„Ich erinnere mich“ an die Dokumentation der Dorothea Lange vom Elend der Menschen in der Weltwirtschaftskrise. Das verlinkte Bild der Fotografin geht unter die Haut – oder? Das Foto hängt heute in einem US Museum und dokumentiert die Not und das Elend der Massen in der Weltwirtschaftskrise, der „Great Depression“, welche in den USA zu dem legendären „New Deal“ führte, aus dem der US Mittelstand entstand. Drei Fünftel (60 Prozent) der US Bürger gehören diesem Mittelstand an oder gehörten ihm an?
„Around-the-flag-effect“
Patriotismus ist erste Bürgerpflicht, dass patriotische Gesülze der im Teil 1 dieser Serie behandelten, selbst ernannten „Oberschicht“ prägt das Leben eines jeden US Bürgers. „Setze dich niemals auf ein Sternenbanner“, wenn du nicht im Knast landen willst und winke auch deiner Freundin nicht zu, wenn die Nationalhymne gespielt wird. Dies sind nur zwei , der vielen Regeln, welche unbedingt zu beachten sind.
Während des Vietnam Krieges (1965/75) erlebte die Nation eine ihrer schlimmsten Zäsuren. Das neue Medium Fernsehen machte dem Mittelstand klar, dass seine Söhne, welche immer häufiger in Särgen nach Hause kamen, für Interessen der Politik geopfert wurden, nicht für US Interessen und das die Söhne der „Oberschicht“ Zuhause blieben oder ins Ausland gingen, um dort – fern der Wehrpflicht – zu studieren.
Fünfzigtausend US Boys „desertierten“ vor der Einberufung und baten im anglophonen Kanada um politisches Asyl. Denn erstmals war klar geworden, das die, welche den Patriotismus predigten, bereit waren bis zum letzten US Boy aus dem Mittelstand zu kämpfen. Nicht aber mit ihren eigenen Söhnen.
1973 wurde die Wehrpflicht deshalb abgeschafft. Die Registrierung von Wehrpflichtigen im „selective service system“, welches 1980 eingeführt wurde, dient lediglich noch dem nationalen Notfall.
Die Armee der „Underdogs“
Die Politik hatte neues „Kanonenfutter“ für die Interessenwahrung der Weltmacht USA gefunden. Die Hürden bei der Einbürgerung wurden hoch gesetzt, der Wehrdienst mit flankierenden beruflichen Maßnahmen verbunden und so strömten die Töchter und Söhne der armen Einwanderer und der armen Weißen aus den (wirklich trostlosen) ländlichen Gebieten zur Fahne.
Rasche Einbürgerung und die Chance auf eine Berufsausbildung lockten, neben dem kärglichen Sold. Der Mittelstand war von der US Militärpolitik nur noch betroffen in Form der Einberufung der Reservisten der Nationalgarden der Bundesstaaten und der ROTC – Offiziere an den Universitäten. [Studenten, welche während des Studiums im Reserve Officer Training Corps ausgebildet werden und in einzelnen Teilstreitkräften über 60 Prozent der Offiziere stellen.]
Private Military Company (PMC)
Für die wirklich „haarigen“ Sachen erfand man etwas völlig neues, die Private Military Company (PMC). Vinell Corporation, Blackwater Worldwide (Xe Services), DynCorp, Military Professional Ressources Inc .( MPRI ), Kellogg Brown & Root ( KB&R ), um nur einige Namen dieser Firmen zu nennen, von denen einige tatsächlich Dienstleistungen in der Logistik, der Wartung und in der Kommunikation für das Pentagon erbringen. Andere schlichte Söldnerfirmen sind, die das Töten zum Geschäft machten und eine Kompetenz vorgaukelten, die sie nicht hatten.
„Never forget“
Nun stehen die Väter und die Mütter von armen Einwanderern an den Gräben oder die von armen Weißen, welche oftmals zur Kaste der „RedNecks“ (Gelegenheitsarbeiter, welche sich in der Regel von einem kleinen Stück Land ernähren) gehören und nie eine Chance im Leben hatten.
6.000 Dollar Soforthilfe ist bereits eingetroffen oder wird in den nächsten Tagen eintreffen. 250.000 Dollar aus der Lebensversicherung, welche das Pentagon für jeden Soldaten abschließt, folgen. Die Witwe erhält eine monatliche Rente. Die Kinder ein Universitätsstipendium. Und das gerahmte Bild mit Trauerflor, hinter dem Kissen mit den Orden des Gefallenen, zeigt dem Besucher den Patrioten in der Familie und ist bei der Jobsuche (im ländlichen Amerika) ein gutes Argument.
Wie denken die Amerikaner?
Kein Wunder, das für die tragende Säule der US Gesellschaft, Krieg kein Thema mehr ist. Amerika ist ein demokratischer, freiheitlicher Staat, der nur den bösen Kommunisten – nach deren Wegfall – den Schurken berechtigt Mores beibringt, welche die Menschen ihrer Länder am „Streben nach Glück“ hindern. „Die Sollen sich die USA anschauen, wo jeder in den Mittelstand kommen und der Armut entfliehen kann?“ Ist in etwa die Denke dieser Menschen.
Siebzig Prozent der Amerikaner sind heute noch davon überzeugt, das der zweite Irak- Krieg eine gerechte Sache war und ist.
Geprägt wird diese US Gesellschaft von einer Paranoia besonderer Art. Polizei ist in den USA Bürgersache. Der County Sheriff kann jeden Bürger zum Hilfspolizisten machen. Die Bürger wählen nicht nur ihn, sondern auch die Bezirksstaatsanwälte, bestimmen damit die Härte, mit denen gegen Rechtsbrecher vorgegangen wird, selbst.
