Ich könnte jetzt lang und breit über all die Kleinigkeiten am Rande berichten, die so eine Ansammlung von Menschen mit sich bringt, die dafür nichts bezahlen müssen. Aber letzten Endes war es einzig und allein das ganz besondere Konzert eines Künstlers, der dieses auch in London, Paris oder Rom hätte geben können. Warum musste es unbedingt Berlin sein?
Robbie Williams ist bei seiner umjubelten Open Air Tour in Deutschland 2006 als lebendes umgedrehtes Kruzifix auf die Bühne gesegelt. Bereits zu „Rock DJ“ hatte er 2000 unter Anleitung seines damaligen Produzenten und Songschreibers Guy Chamber ein Video gedreht, in dem er sich einigermassen grässlich entblätterte, bis er sich die Haut abzog um metaphorisch den Satan im Menschen zu entblössen. Als Entertainer war er in Hochform, die Zuschauer waren euphorisiert. Persönlich war Robert Peter Williams todunglücklich.
Nachts musste ein Leibwächter in der Nähe seines Bettes schlafen, damit der umjubelte Popstar Ruhe fand. An seiner Romanze Nicole Kidman, die er vor und nach der Produktion von „Something stupid“ aufwendig umwarb, nahm er später mit „Sexed Up“ grausame Rache; heute hörte man im Fernsehen stundenlang darüber, dass die ihm „zugeführte“ Freundin – eine Fitnesstrainerin – ja so einen guten Einfluss auf ihn hätte. Aus Los Angeles ist Robbie Williams mittlerweile wieder raus, zurück auf den Inseln.
Ach ja – das Konzert. Und wie war das jetzt mit Berlin?
Stimmlich war es ein bisschen a la Remember September, quasi unterkühlt. Die Band spielte hervorragend, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht als diese Songs zu spielen. Sogar der Sound war gut, mal von dem üblichen Anfang abgesehen, nur Stimme und Bassdrum, bis dann der Mischer sich endlich sicher genug fühlt um die Regler wieder auf die Pegel vom Soundcheck hochzuziehen. Der ganze Tohuwabohu mit Fernseh-Monitoren wirkte sogar hilfreich, es waren weit mehr als die angeblichen 7000 Besucher, mindestens 10.000 Menschen standen um die Bühne herum und alle, alle freuten sich. Es war keine hysterische Begeisterung. Überall standen Leute mit so merkwürdig schimmernden Augen herum. Es war so eine merkwürdige Freude, irgendwie gerührt. Kommt da einer an und macht Musik und jeder darf dahin. Es dauerte eine Weile, bis alle wirklich angekommen waren, dort, in diesem Moment.
Die Songs. Also, Morning Sun.
The night can take the man from you
A sense of wonder overdue
The morning brings a mystery
The evening makes it history
Who am I to rate the morning sun?
Gefiel mir. Bei „You Know Me“ hatte man – und das ist ein wichtiges Wort, jedenfalls noch in der Kunst – man hatte das Gefühl, er würde tatsächlich und ursächlich in Berlin für genau die Leute dort am Prenzlauer Berg singen, welche ihm zuhörten. Die ganze Zeit über hatte man das Gefühl, dass Robbie Williams an Berlin hängt, auf eine seltsame Art und Weise, und dass dies nicht ausschliesslich mit seinem grossen kommerziellen Erfolg im Standort Deutschland zu tun hat. Bei „Come Undone“ riss es mich dann tatsächlich hin, zum Abschied brüllte auch ich laut „yeah“ und eine freundliche Besucherin befand, „Genau. Gut dass Du das mal gesagt hast“.
Nicht wahr? Finde ich auch.