurde, weil der Betroffene in der mentalen Verarbeitung der bekannt gewordenen Observation – im Schlaf mit den Zähnen knirschte und sich dabei Schäden zufügte, will der BND nicht bezahlen.

Auch im Falle des Journalisten und Publizisten Ulrich Ritzel lehnte es der BND ab, dessen Anwaltskosten zu übernehmen, obwohl dieser Mann gar nichts im Schäfer Bericht verloren hatte, sondern durch schlampige „Dienstausweisaufklärung“ und einer Lüge (des BND Beamten) in die BND Akten kam.

Der Fall des Ulrich Ritzel macht klar, das jede x-beliebige Person in Ermittlungsakten auftauchen kann, obwohl sie mit der Sache gar nichts zu tun hat.

Es ging um die Aufklärung von einem Besuchen von Erich Schmidt-Eenboom. Der BND hatte ein Autokennzeichen dieses Besuchers und ein Foto. Folgte dem Besucher von Weilheim nach München. Von München nach Ulm – bis zu dessen Wohnhaus, wo der Name deutlich am Klingelbrett stand.

Dann marschierte dieser Dienstausweisaufklärer zur Polizeidirektion Ulm, legte das Foto des Observierten vor und bekam die falsche Auskunft, dass dieser Besucher von Erich Schmidt- Eenboom Ulrich  Ritzel gewesen sei.

In den BND- Akten taucht damit der Name Ulrich Ritzel auf – Beweis: Foto und Autokennzeichen. Aus dem Chefreporter machte der BND dann auch noch einen Chefredakteur.

Peinlich, das Foto zeigte den STERN- Journalisten Hans Peter Schütz. Auf Ulrich Ritzel war zum fraglichen Zeitraum gar kein Auto zugelassen – es wurde schlicht schlampig ermittelt und sogar gelogen, in dem ein nicht überprüftes Autokennzeichen als Beweismittel angegeben wurde.

Aber nein – der BND übernimmt natürlich nicht die Anwaltskosten des Betroffenen – der selbstverständlich wissen wollte, warum er im Schäfer Bericht namentlich genannt wurde, obwohl er gar nicht bei Erich Schmidt- Eenboom war.

Weitere Artikel in dieser Berichterstattung:

BND: Staatsgeheimnis I

BND: Staatsgeheimnis II

In Staatsgeheimnis IV erlaube ich mich mit der Person Wilhelm Dietl zu beschäftigen. Ich bitte um Verständins, das ich nach zwei Tage Untersuchungsausschuss auch noch etwas anderes zu tun habe, als Artikel am Fliesband zu schreiben.

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