Wir alle sehen die gleiche Welt und trotzdem nimmt jeder von uns andere Eindrücke auf und zieht andere Schlussfolgerungen. Die Gründe dafür sind so zahlreich, wie die Sterne des Augusthimmels. Erfahrung, Bildung, Erziehung, Wissen, Interessen und vieles andere mehr prägen unsere Eindrücke und führen zu unseren Schlussfolgerungen. Trotz dieser Tatsache sind und bleiben wir leider Herdentiere. Fängt die Masse an wegzulaufen, laufen wir mit, ohne zu wissen warum.
Gesellschaftliche Netzwerke sind nichts anderes als Herden, in die wir hineingeboren wurden oder die wir – für uns – aus irgendeinem Grund ausgewählt haben, meist wegen den gemeinsamen Interessen. Solche Netzwerke beeinflussen die politische Realität mehr, als es ein Außenseiter glauben mag.
Ein Patentanwalt behauptete einmal im alten, längst vergangenen Forum „Juramail“, dass der Verein für den gewerblichen Rechtschutz (GRUR) eine „Mafia“ sei, der wir diese „Abzockerei“ mit den anwaltlichen Abmahnungen – über die Geschäftsführung ohne Auftrag – zu verdanken haben. Er lehnte deshalb in mehreren Markenrechtsverfahren sämtliche Bundesrichter ab, welche Mitglieder des GRUR waren oder sind.
Natürlich wurden seine Befangenheitsanträge als unbegründet verworfen, da die Mitgliedschaft in Massenorganisationen (Parteien, Gewerkschaften, Vereine, etc.) kein Befangenheitsgrund sein kein. Auch die Richter leben nicht auf dem Mond und sind daher Mitglieder gesellschaftlicher Organisationen und es wird billigend in Kauf genommen, das sie von solchen Mitgliedschaften auch geprägt werden.
Faktisch hatte der Mann ohne jeden Zweifel Recht. Im GRUR findet der gewerbliche Rechtschutz seine gedankliche Fortentwicklung, in dem Richter ihre Entscheidungsgründe erläutern, Anwälte dagegen argumentieren und die Zuhörer Erkenntnisse und Erfahrungen mit aus den Referaten und Sachdiskussionen nehmen und je nach Interessenlage versuchen das Aufgenommene zur rechtlichen Realität werden zu lassen.
Der Kölner Oberstaatsanwalt Egbert Bülles wollte sogar solche – rein informelle – Netzwerke in der Visa- Affäre als organisierte Kriminalität ansehen und in der Tat, in Italien oder in Spanien können Mitglieder solcher Vereinigungen, wenn einige Mitglieder gemeinsam, unter Nutzung dieses Netzwerkes Straftaten begehen, nach den Mafia- Bekämpfungsgesetzen bestraft werden.
Der Grund (für diese Strafbarkeit) ist tatsächlich der uns angeborene Herdentrieb. Ohne eine gewählte oder ernannte Struktur und Hierarchie bilden sich in diesen „Herden“ tatsächlich Leitbüffel heraus, meist für kleine Gruppen, die aber dann, wenn sie die Flucht ergreifen, (fast) alle nach sich ziehen (oder in kriminelle Handlungen verstricken).
Die selbsternannte, amerikanische Oberklasse – in den Neuenglandstaaten – Ostküstenadel genannt, ist eine solche Herde. Alle haben gemeinsam eine behauptete, nicht immer wahre, Abstammung von den Pilgramvätern oder von einer ehemaligen, historischen Größe des Landes. Viele haben schlicht kein wesentliches Vermögen. Die Mitgliedsbeiträge für die teueren Klubs, währen der Studienzeit, sind häufig innerhalb der Verwandtschaft zusammengebettelt worden.
Bereits da beginnen die Abhängigkeiten. Dem lieben Onkel, der 10.000 Dollar gesponsert hat, wird man als Staatsanwältin doch wohl einen Gefallen tun dürfen – oder etwa nicht? Schließlich und endlich gehört man zu einer gesellschaftlichen Randgruppe, in der die Familie über allem steht. Nur die Familie hebt den Einzelnen über das gemeine Volk.
