Gladio Berlin: Fehlender Haftbefehl
Die US Schriftsteller haben es vorgemacht. Brisante Wahrheit verpackten sie in Romanerzählungen. Einer der berühmtesten Tatsachenberichte in Form einer Romanerzählung ist: „DER PATE“ von Mario Puzo, der im Original den Titel: THE GODFATHER trägt und schonungslos die Verflechtung zwischen Polizei, Justiz, Politik und Show Business mit der italienischen Cosa Nostra (dies ist unsere Sache) offen legt.
Wer „Gladio Berlin“ entschlüsseln will, sollte vielleicht zuvor „Paul Pieper und die Blockflöten“ lesen. Ein erstaunlicher Zusammenhang, der mich selbst überraschte.
Einführung
(Fakten, mit sehr kleinen literarischen Einlagen)
Wir tauchen ein in das (West-) Berlin der Vorwendezeit, in dem nicht nur STASI- Spitzel konspirativ durch die Straßen schleichen und Schlapphüte aus allen Ländern, sondern eine heimliche Allianz entstand, die der neokonservativen Jugendlichen, einer Seilschaft, welche wenige Jahre später die politischen Geschicke dieser Stadt bestimmte.
Thunder Bay, Ontario, Kanada ist ein 100.000 Einwohnerstädtchen, hat einen kleinen Flughafen, mit – merkwürdig – internationaler Einbindung und ist Kanadas drittgrößter Hafen, in dem insbesondere Getreide umgeschlagen wird, weshalb die größten Getreidesilos der Welt auch die Skyline der Stadt bestimmen. Daneben gibt es noch eines der führenden Forschungslabors der Kriminaltechnik auf dem Gebiet der DNA- Analyse.
Hier in Thunder Bay, ON, wurde im August 2006 der ehemalige Hamburger Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Hans- Jürgen L festgenommen, auf Grund eines Haftbefehls, der erst viele Jahre nach seiner Flucht 2002 erlassen wurde, weil der Sachbuchautor und OK Spezialist Jürgen Roth sich bei der Justiz erkundigte, warum dieser Mann, gegen den die Justiz in Hamburg und Mecklenburg Vorpommern wegen des Verdachts der Untreue ermittelte, nicht mittels Haftbefehl international gesucht wird.
Das Geheimnis des fehlenden Haftbefehls konnte der Sachbuchautor Jürgen Roth auch nicht klären, seine Nachfrage bewirkte dann doch, dass das Unterlassene von der Schweriner Justiz nachgeholt wurde.
Hans-Jürgen L. war nicht irgend ein Straftäter, er hatte in über 200 Insolvenzverfahren, die er betreute einen Schaden in Millionenhöhe angerichtet und obwohl vor dem Landgericht Schwerin, nur ein kleiner Teil seiner Straftaten angeklagt war, der größte Teil der angeklagten Straftaten unter den Tisch fiel, kam im Urteil, welches auf einen Kuh- Handel und einem Teilgeständnis basierte, immer noch eine Schadenssumme von etwa 3 Millionen Euro heraus. Insider Schätzen die wirkliche Schadenshöhe auf gute 250 Millionen Euro.
Der vergessene Haftbefehl verbreitet den Geruch der politischen OK, in Form der Organisierten – Justiz – Kriminalität. Dieser Verdacht zwingt sich deshalb regelrecht auf, weil Zielfahnder des LKA Mecklenburg Vorpommern nach diesem Hans- Jürgen L. fahndeten und Geschädigte, welche nach dem Verbleib des Verschwundenen forschten, kontaktierten und deren Recherche- Ergebnisse abfragten.
Was wollten die Zielfahnder mit diesem Wissen?
Einen Haftbefehl gegen den Mann gab es nicht. Sie konnten ihn allenfalls kontaktieren und höflich bitten nach Deutschland zurück zu kehren, um sich hier der Justiz zu stellen.
Für jeden, der auf der Flucht ist, der Hinweis, den Aufenthaltsort zu wechseln. Derartiges unterstellt, drängt sich der Verdacht eines Sponsoring der besonderen Art für einen Flüchtling auf.
Prozess in Schwerin:
Bei dem Prozess vor dem Landgericht war ich Prozessbeobachter und staunte nicht schlecht, als sich der Angeklagte dahingehend einließ, dass er seine Flucht im Jahre 2002 mit über eine Million Euro im Reisegepäck antrat. Eine gewaltige Summe, welche er angeblich in wirtschaftlichen Aktivitäten auf den Philippinen und in Kanada in nur drei Jahre verlebt haben will, zuzüglich habe er seine in Deutschland wohnende Ehefrau monatlich mit einem fünfstelligen Betrag unterstützt. Dieses Sponsoring der Ehefrau sind zusammen lächerliche 360.000 Euro. Wo ist der Rest des Fluchtgeldes von fast 900.000 Euro?
Das Gericht hat diese dämliche Einlassung überspielt, hat abgelenkt und den Verbleib des Fluchtgeldes nicht weiter erforscht.
