Rentenansprüche bei Fehler der Rentenversicherung nicht auf vier Jahre begrenzen!
Rentenberechnungen sind eine sehr komplizierte Angelegenheit. Alle Daten zur sozialversicherten Berufstätigkeit, angefangen von der Berufsausbildung, Auszeiten, beim Wechsel des Arbeitgebers müssen nachgewiesen werden. Besonders kompliziert werden diese Arbeitsnachweise für die Bürger aus den ostdeutschen Ländern, in denen viele Betriebe nach der Wende abgewickelt wurden.
Gerade diesen kann man keinen Vorwurf machen, wenn sie sich nicht mit dem Rentensystem der BRD auskannten, da für die Bürger der DDR der Staat alles unter seiner Regie geregelt hatte.
Einige Betriebe wurden in GmbHs oder Aktiengesellschaften umgewandelt. Stichtage bei der Übertragung des volkseigenen Betriebsvermögens und Anerkennung der neuen Rechtsform in das zuständige Amtsregister spielen eine Rolle sowie noch viele andere behördlichen Vorgänge, die auch zur Rentenberechnung von Bedeutung sind wie Rentenerhöhungen, Abzüge, Gesetzesänderungen.
Wie also soll sich jemand, der sein Leben lang gearbeitet und mit anderen Dingen beschäftigt war, sich in diesem Wust von Vorschriften zur Rentenberechnung auskennen?
Dafür gibt es die beratenden Mitarbeiter der Rentenkasse, die den Bürgern bei der Antragstellung behilflich sind.
Dass das umfangreiche Prozedere der Rentenberechnung nicht bei jedem Bürger zu dem korrekten Ergebnis führt, ist nachvollziehbar.
Der entscheidende Punkt hier ist aber, das er in Unkenntnis der Materie oft überhaupt nicht in der Lage ist, seine Berechnung der Rente auf Exaktheit zu kontrollieren. Er ist abhängig von dem Ergebnis, dass ihm letztendlich als Rentenbescheid zugeschickt wird, und ihm bleibt nichts weiter übrig, im Vertrauen diesen so zu akzeptieren.
Wenn sich herausstellt, dass die Rente zu niedrig angesetzt wurde – nicht etwa, weil man fehlende Nachweise nicht termingerecht bei der Rentenkasse vorgelegt hat, sondern ein Fehler bei der Ermittlung der Höhe durch die Kasse erfolgte – so ist nach dem geltenden Recht des Staates die Forderung nach Korrektur und Nachzahlung nach vier Jahren erloschen.
Vielen Bürgern wird damit der volle, ihnen zustehende Rentenbezug nach ihren Arbeitsjahren verwehrt. Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit und einem Sozialstaat nicht würdig, der auf diese Weise immer mehr zerstört wird. Und niemand wird jetzt behaupten wollen, dass es in unserem Land nur wenige Rentner gibt, die jeden Groschen dreimal umdrehen müssen.
Derartige Fristensetzungen gibt es auch in anderen Behörden.
Auf diese Missstände wird heute abend in „Report Mainz“ am 5.10.2009, 21.45 Uhr im Ersten hingewiesen und Abhilfe gefordert.
Report Mainz:
Die Vorsitzenden des Sozialverbandes VDK, Ulrike Mascher, hat gegenüber dem ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ gefordert, Rentennachzahlungen künftig nicht auf vier Jahre zu begrenzen, wenn ein klarer Fehler der Rentenversicherung vorliege. Mascher sagte in der Sendung „Report Mainz“, für solche Fehler müsse die Rentenversicherung gerade stehen:
„Das kann sie nicht abwälzen auf den Rentner und dann sagen, wenn Du das nicht bemerkt hast, bist Du halt der Dumme.“
Das zuständige Bundesarbeitsministerium erklärte gegenüber dem ARD-Politik-Magazin, dass diese Vier-Jahres-Frist schon immer gegolten habe:
„Hintergrund sind die unabsehbaren Finanzrisiken für das System Rente.“
Der VDK hält diese Begründung für wenig schlüssig.
„Im Umkehrschluss heißt das ja, dass es sehr viele Fälle sind“
so Ulrike Mascher gegenüber „Report Mainz“.
„Und wenn das sehr viel Fälle sind, dann finde ich das völlig unakzeptabel, die Rentnerinnen und Rentner so abzuwehren.“
Immer wieder würden Rentner durch die Vier-Jahres-Frist viel Geld verlieren.
Der Vorsitzende Richter am Bundessozialgericht Professor Wolfgang Meyer kritisiert in dem ARD-Magazin, dass die Vier-Jahres-Frist mittlerweile auch in Fällen angewendet werde, in denen die Rentenversicherung den Rentner aktiv falsch beraten habe. In solchen Fällen profitiere die Rentenversicherung davon, dass sie die Bürger von der Verwirklichung ihrer Rechte abhalte.
„Das scheint mir mit dem Sinn und Zweck des geltenden Rechts nicht vereinbar zu sein“
so Meyer wörtlich. Eine „Schieflage zu Lasten der Rentner“ könne man auch darin sehen, dass es im umgekehrten Fall keine Vier-Jahres-Frist gebe:
„Wenn ein Rentner zu viel bekommen hat, muss er alles erstatten, was er zu viel bekommen hat“
so Meyer weiter.
Hintergrund sind unter anderem die vor wenigen Wochen veröffentlichten Prüfungsergebnisse des Bundesversicherungsamtes. Die Prüfer deckten dabei auf, dass Tausende Rentner zu wenig Rente bekommen hatten, weil die Deutsche Rentenversicherung versäumt hatte, sie auf die für sie günstigste Rentenform hinzuweisen. Auch hier sind die Nachzahlungen auf vier Jahre begrenzt.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an „Report Mainz“, Tel.:
06131/929-3351.
Quelle: http://www.presseportal.de/pm/75892/1487809/swr_das_erste