„Die May Miller ist zwar die bessere Juristin, den Job bei der Bezirksstaatsanwaltschaft habe aber ich bekommen, da meine Tante Betty die Mutter meines Chefs kennt, mit dieser im gleichen Zirkel als Studentin war.“
Es ist am Anfang eine Herdenabhängigkeit, die erst im Laufe des Studiums und des Berufslebens tiefere Bindungen weicht. Erzwungen von der Pflicht Geld zu verdienen.
Nicht zum Leben oder für die Familie. Nein, zum Zwecke der Wahrung des Scheins, das man zu den Gutsituierten des Landes gehört. Die Professoren haben einen wohlwollend durch die Prüfungen gelotst, den teueren Repetitoren in den Ferienkursen Augenzwinkernd kleine Hinweise auf die Prüfungsthemen gegeben, denn von den Sprösslingen dieser Familien erwartet die Universität nach Beendigung des Studiums Sponsorengelder. Und, man hat von anderen Verwandten Geld bekommen, um die Mitgliedsbeiträge der teueren, feinen Klubs bezahlen zu können und nun erwarten natürlich deren Kinder ebenfalls eine kleine Unterstützung.
Natürlich gibt es auch immer noch die feinen Klubs, denen man angehören muss, wenn man Mitglied einer solch edlen Familie ist.
Im Klartext, unsere Staatsanwältin braucht mehr Geld als sie von ihrem Arbeitgeber am Monatsende auf das Konto überwiesen bekommt. Vermutlich wird sie bald heiraten. Natürlich einen aus ihren Kreisen. Einen mit Geld.
Wenn nicht, tja, woher kommen dann die Gelder? Korruption gibt es doch im feinen Amerika nicht oder etwa doch?
Wir sind an der Wurzel des Übels angelangt. Stehen bis zur Oberkante der Unterlippe im Sumpf der amerikanischen Realität, der Korruption. Einige Zahlen sollen dies verdeutlichen.
Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines US- Haushaltes lag 2004 bei etwa 44.000 Dollar. Die statistische Armutsgrenze für eine vierköpfige Familie liegt knapp unter 20.000 Dollar. Diese statistische Armutsgrenze ist ein Märchen, eine vierköpfige Familie die unter 36.000 Dollar im Jahr verdient kommt nur mit Schrammen und blauen Flecken finanziell über die Runden.
Die Bereitschaft zu einem zweiten Job oder einem „kleinen“ Nebenverdienst – jenseits der Steuer – ist daher in den USA sehr ausgeprägt. Auch gibt es kleinere Probleme, die man selbst nicht lösen kann – auch nicht als Mitglied der feinen Familien.
Auf diese kleinen, persönlichen und finanziellen Notlagen hat sich eine ganze Industrie spezialisiert. Angefangen von der Mafia, bis hin zu cleveren Anwälten der Superreichen – gesellschaftlichen Außenseiter oder Neureiche – welche sich mit kleinen Zuwendungen und Gefälligkeiten in diese feine Kreise hineinmogeln oder geschäftliche oder private Vorteile aus ihrer Funktion als „Mäzen“ unserer kleinen Staatsanwältin ziehen. Nur Schade, dass ein Herr Shan Wan halt nicht direkter Nachfahre der ersten Siedler Neuenglands sein kann, die mit der Mayflower ins Land kamen, da diese keine Chinesen dabei hatten.
Aber keine Sorge, unser Herr Shan Wan wird sich rührend um die Kinder der Familie Obama kümmern, diesen die feinen Klubs bezahlen oder die teueren Repetitorien, wenn er daraus einen Vorteil für sich ziehen kann.
Es ist daher keine Überraschung, dass viele reiche Ausländer mit US- Politikerfamilien befreundet sind.
Wir brauchen also keine Nummer eins in dieser selbsternannten Oberklasse, wir müssen nur wissen wie sie tatsächlich funktioniert und warum sie sich wie eine Würgeschlange über die öffentlichen Ämter gelegt hat und diese langsam erdrückt und warum ein Juraprofessor aus Chikago immer wieder im Wahlkampf rief – „Wir können es – Wandel.“
Ich bin gespannt, wann sein Vize den Job übernehmen muss, weil er selbst einer Kugel im Wege steht. Der Letzte, der keinen Zugang zu dieser Adelsklasse hatte, weil Katholik – war ein John F. Kennedy.