Althaus-Rücktritt: Merkel kämpft um ihre Berliner Regierungskoalition
Das Nein der Grünen im Saarland zu einer Entscheidung vor der Bundestagswahl und der Rücktritt von Ministerpräsident Althaus (CDU) in Thüringen ergeben einen politischen Zusammenhang.
Nun also doch – Althaus tritt zurück. Der ex-Ministerpräsident Thüringens hatte zuvor bei den Landtagswahlen am 30.August mit seiner Regierungspartei CDU 11.8 Prozent eingebüsst. Dass dies nach 19 Jahren CDU-Regierung (die Zeit vor der Wende als Blockpartei nicht einberechnet) für manche überraschend kam, war das Überraschendste an diesem Wahlabend.
Dass die SPD auf ganzer Linie versagte, war wie immer schon vorher durch diese so beschlossen worden. Auch dass der Held von Spitzenkandidat Christoph Matschie (der vor der Wahl von einem 40 Prozent-Potential für die SPD gesprochen hatte), nachher Treetboot-Anschubser für die CDU spielen würde, war bereits vor der Wahl abgemacht. Seine Komiker-Einlage nach dem erfolgreichen Projekt 18 Ministerpräsident werden zu wollen, war eine minderelegante Ausrede um sich vor einer Koalition mit einer Linken zu drücken, die fast so stark wie die CDU wurde.
Vertreter der CDU Thüringen zeigten sich nun heute in der Presse ob des Rücktritts ihres Landeschefs extrem verwirrt und konsterniert. Offensichtlich hatte Althaus seine Entscheidung ohne Absprachen mit ihnen getroffen. Nur eine Pressemeldung gab er heraus, an sämtlichen Parteigremien-Sitzungen nimmt Althaus nicht mehr teil.
Wer aber entsorgte nun den zunehmend lästiger werdenden Dieter Althaus, der die bereits feststehende „grosse“ Koalition zwischen den 31 %- und 18-Parteien behinderte? Die Thüringer CDU? Warum schwor sie gestern noch heilige Eide für Althaus? (1)
Und eins steht fest: der Matschie-Truppe hätte die CDU sowieso nie nachgegeben. Wer würde das auch tun. Wer aber bleibt dann noch übrig?
Naheliegt, dass CDU-Kanzlerin Angela Merkel in Berlin ihren alten Duzfreund aus Ostzeiten fallen liess. Sie muss sich derzeit ernsthafte Sorgen machen um das zu erwartende schlechteste Wahlergebnis der CDU/CSU bei einer Bundestagswahl seit 1949 machen. (Der Abgesang auf Merkel beginnt, 13.August)
Damals erhielt die CDU 25.2 % und die CSU 5.8%. Beim Wikipedia-Eintrag bediente man sich einer kleinen angenehmen Geschichtsfälschung und rechnete beide Ergebnisse gleich zu einem „CDU/CSU“-Ergebnis von 31 % zusammen. Doch damals bildeten die beiden Parteien eben noch nicht die heutzutage als selbstverständlich akzeptierte Fraktionsgemeinschaft.
Denn erst aus diesem Desaster der ersten Wahl in der westdeutschen BRD heraus bildeten die Parteien des Bürgertums 1953 das Konstrukt „Union“, einigten sich strategisch und beschlossen per einfacher Gesetzgebung die bis heute geltende 5-Prozent-Hürde in ihrer jetzigen Form, die übrigens keineswegs im Grundgesetz festgelegt ist, aber natürlich vom Bundesverfassungsgerichtshof als verfassungsgemäss abgenickt wurde.
Seit diesem Zeitpunkt stagnierte die Republik und ihre Demokratie. Schlimmer noch, sie wurde sukzessive abgebaut und durch eine Oligarchie in Brüssel ersetzt. Die SPD, die 1974 den bislang einzigen sozialdemokratischen Kanzler der Republik Willy Brandt stürzte, war spätestens seit dem Bad Godesberger Programm von 1959 die beste Stütze der kapitalistischen, feudalen und industriellen Eliten. Mit im Gepäck brachte die SPD den „Deutschen Gewerkschaftsbund“ DBG, der ebenfalls schon immer der Meinung war sich durch nie durch eine echte Gewerkschaft blamieren, äh, spalten zu lassen.
Nun ist das über ein halbes Jahrhundert sorgsam und mit allerlei flankierenden Massnahmen geordnete Meinungs-, Denk- und Parteienmonopol des Bürgertums durch den Zusammenbruch ihres besten Verbündeten akut gefährdet – nämlich den der SPD.