Fahrräder und Motorräder für Thunder Bay
In Thunder Bay, Ontario, arbeitete Hans- Jürgen L. als Hilfsmechaniker in einem kleinen Fahrrad- und Motorradgeschäft, fiel einem Ontario Provinzpolizisten auf, weil er ein Fahrzeug mit einer Tageszulassung des US Bundesstaates Ohio viele Monate fuhr.
Wie kam die „Kohle“ zu seiner Ehefrau?
Die Ehefrau des Hans- Jürgen L. lebte in Hamburg, der von der Justiz „beinahe“ Gesuchte im fernen Kanada und als Prozessbeobachter stellte sich mir die Frage: Wie denn das Geld von Kanada nach Deutschland gekommen ist? Geldüberweisungen – auch nicht Cash über Western Union zum Beispiel – konnte ich nicht feststellen. Alles sprach dafür, dass ein regelmäßiger Kontakt – in Form eines reisenden „Boten“ – gegeben war.
Ein Schleier fällt
Nun behaupte ich, dass ich mich in Kanada und den USA etwas auskenne, nur der Name Thunder Bay sagte mir nichts, liegt das Nest doch auch am westlichsten Rand der Provinz Ontario, am Ende des Sankt Lorenz Seeweges.
Dort in der Nähe war ich einmal, in Fort William. Also bat ich dort lebende Freunde um Recherchehilfe, um staunend zu erfahren, dass Port Arthur und Fort William seit 1969 das Hafenstädtchen Thunder Bay bilden.
Hört sich nach Wissenslücke an, veränderte aber die gesamte Recherchesituation.
Der Weg des Geldes
Fort William ist ein Zentrum der Mennoniten, der Spättäufer, in Ontario. Bei den Mennoniten ist jeder Gläubige auch ein Prediger. Es sind „anständige, schaffige Leut“, wie ein Schwabe sagen würde. Mennoniten gibt es in Polen, Deutschland, den Niederlanden und Frankreich. Eines der kanadischen Zentren dieser religiösen Bewegung ist Kitchener, Ontario, das ehemalige Berlin, welches ich noch als kleines, verträumtes Stadtchen mit etwa 75.000 Einwohnern erleben durfte, wo ich in einem Elektrogeschäft verzweifelt nach dem englischen Wort für (Elektrische-) Sicherung suchte und die alte Frau hinter dem Ladendtresen sagte: „Ach Jungchen, red dietsch mit mir.“
Schulter zum ausweinen
Für manches Erlebte benötigen wir alle einen Gesprächspartner, einen Beichtvater, einen väterlichen Ratgeber oder einfach eine Schulter, an der wir uns ausweinen können. Ich habe den Priestern nie getraut, bei einem älteren Mennoniten eine solche Schulter gefunden, ein Mann dem ich vertrauen konnte, mit dem ich über Dinge redete – über die ich nicht mit Externen reden durfte. Diese Schulter führte mich vor nunmehr 31 Jahren nach Fort William in Ontario.
Ein Typ mit dem Namen „Schwanz“
Diese Reise nach Fort William, Ontario, wäre keine Erwähnung wert, wäre mir in Fort Williams damals nicht ein Herr aus (West-) Berlin über den Weg gelaufen, ein »Otto Schwanz«, der, wie auch ich, auf der Suche nach Abwechslung vom trostlosen, eisigen kanadischen Winter war, nach einer Bettflasche mit Ohren, was in der kanadischen Provinz damals keineswegs ein leichtes Unterfangen war. Mein Beichtvater war irgendwo im Hinterland unterwegs, um andere Gläubige seiner Kirche zu besuchen.
Otto Schwanz war schon damals nicht irgendwer. Er war der Reisepassbeschaffer einer Gruppe von West- Berliner (jungen) Antikommunisten. Eine Aufgabe die er mittels Einbrüchen in Westdeutsche Rathäuser und Passämtern erledigte. In späteren Jahren unterhielt er das Westberliner Edelbordell, in dem sich die politische Prominenz der Stadt gegenseitig – ohne jede Absprache – öfters traf, als im Abgeordnetenhaus. Er verstarb im August 2003.
Einer der wenigen Zuhälter, welche mir Respekt abgenötigt haben, da seine ruchbar gewordene kriminelle Karriere, das Ergebnis nachrichtendienstlicher Manipulationen war. Seine letzte Gefängnisstrafe fing er sich in Berlin, weil er sein Pfenniggeschäft, den Handel mit gefälschten BVG-Fahrkarten, versuchsweise auf Handel mit gefälschten US Dollars ausgedehnt hatte.
Dieser „Dollar-Blütenfall“ schrie förmlich die drei Buchstaben: CIA!
Erst viele Jahre später begegnete ich, rein zufällig, diesem damals schon von Krankheit schwer gezeichneten Mann in Berlin wieder und erfuhr in einer Vielzahl von – oftmals sehr kurzen Gesprächen – seine wahre Lebensgeschichte. Otto Schwanz hat von mir nie erfahren, dass wir uns aus Fort William, Ontario, kennen. Ich habe ihn nie auf Kanada angesprochen.
