Von Lopez Suarez | Womblog | – Das kleine Café am Rand eines Dorfes im Westerwald bietet heute den Rahmen für Lopez Suarez` Interview mit Angela Merkel. Die Nachmittagshitze lastet schwer auf dem auch sonst ruhigen und beschaulichen Ort und scheint alle bis auf die italienische Kellnerin zu lähmen.
Die Ankunft der Kanzlerinnenlimousine sorgt für Aufregung in dem kleinen Café, vergessen ist die Hitze. Frau Merkel, die von einer Wahlkampfveranstaltung in Montabaur kommt, verlässt den Fond ihres Wagens und tritt lächelnd auf Lopez Suarez zu. Sie trägt ein rosafarbenes Sakko und wirkt frisch, ausgeruht und völlig unbeeindruckt von der Hitze. Nachdem sich die beiden unter einem Sonnenschirm niedergelassen haben, beginnt Lopez Suarez mit seinem Interview.
Auf das Thema „Wirtschaftskrise“ und deren Auswirkungen auf Deutschland angesprochen, senkt die Kanzlerin nachdenklich den Blick. Lopez Suarez nippt an seinem Mineralwasser während er auf die Antwort und das Wiederanheben des Kanzlerinnenkopfes wartet. Frau Merkels Augen sowie ihre rechte Hand verweilen jedoch auf der Knopfleiste ihrer Jacke. Die Antwort der Kanzlerin wird vom Revers ihres Sakkos verschluckt und Lopez Suarez wiederholt seine Frage. „In Krisenzeiten ist es besonders wichtig, nicht knopflos, äh kopflos Entscheidungen zu treffen“ lautet die immerhin etwas besser verständliche Antwort von Frau Merkel.
Lopez Suarez setzt dazu an, seine nächste Frage zu stellen und sucht Blickkontakt mit der Bundeskanzlerin. Allerdings muss er sich wieder mit dem perfekt liegenden Scheitel der Regierungschefin begnügen. „Wie stehen Sie zu dem Wahlkampfprogramm der SPD?“ fragt er. Von der Antwort meint er einige Wörter verstehen zu können, auch wenn diese im Zusammenhang mit seiner Frage nicht allzu viel Sinn machen. „Sie sagen, die SPD fällt gleich ab?“ möchte er sich vergewissern, richtig verstanden zu haben. Die Kanzlerin hebt endlich den Kopf. Ihr erst etwas zielloser Blick bleibt schließlich an Lopez Suarez hängen und sie antwortet mit aller staatsmännischer Autorität. „Wen interessiert die SPD wenn entscheidendere Dinge am seidenen Faden hängen?“.
Frau Merkel senkt nach dieser wichtigen Feststellung wieder den Kopf und beginnt nun, den mittleren Knopf ihres Sakkos mit leicht drehenden Bewegungen zu zwirbeln. Lopez Suarez beobachtet eine Zeitlang fasziniert, wie geschickt die Kanzlerin mit ihren Händen umgehen kann, erinnert sich dann aber an seine knapp bemessene Zeit – schließlich stehen ihm nur fünf Minuten mit der Regierungschefin zu.
Er fragt Angela Merkel, was sie von dem neuen amerikanischen Präsidenten Obama halte. Aus dem Jackenaufschlag der Kanzlerin dringen gedämpfte Laute, die Lopez Suarez bei jedem anderen Menschen für Flüche gehalten hätte. Er notiert schließlich „Barack Obama hängt fest und will einfach nicht abgehen“, während er „verdammtes Mistding“ weglässt.
Inzwischen hat Frau Merkel den mittleren Knopf ihrer Jacke zwischen den Zähnen und – obwohl beeindruckt von soviel Gelenkigkeit – hat Lopez Suarez mittlerweile den Verdacht, dass er nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit der Kanzlerin genießt. Der Knopf im Mund hat die Verständlichkeit von Frau Merkels Aussagen nicht verbessert und Lopez Suarez entscheidet sich dafür, die Kanzlerin aus ihrer misslichen Lage zu befreien.
Nachdem die Leibwächter der Kanzlerin der italienischen Kellnerin wieder auf die Beine geholfen haben, kann diese Frau Merkel die von Lopez Suarez angeforderte Schere überreichen. Ein Schnitt befreit endlich den lose hängenden Knopf von der kanzlerischen Brust und führt zu allseits erleichtertem Aufatmen.
Leider sind inzwischen die für das Interview eingeplanten fünf Minuten verstrichen. Bei der Verabschiedung kann sich Lopez Suarez jedoch über die ungeteilte Aufmerksamkeit einer glücklichen wenn auch nur unzureichend geknöpften Kanzlerin freuen.
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