In den letzten 56 Jahren kamen nur zwei neue Parteien in den Bundestag, 1983 die Grünen und 1990 die PDS (welche 2002 rausflog, 2005 den Deppenhaufen WASG absorbierte und als „Linke“ transformiert wieder einzog). Über all die Jahrzehnte sich nur durch Verrat, Verrat und nochmals Verrat auszeichnend brauchte es also 56 Jahre und zwei Abspaltungen aus dem groben Ambiente der vermeintlich fortschrittlichen und menschenfreundlichen SPD, damit wieder nichts passierte und alles noch schlimmer wurde.
Von 1983 bis 1998 bewirkten die Grünen nichts und danach nichts Gutes. Der erste und einzige vollständige Regierungswechsel in Deutschland seit dem 2.Weltkrieg markierte 1998 den nun folgenden Feldversuch „Wie beweise ich am Konsequentesten meine Abscheu vor dem eigenen Wähler?“ von SPD und den Grünen, welcher dann eine weiteres Mal jahrzehntelang betrogene wütende Staatsbürger zum Potential des neuen Feldversuchs „Wie bescheisse ich alle Leute noch dreckiger und hundsgemeiner und schmeisse dafür auch noch den Begriff `Links` auf den Müllhaufen der Geschichte?“ werden liess. Auch „Die Linke“ tut seit 2005 im Bundestag nur das, wozu man sie brutalstmöglicht zwingt und in den Bundesländern, Städten und Gemeinden verramscht und verkauft sie weiterhin alles, was von den Bürger nicht mit aller Wählergewalt verteidigt wird.
Aber zurück zu Frau Merkel. Schliesslich wollen Sie auch wissen, was abgeht, jetzt wo sie wieder mal N24 geguckt und nichts verstanden haben, wie auch.
Die SPD ist ein surrealer Clownshaufen, der sich gerade selbst an die Wand klatscht. Im Gegensatz zu den Abspaltungen „Grüne“ und „Linke“ wird sich die SPD von diesem weiteren substanziellen Verlust nie wieder erholen. Ob die Piratenpartei am 27.September zur Bundestagswahl nun die 5 Prozent überspringt, oder erst in den nächsten Landtag einzieht, ist völlig ohne Belang. Die SPD wird bei 20 Prozent landen und das wird ihr offizielles Ende als Volkspartei sein.
Das wiederum setzt Merkel unter Druck. Sie hat sich auf eine Fortführung der grossen Koalition festgelegt, genauso wie die SPD (das hat internationale Gründe, die jeder wissen könnte aber noch nie zu lesen wagte). Einen anderen Grund für die SPD, ihrer vermeintlichen „Konkurrentin“ CDU noch einmal umgerechnet drei Prozent Wählertimmen zusätzlich in Form von Überhangmandaten zu schenken, als alles auf die Karte „Regierungsoalition bis 2013“ zu setzen, den gibt es nicht. (Überhangmandate: Betrug an Staatsbürgern und Verfassung seit 53 Jahren, 29.Juni)
Merkel ihrerseits wird am 27.September mit dem schlechtesten Ergebnis der CDU/CSU seit 1949 rechnen müssen. Ich tippe hier einmal öffentlich auf 32-33 % . Das würde zusammen mit den 20 % der SPD (und den gemeinsam besorgten umgerechneten 3 % zusätzlich durch die Überhangmandate der CDU) zwar für eine Fortsetzung der nun sehr viel kleineren Koalition reichen – aber um welchen Preis?
Es ist anzunehmen, dass sich sowohl in der SPD, als auch in der CDU, Funktionäre finden werden, die sich diesem kollektiven Selbstmord widersetzen. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff hat sich in der CDU jedenfalls bereits in Stellung gebracht. Diesbezüglich muss man feststellen, dass eine rein bürgerliche Mehrheit aus CDU und FDP (trotz den von der SPD geschenkten mindestens 20 Abgeordneten zusätzlich) sehr unwahrscheinlich ist. Realistisch bliebe eine Jamaika-Koalition.
In diesem Zusammenhang nun muss die Entscheidung des Vorsitzenden der saarländischen Grünen von gestern Abend bei Merkel alle Alarmglocken zum Läuten gebracht haben. Hubert Ulrich hatte nach einer Sitzung des Landesvorstands von Bündnis 90/Die Grünen angekündigt, seine Entscheidung bezüglich einer Regierungskoalition im Saarland erst nach der Bundestagswahl zu fällen. Eine deutliche Kokettiererei mit Jamaika, eine klare Ansage an die Bundespolitik und ein Tritt für SPD und Linke, welche sich natürlich ein für sie günstiges Signal zur Bundestagswahl erhofft hatten.
