Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland (YEK-KOM): Regierung der Türkei hat „historische Chance“ die begonnene „Demokratische Öffnung“ fortzusetzen.
Über Jahrzehnte herrschte Krieg und Militärdiktatur in der türkischen Republik. Mit der konservativen Regierung Tayyip Erdogans, und dem umsichtigen Präsidenten Abdullah Gül, ergab sich nun eine vor Jahren begonnene Aussöhnung der Staatsbürger unterschiedlicher Herkunft und Sprache. Erste Schritte zur Anerkennung der Kurden als ethnische Minderheit in der Türkei, bei gleichen Rechten und Pflichten als Staatsbürger, die Aufhebung des unsäglichen Verbots einer ganzen Sprache, eine behutsame Verständigung durch verschiedene politische und kulturelle Vereine, dies alles ermöglicht in diesen Tagen die Vorstellung von einem endgültigen Endes bewaffneter Konflikte zwischen Staatsbürgern unterschiedlicher Identität. Für die Türkei ohne Zweifel ein Gewinn. Die Republik am Bosporus hat, als Handelsbrücke zwischen den arabischen und persischen Völkern zum Mittelmeer und bis nach Europa, alle Möglichkeiten ihre Rolle auch als Heimat der Diplomaten der Region zu pflegen, zum Wohle allgemeiner Prosperität in der Region.
Die Rolle Deutschlands hierbei, mit starken türkischen, kurdischen und deutschen Minderheiten unterschiedlichster Herkunft ist hier nicht unwichtig. Der Tag wird kommen, an dem ein Deutscher – oder eine Deutsche – türkischer Herkunft Bürgermeister von Berlin sein wird, und ein Türke kurdischer Herkunft Bürgermeister von Istanbul. Ganz ohne Zweifel.
Hier nun die Erklärung der Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland (YEK-KOM) zum laufenden Verständigungsprozess zwischen Staatsbürgern unterdschiedlicher Herkunft und Identität in Deutschland und der Türkei, welche Radio Utopie vorliegt.
„Als Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland (YEK-KOM) begrüßen wir die Ankunft der FriedensbotschafterInnen, die dem Aufruf von Herr Abdullah Öcalan gefolgt sind, um den ins Stocken geratenen Friedensprozess in der Türkei voranzubringen.
Während die türkische Regierung auf der einen Seite von einer friedlichen Lösung der Kurdischen Frage spricht, verfolgt sie weiterhin ihre Verleumdungs- und Vernichtungspolitik. Die Kurden mit all ihren Politikerinnen und Politikern, der Kurdischen Freiheitsbewegung und insbesondere den Repräsentanten des kurdischen Volkes, Herrn Abdullah Öcalan, halten – trotz der ambivalenten Politik der Regierungsvertreter – an ihrem Friedenskurs fest und sind mit ihrer aufrichtigen und humanitären Art an einen Punkt gelangt, welches selbst die gewaltablehnende und friedliche Art von Mahatma Gandhi übertrifft.
Daher unterstützen wir ebenso den Vorschlag von Herrn Abdullah Öcalan und die große Mission der entsandten Friedensdelegationen. Wir rufen unsere Vereinsmitglieder, Freundinnen und Freunde, zivile Einrichtungen sowie alle
Friedensorganisationen auf, sich für den Frieden zu engagieren, die gestartete Friedensinitiative zu unterstützen und sich gemeinsam mit uns an diesem Prozess zu beteiligen. Für alle Menschen aus Kurdistan gilt:Welchen Beitrag sie auch immer für den Frieden leisten möchten, heute ist der Tag gekommen, das zu tun!
Die europäischen Länder sind aufgefordert, allen voran Deutschland, die Friedensinitiative zu unterstützen. Ein Frieden im Mittleren Osten und in Kurdistan wird sich auch positiv auf Europa auswirken – sei es bei den Themen Wirtschaft, Sicherheit, Integration oder auf kultureller Ebene. Der Frieden ist in jeder Hinsicht ein Gewinn im Gegensatz zum Krieg, der nur Vernichtung und Elend bringt.
Weiter stehen wir dem Diskussionsprozess der AKP Regierung zur „Demokratischen Öffnung“ der Kurdischen Frage positiv entgegen. Jedoch müssen wir feststellen, dass bis heute anstatt der erwarteten Schritte zur Demokratisierung des Landes, die Praxis der Verfolgung und Kriminalisierung von kurdischen PolitikerInnen, die fortlaufenden Militäroperationen und die Vernichtungspolitik gegen die kurdische Freiheitsbewegung weiter betrieben wird. Die Regierung, zusammen mit der Armee und ihrem Justizapparat schrecken nicht einmal davor zurück, gegen kurdische Kinder und Minderjährige drakonische Haftstrafen zu verhängen oder ihnen das Leben zu nehmen, wie beispielsweise im Fall der 13jährigen Hirtenmädchen Ceylan Önkol, die kürzlich vom Militär in Lice durch Mörserbeschuss getötet wurde!
Es gilt zu hoffen, dass die jetzigen Friedensdelegationen nicht das gleiche Schicksal erwartet, wie den vorangegangen zwei Gruppen, die vor zehn Jahren verhaftet und eingesperrt wurden. Für die AKP Regierung besteht dies nun
eine historische Chance, die begonnene „Öffnung“ mit konkreten Schritten zu füllen. Für den Aufbau des Friedens und der Geschwisterlichkeit zwischen den Völkern ist die türkische Regierung aufgefordert, die Friedensgruppen bei
ihren Bemühungen zu unterstützen und sie dementsprechend zu empfangen.“
(…)
Artikel zur Thematik:
28.07.2008 Operation Nabucco II: Turkey Under Radar Of Ergenekon And Oil War
15.07.2008 Operation Nabucco: Die „PKK-Entführung“ am Ararat
04.12.2007 Kurden-Partei DTP: friedliche Lösung für Republik Türkei
29.10.2007 Europaweit Angriffe auf Kurden durch türkischen Militärgeheimdienst organisiert?