Die Staatsaffäre HSH Nordbank: macht sie Ralf Stegner (SPD) zum Ministerpräsidenten?
Schleswig-Holstein: Harry Carstensen (CDU) belog Öffentlichkeit und Parlament über Zahlungen an HSH-Chef Nonnenmacher.
Die Regierungskrise in Schleswig-Holstein hat eine dramatische Wendung genommen. Anstelle der Neuwahlen, welche die durch rechte Kampfpresse und CDU so herbeigesehente bürgerliche Mehrheit im Landtag hätte bringen sollen, könnte es nun für einen ganz normalen Rücktritt des CDU-Ministerpräsidenten Harry Carstensen reichen, samt einem akkuraten Skandal als Dreingabe.
Hintergrund: Im Mai reichte Dirk Nonnenmacher, Chef der mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen „HSH Nordbank“, nach gelungenem Ruin mehrerer Bundesländer durch maximale Geldvernichtung erschöpft seinen Rücktritt von diesem schweren Amt ein (1). Immerhin hatte Nonnenmacher innerhalb eines Jahres mit der HSH 2.7 Milliarden Verlust gemacht.
Damit aber der Erfolge nicht genug. Die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein stopften insgesamt 13 Milliarden Euro Steuergelder in die Staatsbank hinein. Auch bei bei dieser Galavorstellung „Ausrauben der Bevölkerung“ gern gesehener Gast in der Ehrenloge: der Milliardär und ex-Goldman Sachs-Partner J. Christopher Flowers. 2006 hatte der mittlerweile bekannte Flowers über seine Equity-Firma rund 25 Prozent der HSH-Anteile von der ebenfalls den deutschen Staat ruinierenden WestLB gekauft. Flowers besitzt damit Sperrminoritäten in zwei systemischen Banken: einmal in der „Hypo Real Estate Immobilienbank“ (die allein schon den Bundesbürger bisher die unfassbare Summe von rund 100 Milliarden Euro kostete) und in der „HSH Nordbank“. (1)
Im Mai nun war HSH-Chef Nonnenmacher bei seinem Rücktritt schwer empört. Denn wegen der staatlichen Subventionen für seine Geldvernichtung war zuvor sein Gehalt geschmälert worden. Auf läppische 500.000 Euro im Jahr, also nur knapp 41.000 Euro Monatsgehalt (ohne Zulagen). Dies wurde als Obergrenze für das Gehalt eines ganz normalen Plünderers mit Bankmanager-Posten im Falle einer staatlichen Subvention dieser Tätigkeit festgelegt.
Das kam für Nonnenmacher natürlich überhaupt nicht in die Tüte. Da hätte man sich ja nirgendwo mehr blicken lassen können. Also kündigte Nonnenmacher bei der HSH und verlangte nun die vertraglich festgelegte Abfindung für geleistete Dienste: 2.9 Millionen Euro.
Nona, jammerte man da bei den Bankenbetreuern SPD, CDU und GAL in den Landesregierungen, lieber Herr Nonnenmacher, Sie können uns doch jetzt nicht im Stich lassen. Wir haben doch noch was. Unsere Staatsbürger sind doch noch gar nicht vollständig ausgeplündert, unsere Bundesländer sind immer noch zahlungsfähig, das können Sie doch nicht machen – mission not accomplished, bitte bleiben Sie bei uns, wir zahlen Ihnen doch am Gesetz vorbei einfach die Abfindung als Gehalt aus. Sieht ja keiner.
Na gut, sagte da der Herr Nonnenmacher, mache ich eben einfach weiter. Aber Sie, liebe Dackel an der Regierung, Sie werfen sich mir weiter vor die Füsse, schmeissen mir das Geld ihrer Bevölkerung in den Rachen und belügen und betrügen jeden und alles, Landtag, Untersuchungsausschüsse, die Justiz schaut sowieso so angestrengt an die Wand als müsste sie mit einem Kopf dagegenlaufen den sie nicht hat, also, meine Herren – wir verstehen uns.
Gott sei Dank, jammerte man da bei CDU, SPD und GAL in den Landesregierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein, es hätte ja auch niemand den Job sonst mehr gemacht. So eine Drecksarbeit. Und für so wenig Geld. Jeder der Millionen von staatlichen Leistungsempfängern, die im Kapitalismus vom Kapital keinen Arbeitsplatz gestellt bekommen und stattdessen für staatliche Zwangsarbeit einen Euro in der Stunde bekommen, also jeder von denen wäre doch vor Schreck lieber ausgewandert, als im staatlichen Auftrag Bankmanager den Staat vernichten zu lassen. Und das für so ein Taschengeld.
Und so bekam der Herr Nonnenmacher eben doch mehr als bloss läppische 41.000 Euro Monatsgehalt, nämlich die 2.9 Millionen Euro obendrauf.
Gestern nun warf Stegner im SpOn-Interview (3) Ministerpräsident Carstensen vor, über die Genehmigung der Zahlungen an Nonnenmacher gelogen zu haben. Er selbst sei nicht informiert worden.
„Stegner: Ein Mann, der die Koalition aufkündigt, die SPD angreift und das Parlament belügt, wird nicht das Vertrauen der sozialdemokratischen Fraktion ausgesprochen bekommen.