Dass unmittelbar danach nun Althaus den Weg frei macht für eine CDU-SPD-Koalition in Thüringen, kann nicht wirklich Zufall sein. Die Funktionäre der SPD-CDU-CSU-Regierungskoalition in Berlin, allen voran Dr.Merkel, steht mit dem Rücken zur Wand und sie braucht jedes jedes bisschen Erfolg was sie kriegen kann. Dazu passt, dass auch die Busenfreundin Merkels, Vera Lengsfeld, bereits vorgestern den Rücktritt von Althaus gefordert hatte (3).
Was nun die öffentlichen Aussagen Merkels (4) für ihre praktische Politik zu bedeuten haben, müsste inzwischen eigentlich jeder begriffen haben, nämlich nichts. Leider haben bis heute auch zuviele „politischen Beobachter“ in den Konzernmedien nichts begriffen, aber dazu werden sie ja bezahlt. Bis heute gilt in Deutschland der Spruch „Dumm verdient gut“, in der Tat.
Was hat nun der Wähler, was haben die Staatsbürger von der ganzen Affäre? Zumindest die anzunehmende Wahrscheinlichkeit, dass es weder zu einer schwarz-gelben, noch zu einer Mehrheit von SPD, Linken und Grünen, noch zu einer Mehrheit von SPD, FDP und Grünen kommen wird. Ein SPD-Kanzler scheidet also rein rechnerisch aus, um irgendwelche Niebelschen Panikanfälle vor dem Kommunismus braucht sich niemand zu kümmern.
Bleiben noch Jamaika und die Kleinere Koalition, ersteres unter einem Kanzler Christian Wulff, letzteres unter Dr.Merkel. Wenn man sich neueste Gerüchte vor Augen führt, nach denen die Schröderpartei den ex-Kanzler Gerhard Schröder auch noch zum EU-Kommissar ernennen will – oder gar noch zum EU-Kommissionspräsidenten – so kann man nur jedem denkenden Menschen dazu raten SPD-Wähler zu meiden. Sie erfüllen mittlerweile einen noch zu definierenden Tatbestand gegen Republik und Hirn.
Wer nun nicht anders kann als die Linke zu wählen, der kann dies zumindest gefeit gegen jeden Stammtisch tun, da die alte Staatspartei sowieso nicht an die Regierung kommt. Das kann man getrost auf die Erklärungstheorie namens „Mathematik“ schieben, solange die nicht auch noch verboten wird.
Sinnvoll ist es aber, aus dem laufenden gesellschaftlichen Umbruch, ja Aufbruch, sowie dem einhergehenden Ende der „Volksparteien“ endlich die einzig logische Konsequenz zu ziehen und die dritte neue Partei in 56 langen Jahren in den deutschen Bundestag zu hieven: die Piratenpartei.
Welche Regierungskoalition am Ende vor sich hin lahmen wird, spielt nicht mehr wirklich eine Rolle. Das Parlament ist kein Motor der Politik in Deutschland mehr, nicht einmal seine Handbremse; der Bundestag ist in seiner jetzigen Zusammensetzung und inneren Struktur eine Gefahr für die deutsche Republik geworden. Die Bevölkerung muss nun die Politik selbst in die Hand nehmen, wenn sie nicht irgendwann vor der Situation stehen will, dass die Politik selbst verboten wird, weil sie von irgendwelchen Brüsseler Plutokraten und Wirtschafts-Oligarchen als „lähmend“ empfunden wird.
In diesem Zusammenhang – ich wiederhole mich da gerne – wäre eine neue SPD-CDU-Koalition bis 2013 die schlimmste aller Möglichkeiten.
(…)
Quellen:
(1) http://www.welt.de/die-welt/politik/article4451801/Noch-haelt-die-Union-in-Thueringen-zu-ihrem-Chef.html
(2) http://www.tagesschau.de/inland/saarlandwahl106.html
(3) http://www.welt.de/news/article4442607/CDU-Politikerin-Lengsfeld-fordert-Ruecktritt-von-Ministerpraesident-Althaus.html
(4) http://www.focus.de/politik/deutschland/wahlen-2009/landtagswahl-thueringen/thueringen-merkel-staerkt-althaus-den-ruecken_aid_432223.html