Offener Brief an den Bundespräsidenten Horst Köhler: Gemeinschaft und Verantwortung

Warten auf Antwort: Der offene Brief an den Bundespräsidenten Dr. Horst Köhler blieb bisher unbeantwortet. Ich habe Bundespräsidenten Horst Köhler, heute erneut angeschrieben. Eine Weiterverbreitung im “Netz”, wäre schön!

 

Offener Brief an den Bundespräsidenten Horst Köhler: Gemeinschaft und Verantwortung

Donnerstag, 4. Juni 2009

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

als höchster Repräsentant dieses Landes stehen Sie sozusagen an der Spitze dessen, was diesen Staat in seiner inneren Struktur und äußeren Darstellung zusammenhält. Sie als Bundespräsident stehen für Demokratie, Anstand, Ethik und nicht zuletzt auch für die moralische ‘Überwachung’ elementarer Regeln einer Gemeinschaft.

Zum guten Ton und höflichen Umgangsformen zählt in unserem Verständnis auch, dass man gerade als Berufspolitiker und damit auch Vertreter des Volkes auf die Belange und Bedürfnisse der Bürger/innen eingeht, sich also jenen zuwendet, die man im In- und Ausland vertritt. Insofern können Sie sicher verstehen, dass ich etwas befremdet und enttäuscht bin aufgrund Ihrer bisher noch nicht erfolgten Reaktion auf meinen am 11.5.2009 geschriebenen Brief [1] Schließlich geht es hier nicht ausschließlich um meine persönliche, sondern um eine kollektive Wut über eben jenes fehlende Verantwortungsgefühl seitens der Politiker, die in Zeiten der Krise so handeln, als trägen sie und nicht zuletzt auch Sie, Herr Bundespräsident, als ehemalige Führungsperson des Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht auch einen Teil der Schuld. In jedem Fall jedoch müsste es ein selbstverständlicher Reflex Ihrerseits sein, das Gefühl der Ohnmacht seitens der Bürger gegenüber der Willkür mancher politischer und durch Wirtschaftslobbyisten beeinflussten Entscheidung zu entkräften und vor allem jene zu schützen und zu vertreten, die ihrer Unzufriedenheit keine Stimme geben können. Denn immer mehr Menschen können einfach nicht verstehen und akzeptieren, dass sie tagaus tagein aufgefordert werden, den sowieso schon sehr engen Gürtel um noch ein weiteres Loch verstellen zu müssen.

Desweiteren haben Sie selbst dazu aufgerufen, die Verfassung als höchstes und bindendes Gut und Regelwerk zu respektieren. Dass dies jedem und damit nicht zuletzt auch Politikern obliegt und niemand einen Verfassungsverstoß wissentlich in Kauf nehmen sollte, ist insofern enttäuschend zu hören, da Sie selbst im Dezember 2006 die Unterschrift für das Umsatzsteuergesetz leisteten – und dies obgleich das Zustandekommen der Mehrwertsteuererhöhung auf 19 % immer noch jeglicher Gesetzeskraft entbehrt. Uns Bürger hat dieser Verfassungsverstoß bisher rund 800 Milliarden Euro gekostet.

Dass sowohl ich wie auch die Mehrheit der Bürger/innen dies weder erfreulich auf-, noch einfach so hinnehmen würden, wollte ich mit meiner am 05.05.2009 gegen Sie gestellten Strafanzeige zeigen und damit auch ein Zeichen setzen, um uns allen in Erinnerung zu rufen, dass das Grundgesetz nicht nur auf das Volk, es sondern auch auf die Regenten bezogen ist. Keiner kann und darf sich seinen Pflichten entziehen – seien diese moralischer oder gesetzlicher Natur. Wenn schon die Regierung dem Einfluss von Wirtschaftslobbyisten auf ihre Arbeit nichts oder wenig entgegensetzen möchte, müssen Sie als höchster Vertreter dieses Landes dem Vorrang wirtschaftlicher Interessen und der Verklärung menschlicher Situationen und Bedürfnisse Einhalt bieten und sich nicht zuletzt auch Ihrer Pflichten – in erster Linie also Verfassungstreue – besinnen.