SpOn: Belügt? Im Streit über die Bonuszahlungen an den HSH-Nordbank-Chef Nonnenmacher?
Stegner: Ja. Da lügt er.“
Heute nun meldete SpOn (4), dass von dem Vorgang nicht einmal die Regierungsfraktionen in Schleswig-Holstein informiert gewesen waren. Am 26.Juni hatte der Präsidialausschuss der HSH Nordbank getagt. Dort war das Geld Nonnenmacher zugesagt worden. Dazu nun der SPD-Landesvorsitzende Stegner, auch SPD-Fraktionsvorsitzender im schleswig-holsteinischen Landtag:
„Ich bin erst vier Tage später in einer Koalitionsrunde von Carstensen informiert worden.“
Der Fraktionsvorsitzende der CDU im schleswig-holsteinischen Landtag, Johann Wadephul, zur Frage ob die CDU-Landtagsfraktion von den Zahlungen an Nonnenmacher gewusst habe :
„Einvernehmen ist mit uns nicht erzielt worden.“
Die Zahlung an HSH-Chef Nonnenmacher hatte der schleswig-holsteinische Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) während der Sitzung des HSH-Präsidialausschusses am 26.Juni persönlich mit auf den Weg gebracht. SpOn zufolge informierte erst nach dieser Sitzung Wigards Referent den Vorsitzenden des Finanzausschusses, Günter Neugebauer, sowie die Finanzbeauftragten der Regierungsfraktionen im Landtag.
Besonders heikel: Carstensen belog auch ganz offiziell den Landtag. Am 10. Juli schrieb dem SpOn-Bericht zufolge in Schleswig-Holstein der Mininsterpräsident Harry Carstensen (CDU) an den Parlamentspräsidenten Martin Kayenburg (CDU). In diesem Schreiben behauptete Carstensen, der Beschluss im Präsidialausschuss der HSH Nordbank sei
„mit vorherigem Einverständnis der Spitzen der Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein und der Spitzen der die Regierungen tragenden Fraktionen“
erfolgt. Nach Aussagen aller Beteiligten ist das gelogen. Allein die Kieler Staatskanzlei verweigerte dazu heute vor der Öffentlichkeit die Aussage.
Dabei hatte ausgerechnet die rechte Kampfpresse die ganzen letzten Tage im Chor gekreischt, „SELBSTMORD, RALF, JETZT DER SELBSTMORD! SEI EIN GUTER SOZEN!!“ und gemeint, der Herr Stegner solle für seinen Verrat an den Bankenräubern mit einer Neuwahl bezahlen, nicht etwa der Ministerpräsident Harry Carstensen mit einem Rücktrítt.
Die SPD käme bei einer Neuwahl laut den schlechtesten Meldungen 24%, der von der 5-Prozenthürde befreite Südschleswigsche Wählerverband (SSW) 4%, die Linke 5% und die Grünen 8%. Würde summasummarum nur für 41% gegen CDU und FDP reichen (5).
Jedenfalls noch.
Aber nun mal angenommen – nur mal angenommen – Ralf Stegner verweigert tatsächlich den Selbstmord und die klerikale Order vom zweitschönsten Papst aller Zeiten im Berliner Führerbunker Willy-Brandt-Haus, demzufolge jeder Sozialdemokrat weder sozial, noch demokratisch noch im eigentlichen Sinne in einer Partei zu sein hat, sondern lieber einen Atomkrieg unter der CDU führt als sich von Pseudolinken wie in Berlin an die Regierung wählen zu lassen.
Also nur mal angenommen, Ralf Stegner, der so erfahrene Abstimmungsminister alter Schule, hat so etwas wie simplen, rudimentären Überlebenswillen. Das ist für einen Sozen heutzutage schon fast zuviel. Aber nehmen wir das jetzt mal an.
Ralf Stegner bräuchte eigentlich nur einmal im Leben wirklich gewinnen zu wollen. Er könnte es jederzeit. Und ganz ohne irgendwem in den Rücken zu fallen, ohne sich in den Kopfstand zu heucheln, ohne irgendwelchen Betrug am Wähler, nein, er müsste nur einmal im Leben einfach die Wahrheit sagen.
Ob Stegner sogar das bringt? Man wird sehen.
(…)
07.04.2009 HSH-Staatsaffäre: Rechtsanwalt Strate spielt Blindenhund für Staatsanwaltschaft Hamburg
24.02.2009 HSH Nordbank und Flowers kriegen 13 Mrd Steuergelder, Staatsanwaltschaft München schläft HRE-Amigo-Schlaf
17.09.2007 Stegner der Harry-Mörder von Schleswig-Holstein?
Quellen:
(1) http://kurse.focus.de/news/bersicht-Neu-Gerke-Nonnenmacher-mit_id_news_112710804.html
(2) http://www.radio-utopie.de/2009/02/24/hsh-nordbank-und-flowers-kriegen-13-mrd-steuergelder-staatsanwaltschaft-muenchen-schlaeft-hre-amigo-schlaf/
(3) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,636749,00.html
(4) http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,636841,00.html
(5) http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/neuwahl-wuerde-nord-spd-debakel-bescheren;2434096