Verdächtiger Kontakt
Dubiose Kontakte hatte ich damals zu vermeiden oder unverzüglich zu melden. Den Kontakt in Fort William mit Otto Schwanz verschwieg ich tunlichst. Denn, natürlich schaute ich mir Deutsche im Ausland näher an. Der alte Spruch: „Fürchte weder Sturm noch Wind, aber die Deutschen die im Ausland sind“ – hat mehr als nur einen wahren Kern.
Schwanz bewegte sich damals in Kanada, ohne jeden Zweifel, nicht als normaler Tourist. In den wenigen Tagen in denen ich in Fort William war, wechselte er über die nahe US Grenze.
Dies war damals kein Problem. Die Grenzer fragten lediglich nach dem Geburtsort. Wer außerhalb Kanadas oder den USA geboren war, hatte sich auszuweisen. Der Führerschein und die Geburtsurkunde genügten für Ausländer nicht. Der Ausländer hatte die „Green Card“ zu zeigen oder seinen Reisepass mit einem gültigen US Visum.
Tja, der Pass von Otto Schwanz lag im Hotel. Nicht in seinem Zimmer, sondern in meinem, wo er seine Jacke nach einer „Nierenspülung“ vergessen hatte.
Merkwürdige Hilfsorganisation
Das Interesse von Otto Schwanz galt in Fort William einer Hilfsorganisation für deutsche Auswanderer, deren Träger angeblich das Deutsche Rote Kreuz war. Das Verhalten von Otto Schwanz und seine Ortskenntnisse in Fort William (in Bezug auf leichte Mädchen und guten Kneipen) zeigten mir damals, das dies nicht der erste Besuch des Westberliners in Fort William war.
Diese Erkenntnisse reichten mir. Ich ging zu diesem Kontakt auf Distanz und wechselte das Hotel.
Ein Märchenerzähler mit dem Namen „Herbert“
2001, im Rahmen einer der größten, rein journalistischen Recherchen, welche ich je machte, begegnete mir damals ein Herr mit den Namen „H…“ , dem ich in diesem Artikel den Namen „Herbert“ gebe.
„Herbert“ hatte die Termini drauf, welche in den Sechzigern und Siebzigern nur die Angehörige westlicher Nachrichtendienste in West – Berlin verwendeten und dieser Herbert behauptete, dass es eine Berliner „Gladio“ gegeben habe.
Stay-Behind-Organisation – Gladio
Über Gladio wurde schon sehr viel Unfug geschrieben. Die Angehörige von Gladio waren einfache Menschen mit gewöhnlichen Berufen, wie Metzger, Tischler, Installateure. Nie aber Politiker, da die eigentliche Aufgabe von Gladio darin bestand, wenn das Land von Truppen des Warschauer Paktes überrannt wird, mittels spezieller Funkgeräte – so lang als möglich – über die Situation der besetzten Gebiete und den festgestellten Truppenbewegungen zu berichten.
Angehörige von Gladio hatten meist nur die normale, militärische Ausbildung von Wehrpflichtigen und eine Zusatzausbildung in Sachen Konspiration, Beobachtung, Verifizierung, Berichtspflichten und Bedienung des ihnen überlassenen Funkgerätes.
Soweit zur offiziellen Gladio.
Die Mitglieder der Berliner Fluchthelferorganisation – für die auch Otto Schwanz arbeitete – gehörten dieser Stay-Behind-Organisation der NATO ohne jeden Zweifel nicht an. Würde Westberlin besetzt, so wären sie unter den ersten Festgenommenen des nachrückenden MfS der DDR gewesen. Für Gladio waren diese Typen schlicht unbrauchbar und im Falle ihrer Festnahme durch östliche Nachrichtendienste sogar gefährlich.
Der Nachrichtendienst der Neokonservativen in West- Berlin
Die West- Berliner Fluchthelferorganisation, welche sich um eine Anwaltskanzlei in Westberlin fand, hatte eine streng Deutschnationale Ausrichtung und diente in ihren Anfangsjahren sogar als Fluchthelfer und Herberge für Südtiroler Terroristen. Diese Organisation auf Westberlin zu beschränken wäre ein Fehler, was bereits der Umstand beweist, das am Anfang der Organisation mit Schweizer und Österreichischen Pässen, welche Studenten der Organisation überlassen hatten, Flüchtlinge aus der DDR – unmittelbar nach dem Mauerbau 1961 – ausgeschleust wurden.
Kontakte der Fluchthelfer – nach Südtirol, Schweden, die USA und Kanada sind ebenfalls unproblematisch nachzuweisen.
Verbindung der einzelnen Fäden:
Es war reiner Zufall. Ich verband meine damaligen Erkenntnisse über die Auswander- Hilfsorganisation in Fort William mit den Erkenntnissen der Affäre um Hans- Jürgen L.
Angeregt wurde diese Verbindung der Fäden durch das Buch von Jeffrey T. Richelson „Defusing Armageddon.“ Frei nach dem Motto: Zwei Mysterien am gleichen Ort – gibt es da eine Verbindung? Eine alte, vergessene Struktur? Oder wie kommt ein flüchtiger Deutscher in dieses relativ entlegene Städtchen, am Ende der Welt?