Natürlich gibt es gerade in diesem Jahr einiges zu feiern – aber auch zu bedenken. Selbstverständlich möchte ich auch Ihre Wiederwahl nicht totschweigen und gratuliere Ihnen dazu. Schließlich ist diese Bestätigung im Amt auch ein (Folge)Auftrag an Sie und die Ausfüllung Ihres Amtes. Genauso sind 60 Jahre Grundgesetz ein Grund sich nochmals vor Augen zu führen, dass die Gründung eines Staates nicht ohne Gesetze geht, an welche sich alle halten müssen. Das Fundament einer Gemeinschaft ist die Verfassung – ein Regelwerk, das niemanden aus der Pflicht entlässt und für alle bindend ist. Aber auch eher nicht niedergeschriebene Regeln sind Teil dieses Landes bzw. der Übereinkünfte, welche die Volksvertreter und damit auch Sie stellvertretend für ihre Wähler getroffen haben und täglich treffen. Dass die Finanzkrise unweigerlich zu rigiden Sparkursen und Entlassungen, wie aber auch zum Aufruf führen muss, wir Bürger müssten noch weitere Einschnitte in Kauf nehmen, gehört sicherlich auch zu jenen Übereinkünften, welche die vermeintlichen Volksvertreter getroffen haben – aber nicht in unserem Sinne, solange sie sich nämlich selbst davon ausnehmen.

Wie, Herr Bundespräsident, können Sie Ihrem Volk erklären, dass beispielsweise der Postbank-Chef Klein anbietet für einen Euro Jahresgehalt zu arbeiten, Politiker/innen jedoch nicht auch nur im Entferntesten daran denken, Ihre Diäten der Krise entsprechend anzupassen? Wer soll angesichts unendlicher Zahlenreihen denn noch verstehen, dass der Staat scheinbar unerschöpfliche Mittel aus dem Hut zaubert, um Unternehmen zu retten, die keineswegs Opfer der Finanzkrise, sondern vielmehr ihrer eigenen Gier wurden, welche nicht unmaßgeblich von den Politikern und durch lasche Bankenaufsicht selbst toleriert und zum Teil gar angefacht wurde?

Die Verschwendung von Steuergeldern aufzuzeigen, ist nicht nur Aufgabe der Finanzaufsicht. Sie als höchster Vertreter von uns Bürgerinnen und Bürgern sind qua Amt dazu verpflichtet immer dann Ihre Stimme zu erheben, wenn unsere Rechte gleichsam lästiger und belastender Bilanzwerte einfach abgeschrieben- und geschoben werden.

Leihen Sie dem Mann von der Straße Ihr Ohr und hören Sie, was seiner Meinung nach die beste Lösung wäre. Ich versichere Ihnen, es wäre bestimmt nicht im Sinne des Volkes Unmengen an Steuergeldern eben jenen zu schenken, die letztendlich weder respektvoll und verantwortlich damit umgehen, noch zu schätzen wissen, wie viel Arbeit und Entbehrung es bedeutet, sich seinen Lohn tatsächlich zu verdienen.

Herr Bundespräsident! Ich möchte Sie abschließend nochmals bitten, Stellung zu all diesen Überlegungen zu nehmen und Ihren Forderungen nach einer Gemeinschaft aus Politikern und Bürgern – also auch nach einer gerechten Teilung von Zugehörigkeit zur Gemeinschaft und Verantwortung – Taten folgen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen                        Niederelbert, den 04.06. 2009

Peter Djordjevic

(1) [womblog.de/2009/05/11/offener-brief-an-den-bundespraesidenten-dr-horst-koehler-berliner-rede-vefassungsverstoss/]

Peter Djordjevic hier im Blog genannt Lopez Suarez, Betreiber des Womblog [Worte oder mehr]

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