Gladio Berlin: NVA Panzertransporter MAZ 537 für die UdSSR
Wie die Berliner Bleibtreustrasse zur Blei-streu- Straße wurde:
Hans Helmcke war der König des Berliner Rotlichts. Ihm gehörten das Café Chérie“, „Hotel Nobel“, „Picadilly“, „Villa Ascona“ – und die „Pension Clausewitz“. Also der teuersten Puffs der Stadt. Ein iranischer Teppichhändler, welcher später den Nickname „Pistolen Ferry“ erhält, wollte in das Geschäft mit den leichten Mädchen ebenfalls einsteigen.
Am 27. Juni 1970 ertönt vor dem Lokal „Bukarest“ der Schlachtruf: „Jetzt gibt es Balalaika!“ Etwa dreißig Bewaffnete stürmten das Lokal.
Maschinenpistolen ratterten, Pistolenschüsse durchpeitschten die Nacht. Als sich der Pulverdampf verzog, das Blaulichtgewitter die Straße erreichte, fanden die Uniformierten drei angeschossene Iraner und in einem Schulhof eine Maschinenpistole, vier Revolver und eine Pistole, welche ihre Inhaber nicht mehr benötigten und auf dem Rückzug nicht mitführen wollten.
Der König ist tot, es lebe der König
Hans Helmcke wurde 1973 von einem Hamburger Zuhälter ermordet, sein Leibwächter Waldemar Schwanz mutiert zum Rotlichtkönig. Ständig am finanziellen Abgrund. Mehr Show als „Sein“. Für die Justiz war dieser Waldemar Schwanz kein Unbekannter. Mit Siebzehn fing er sich die erste Vorstrafe 1957 ein.
Sein „Blaue Engel“ in der Budapester Strasse (Berlin- Europa- Center) war einige Jahre „das“ Bordell in Berlin schlechthin, wo der Regierende Bürgermeister unschwer den amtierenden Bundeskanzler treffen konnte. Es war das Reich von Waldemar Schwanz, den die Berliner Unterwelt „König Otto“ nannte, weshalb er sich das Pseudonym „Otto Schwanz“ zulegte. Ende der Sechziger war dieser Waldemar Schwanz in der Berliner Unterwelt noch ein relativ unbedeutendes Licht.
Was machte der Typ um diese Zeit in Kanada?
Kanada ist kein Gesprächsthema. Ein kleiner Hinweis gibt Otto Schwanz selbst, als er auf seine letzte Verurteilung zu sprechen kommt. Schwanz ist bekennender Ganove und keiner der seine Vita kaschiert, um nachträglich den Anschein eines Ehrenmannes – entgegen der Wahrheit – zu erwecken. Beim Dollar- Blütenfall rutscht ihm das Sätzchen heraus: „Deet war der CIA.“
Nur eine Arbeitshypothese
Stimmt das, was ich über diesen Mann weiß, dann war Otto Schwanz ein Schützling der westlichen Nachrichtendienste. [Dazu später.] Warum also mutmaßte dieser Mann, dass dies eine eiskalte Dusche eines Nachrichtendienstes war? Seine Karriere fand Mitte der Achtziger durch einen Bestechungsskandal ein jähes Ende.
Eine Antwort könnte ein Vorfall aus dem Jahr1983 geben, da verschwanden aus dem Berliner Hauptzollamt 4.500 Kartons Nordhäuser Doppelkorn, den Schwanz über die Kommerzielle Koordinierung (KoKo) – dem Imperium des Staatssekretär Alexander Schalck- Golodkowski – unverzollt bezogen hatte.
Die Geschäfte der KoKo seit 1966
Haupteinnahmequelle waren Provisionen und überhöhte Zinsen für Importlieferungen, sowie Verschleuderung von DDR Erzeugnissen auf den West Märkten zu Dumpingpreisen.
Der Grund für die KoKo war keineswegs der „lächerliche“ Funktionärseinkauf von Westwaren für Wandlitz, sondern die Versorgung der DDR mit Investitionsgütern aus dem Westen zur Modernisierung der DDR Industrie, die Rohstoffbeschaffung, bei explodierenden Weltmarktpreisen und besonders die Bedienung des Zinsdienstes der verschuldeten DDR, mit Devisen.
Zur Sicherung des wirtschaftlich operativen Geschäftes wurde der Auslandsgeheimdienst (HVA) der DDR ebenso eingesetzt, wie West- Ganoven.
Wo landen ausländische Geschäftsfreunde, bei einem Berlinbesuch?
Dort wo sie in jeder Stadt landen. Auf Kosten der besuchten Firma im Bordell. Ein Service, den bei VW, wie wir zwischenzeitlich alle wissen, sogar Betriebsräte der eigenen Firma genossen.
Bei Geschäftsanbannungen können die Kontakte der Luden und ihrer Leibwächter durchaus Türöffner sein, zumal dann, wenn es um „vertrauliche“ Geschäfte geht und der zu Kontaktierende nur sicher sein will, dass er sich mit einem dem Luden bekannten Kaufmann trifft. Frauen und Wein haben schon immer „Männerfreundschaften“ begründet.