Paranoia ohne Ende
In keinem Land der Welt kann jemand so schnell Handschellen fangen, wie in den USA. Wegen jedem „Hühnerdreck“ fängt man sich Handschellen und Fußfesseln, durchläuft den Erkennungsdienst (Fingerabdrücke, Fotos, DNA), wird dem Richter vorgeführt – bei dem man nicht grinsen sollte – wenn dieser die Freilassung bis zum Prozess gegen Zahlung einer Kaution von 22,50 Dollar anordnet.
12.000 Dollar Kaution blätterte ein berühmter US Sänger hin, weil ihn seine Bettgefährtin wegen Erschleichung des Beischlafes mittels Heiratsversprechens angezeigt hatte. Grinsend ging er aus dem Gerichtssaal und fing sich vor diesem gleich noch einmal Handschellen. Die Polizei hatte festgestellt, dass die Anzeigeerstatterin verheiratet war und klagte ihn nun wegen eines Vergehens (des damals noch strafbaren) Ehebruches an.
Jede Festnahme wird im Polizeicomputer gespeichert. Bei jeder Routinekontrolle erfährt der Deputy – meist ein Junge mit nur einem High School Abschluss – die Zahl der Festnahmen über Funk und natürlich geht er davon aus, dass der Kontrollierte ein „schlimmer Finger“ sein müsse, bei sieben Festnahmen in den letzten zwanzig Jahren. Er wird deshalb sehr gründlich kontrollieren und wehe, im Auto des Kontrollierten ist auch nur ein Hauch von illegalen Drogen von einer Hundenase zu erschnüffeln, dann klicken die Handschellen – Festnahme Nummer acht.
Nicht auffallen und sich nicht einmischen, ist daher einer der wichtigsten Regeln im US Alltag, zumal zwischenzeitlich sogar die Opfer von Straftaten und Zeugen dauerhaft registriert werden, da häufige, kriminelle Vorgänge um eine Person Rückschlüsse auf deren Leben (spekulativ) zulassen. Der Polizist ist natürlich mit „Sir“ oder „Officer“ anzureden. Meine ärgerliche, dämliche Frage, bei einer Kontrolle: „Whats`s on?“ brachte mir fast einmal Handschellen ein. Okay, nach dieser Erfahrung habe ich das „Sir“ nie mehr vergessen und ich werde nie mehr anders, als in einem sachlichen, ruhigen, geschäftsmäßigen Ton mit einem US Polizisten reden.
Ist- Stand des US Mittelstandes
Sie hatten einen Job, ein Auto und ein Haus. Heute leben Sie in Zelten. Das Haus Zwangsversteigert, die durch die Immobilienkrise verursachten extrem hohen Hypothekenzinsen waren nicht mehr zu bezahlen, das Auto verkauft, der Job den gab es auf einmal nicht mehr. Selbst 300.000 kleine Unternehmer müssen demnächst ihre Betriebe schließen, wenn ihre Bank, die CIT-Group, in die Insolvenz gehen sollte. Für die großen Banken war Geld vom Staat im Überfluss vorhanden, bei der kleinen CIT-Group, welche Kleinbetriebe finanzierte, hält sich der Kongress bedeckt. Es wird verhandelt.
Wie so üblich, der US Mittelstand trägt wieder einmal die Folgen einer falschen Politik und solange nicht sehr viele betroffen sind, suchen die Betroffenen die Fehler bei sich. Sie sind nach den Maximen der US Oberklasse erzogen worden.
»Es genügt nicht zu den Besten zu gehören, man muss der Beste sein.«
Die Angst der Mächtigen
Sie haben den Krieg zum Geschäft, das Schlachtfeld zum Produkt gemacht. Geld verdienen kann dieser neue Geschäftszweig der PMC`s nur dann, wenn die USA ständig irgendwo auf der Welt in einen Krieg oder militärischen Konflikt verwickelt sind. Um dieses Geschäftsziel zu erreichen braucht die Nation Feindbilder und wenn diese „Lahmärsche von islamistischen Terroristen“ den Hintern nicht hochbekommen und einen neuen Anschlag machen, dann braucht das Geschäft ein anderes Feindbild.
Sie haben das eigene Volk zum Feind gemacht.
Die CIA- Underdog Studie hat der Kopp Verlag zu dem Buch „Vorsicht Bürgerkrieg“ veröffentlicht. Eine mir vorliegende weitere Studie über die „Gefährlichkeit der wirtschaftlich und finanziell Entwurzelten des Mittelstandes“ finde ich im Internet im Moment nicht, weshalb ich zurück möchte zum:
US-Army War College
Solche Bildungseinrichtungen brauchen auch Sponsorengelder und je patriotischer sie tönen, desto größer ist die Chance an solche Gelder zu kommen. Ziehe ich diesen angestrebten Effekt von der Studie des College ab, so bleibt immer noch die Frage:
„Wie kommen Achtzehnjährige Rotznasen dazu, ihre ehemaligen Nachbarn und die ehemaligen Freunde ihrer Eltern zu verdächtigen, für das eigene Land eine Gefahr zu sein?“
Die Antwort kann sich jeder selbst suchen. Auch ich kann nur spekulieren.
Für mich ist es erschreckend, festzustellen – wessen Geistes Kind diese Kids sind. Auf eine solche dämliche Idee, kann – nach meiner Überzeugung – eigentlich nur einer kommen, dem Vergleichbares – seit Monaten oder Jahren – von seinen Ausbildern eingebläut wurde.
Offen bleibt für mich die Frage: „Warum?“
Artikel zu dieser Serie:
Apocalypse Now: Wie alles begann
Apocalypse Now: America the beautiful
Funktionsweisen gesellschaftlicher Netzwerke am Beispiel der USA