US-Militär redet von „Überholung“ der Gefangenen-Lager in Afghanistan, während neue gebaut werden.
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, hatte da also nach seinem Amtsantritt im Januar einen Exekutivbefehl unterschrieben, welcher besagte, dass die Bedingungen von Gefangennahme bzw Kidnapping, Verhöre und deren Methoden, sowie die „Überstellung“ von gefangenen „Verdächtigen“ zu überprüfen seien. Das Verteidigungsministerium und das Justizministerium bildeten auch gleich zwei Arbeitsgruppen. Sie brauchten auch nur ein halbes Jahr, um jetzt schon festzustellen, dass sie sich leider nicht einig werden konnten.
Dafür wusste die „New York Times“ (1) gestern von einer vertraulichen email (wenn es sowas noch gibt) des ranghöchsten US-Militärs Admiral Mike Mullen, welcher dieser letzte Woche an Feldkommandeure und ranghohe Offiziere in Afghanistan schickte. In dieser email mahnte der Admiral die Anstrengungen dahingehend zu verdoppeln, die eigenen Soldaten für eine „angemessene“ Behandlung von Gefangenen zu „alarmieren“. Es hiess, Mullen habe in irakischen Lagern gemachte Fotos von Folterungen durch US-Militärs gesehen und daraufhin erkannt:
„Wir sind besser als das, was ich da in diesen Bildern gesehen habe“
Auch von einem anderen ranghohen US-Militär heisst es, er sei besorgt. Maj. Gen. Douglas M. Stone, der sich bereits die US-Lager im Irak angesehen und die dortigen „Verhörpraktiken“ revidiert hatte, erstellte offenbar einen Bericht über die Zustände in den US-Militärlagern Afghanistans. Der Bericht wurde noch nicht veröffentlicht, „zirkuliere“ aber in US-Militärkreisen. Stone schlage vor, so die „New York Times“, als „hard-core Extremisten“ erkannte Verdächtige nicht mehr mit gewöhnlichen Kriminellen zusammenzulegen.
Ein gutes Argument mehr Platz zu machen. Oder besser gesagt, mehr Platz in Lagern zu schaffen.
Wie die NYT meldete, sind im seit 7 1/2 Jahren durch US-geführte NATO-Truppen besetzten Afghanistan 15.000 Menschen „in drei Dutzend überfüllten“ Gefängnissen inhaftiert, welche von Afghanen geführt werden. Allein das US-Militärlager Bagram sollte aber bereits im Mai 2008 auf die dreifache Lagerkapazität von Guantanamo ausgebaut werden: 1.100 Menschen (2). Nun sollen dorthin 600 „Verdächtige“ zusätzlich deportiert werden, ein neuer Lagerkomplex wird errichtet. Wie viele Menschen in anderen US-Militärlagern sitzen, ist offiziell unbekannt.
Wie man aus der von US-Journalisten erstellten Dokumentation „Taxi to Bagram“ (dt.Titel: „Taxi zur Hölle“) weiss, sind nur 5% der Lagerinsassen in Guantanamo überhaupt von US-Streitkräften gefangen geworden, der Rest von Milizen, Kopfgeldjägern und Söldnern. In den US-Lagern Afghanistans wird das nicht anders sein.
Niemand weiss bis heute, wessen diese Menschen dort überhaupt jemals „schuldig“ gewesen sein sollen, geschweige denn das darüber vor Gericht verhandelt wurde. Von vielen weiss man nicht einmal, wessen sie eigentlich konkret verdächtigt werden. Der Begriff „Terrorismus“ ermöglicht, angesichts von kollaborierenden Teilen der Bevölkerung im US-Einflussraum, die Ausschaltung jeden Rechtsstaates, wie früher durch den Begriff „Kommunismus“ oder vor ein paar Hundert Jahren durch den Begriff „Ketzer“.
Laut Militärangaben (3) erschossen gestern an einer Strassensperre in Afghanistan deutsche Soldaten zwei Männer und ein Kind in einem Kleinbus. Ein Kolonialgouverneur erzählte, es hätten sich Terroristen in dem Kleinbus befunden, welche diesen aber vor dem Beschuss verlassen hätten.
Im Mittleren Osten nichts Neues.
(…)
26.01.2009 Schäuble (CDU): Guantanamo machte Lagerinsassen gefährlicher als vorher
18.05.2008 Bagram, Afghanistan: neues “Taxi zur Hölle”
Quellen:
(1) http://www.nytimes.com/2009/07/20/world/asia/20detain.html
(2) http://www.radio-utopie.de/2008/05/18/bagram-afghanistan-neues-taxi-zur-hoelle/
(3) http://www.n-tv.de/politik/Deutsche-toeten-drei-Zivilisten-article418713.html