Abgleich der gewonnen Erkenntnisse
Nord- und Westontario ist ein Zentrum des Erzabbaus. Die Stadt Greater Sudbury in Nordontario lebt vom Kupfer und Nickelabbau. Verschifft werden diese Erze über den Hafen von Port Arthur, dem heutigen Thunder Bay. Das Stichwort Rohstoffbeschaffung wäre damit erfüllt.
Eine weitere wichtige Aufgabe der KoKo war die Versorgung der DDR mit Investitionsgütern aus dem Westen, zur Modernisierung der DDR Industrie. Und genau dieser Punkt machte mich stutzig. Das Büro dieser Wohlfahrtsorganisation lag in einem Industriegewerbekomplex, wo damals auch Firmen wie Caterpillar vertreten waren und was noch wesentlich interessanter war, ein Händler für alte Caterpillar Ersatzteile und gebrauchte Maschinen.
Gas gegen Rohre und Hilfe beim Trassenbau
Der einzige Energieträger der DDR war die Braunkohle. Ende der Sechziger war die UdSSR so weit, dass die riesigen Erdgas- und Erdölreserven Sibirien erschlossen werden konnten und bat die Bruderstaaten um Hilfe. Natürlich war die DDR dabei, nicht aus „Bruderliebe“ sondern weil sie diese Energieträger dringend benötigte.
Dies waren gleich zwei Jobs für das Schalck- Golodkowski Imperium. Wenn technisches Gerät aus der DDR, wie zum Beispiel der Panzertransporter MAZ 537 oder Traktoren des Typs K 700 zum Trassenbau gingen, brauchte die DDR neues Gerät oder aber musste das vorhandene, alte, vermutlich längst ausgemusterte Gerät wieder in Dienst stellen und benötigte Ersatz- und/oder Gebrauchtsteile.
US Lieferembargo
Auch die Firma Caterpillar stand Gewehr bei Fuß, doch die US Regierung verhängte ein Lieferembargo.
Tja, solche Kleinigkeiten waren das Geschäft der KoKo. Das Lieferembargo der USA betraf Russland, nicht den Braunkohleabbau in der DDR. Wollte man keine schlafenden Hunde wecken, dann wickelte man solche Embargobrechende Maßnahmen still und leise außerhalb den Vereinigten Staaten ab. Zum Beispiel in Kanada, zu einer Zeit, in der im Westen noch keiner ahnte, was demnächst in der UdSSR benötigt wird.
Damit wird auch der merkwürdige Grenzübertritt erklärlich. In Begleitung, sich verbürgender Geschäftsfreunde, die bei einer sehr wichtigen US Firma beschäftigt sind, konnte ein Westdeutscher damals unproblematisch beim Grenzübertritt auch schon einmal seinen Pass vergessen. Illegale überqueren die Grenze in der Regel nicht in einer Luxuslimousine, einer großen und mächtigen US Firma.
Die Wohltätigkeitsorganisation macht Sinn
Kirchen und Wohltätigkeitsorganisationen haben in der Regel keine Probleme Personen in ein Land zu bringen. Nur ein Beispiel: Ein Verstorbener, ehemaliger Einwanderer, dem ein Verwandter aus der DDR die letzte Ehre erweisen will, ist schon immer ein trefflicher Grund gewesen, um ein Visum zu erhalten, zumal dann, wenn die notwendigen Nachweise mit Hilfe einer Wohlfahrtsorganisation lückenlos zu führen sind.
Zwischenergebnis:
Die gefundene Arbeitshypothese klingt plausibel, zumal eine nähere Überprüfung des Dollar-Blüten- Falles zeigt: Es ist fast unmöglich sich auf eine noch dämlichere Art in den Knast zu bringen. Schwanz ist zum Zeitpunkt dieses Falles kein Anfänger, sondern als alter, erfahrener Hase.
Im Moment komme ich bei meinen gedanklichen Überlegungen nicht weiter und kehre zurück zum Fall des ehemaligen Insolvenzverwalters Hans-Jürgen L
Was machte Hans-Jürgen L in Kanada?
Ein merkwürdiger Fluchtweg nahm dieser: Hamburg, Hongkong, die Philippinen, der Mittle Westen der USA, Thunder Bay, Ontario. Zufall oder gab es Gründe für diesen Weg? Auf die Firma Caterpillar bin ich bei meinen Überlegungen zu Schwanz nicht zufällig gestoßen. Ich vermisse im Falle des Hans-Jürgen L. – in einem seiner Insolvenzverfahren – die Bezahlung eines „Steinbrechers“, welcher über eine Hongkong Firma des Flüchtlings verkauft und ausgeliefert wurde. Geld kann einer auf der Flucht immer gebrauchen, weshalb es grundsätzlich Sinn macht, seine Fluchtroute so zu wählen, dass offene Forderungen – gleich welcher Art – überprüft und wenn möglich eingefordert werden können.
Dazu später mehr.
Anmerkung:
Die (Roman-) Figur des Demis Turan im Teil II wird noch sehr wichtig, wenn sich im Fall des Hans- Jürgen L. herausstellen sollte, das Thunder Bay aus einem bestimmten Grund und nicht zufällig Endziel des Flüchtlings war, da dann die Gedankengänge von Schattenmänner zu erklären sind, die eine Person zwanzig Jahre nach einer temporären Zusammenarbeit eiskalt abduschen, wie es Otto Schwanz selbst unterstellt hatte.