Gladio Berlin: Weltfestspiele, Filz und Verrat

Zu den X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten (Ost-) Berlin vom 28. Juli bis zum 5. August 1973, welche unter dem Motto standen – „Für antiimperialistische Solidarität, Frieden und Freundschaft.“ – wird die DDR eine Sonderbriefmarke herausbringen. Delegationen aus 140 Ländern und acht Millionen Besucher kamen in die „Hauptstadt der DDR“.

Etwa 4.300 MfS Angehörige mischten sich unter das jubelnde Volk, fast 900 Personen werden aus der DDR ausgewiesen, über 2.000 vorsorglich festgenommen und etwa 450 in eine Psychiatrie gesteckt.

Eberhard Diepgen, Klaus Landowsky, Gero Pfennig und etwa zwölf weitere Mitglieder der Westberliner Jugendorganisation der CDU, der »Jungen Union«, verteilten auf dem Alexanderplatz  „Antikommunistische Flugblätter“. Kaum eines dieser verteilten Flugblätter erreichten  einen Jugendlichen aus der DDR oder einen anderen Besucher der Weltfestspiele. Das MfS hat die Gruppe mutiger, junger Antikommunisten umzingelt und sorgt dafür, dass der Flugblattvorrat an die MfS Angehörige verteilt wurde.

Wenige Jahre später gründen die drei genannten Personen eine gemeinsame Rechtsanwaltskanzlei und bildeten den Kern der so genannten »Beton- Fraktion«, welche zunächst die marode West- Berliner CDU reformierte und diese wenig später in die Regierungsverantwortung brachte.

Das Ende dieser politischen Epoche war der Berliner Bankenskandal.

Berlins ehemaliger Innensenator »Heinrich Lummer« behauptete in seinen »Berlin- Briefen« eine andere Geschichte. Danach seien die drei genannten Personen Zentrum der idealistischen Fluchthilfe gewesen.

Der spätere Berliner Bordell- König »Otto Schwanz« sei mit Gesinnungsfreunde durch die alte Bundesrepublik gereist und habe in Rathäuser und Landratsämter eingebrochen. Ziel sei die Beschaffung von blanko Pass- und Personalausweispapieren gewesen, welche zum Zwecke der Fluchthilfe – verfälscht ausgefüllt und weiter gegeben wurden.

In gefährlicher Mission

Unterstellt, es sei so gewesen, so waren die vier genannten Personen in einer sehr gefährlichen Mission unterwegs. Der 20- jährige Jurastudent Matthias Bath wollte

»Unrecht nicht nur deklamatorisch bekämpfen. Er wollte effektiv betroffenen Menschen helfen. «

und wurde zusammen mit zwei Freunden bei einer versuchten Fluchthilfe vom MfS festgenommen und obwohl selbst die STASI den Festgenommenen idealistische Motive unterstellte, zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Ein kleiner Auszug seiner Geschichte kann auf diesem Video – hier – jeder selbst von ihm persönlich hören.

Stadt der Spione

Westberlin war die Stadt der Spitzel und der Spione. Keinem in dieser Stadt durfte man trauen, auch nicht manchem Angehörigen der drei Schutzmächte.

Dr. Matthias Bath wurde 1976 verraten und obwohl er heute Staatsanwalt ist, hat er den Verräter nie gefunden, dafür viele vermeintliche „Freunde“, welche damals für die STASI  gearbeitet haben.

Neutralisierung

Sie brauchten weder in Ost noch in West tatsächlich Beweise. Zur Neutralisierung Verdächtiger liefen Maßnahmepläne wie Uhrwerke ab und mehrfach fiel in Ostberlin das Wort »Eliminierung«. Ein kommerzieller Fluchthelfer (Westberliner) wurde vergiftet und überlebte nur knapp. Ein Schweizer starb im Kugelhagel von Auftragsmördern.

Auch auf die drei oben genannten Anwälte war ein „Neutralisierer“ angesetzt. Der freie Journalist Ullrich Laue, dessen richtiger Name »Felix Eric Laue« war und der in der Quick den medialen Todesstoss vollstrecken sollte. Grundlage des Quick- Artikels waren Dossiers des MfS,  in deren Verteiler sich unter anderem der Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker befand.

Pure Desinformation

Darin können wir auf Seite 4 der „Personalauskunft über Eberhard Diepgen“ am 18.2.1986  lesen:

„…..Die Anwaltskanzlei Diepgen, Landowsky, Pfennig wurde in einem Bericht von »Felix Eric Laue«  in der BRD- Illustrierten „Quick“ mit dem kriminellen Menschenhandel in Zusammenhang gebracht…..“

Das MfS will noch mehr wissen:

„….Gero Pfennig und Klaus- Rüdiger Landowsky sollen an der Fluchthilfe bzw. Vermittlung von ehemaligen DDR- Bürgern an Westberliner Bordelle verdient haben….“

Die „Quick- Story“ ging in die Hosen, die Münchner Illustrierte verlor die Prozesse und nach der Wende wurde Laue als STASI Spitzel enttarnt. Er verstarb in Handschellen auf dem Weg zur Urteilsverkündung, an einem Herzinfarkt. Ihre neun Jahre Haft, welche Laue erwartet hätte,  konnten die Richter vergessen.

Konspirative Solidarität

Dieses Klima der Bespitzelung und Überwachung führte sowohl in Westberlin, wie in der kanadischen Provinz Quebec zu einer konspirativen Solidarität, ein Sumpf aus dem die RAF ebenso hervorging, wie Jahre zuvor die FLQ.

Der Sinn von Geschichte

Neues im politischen Klima gibt es nicht. Alles was Gegenwart ist – gab es schon einmal in vergleichbarer Form in der Vergangenheit und noch nie haben die Mächtigen aus den historischen Fehlern gelernt. Jedes System der Überwachung ist ein Mittel des Drucks und da sich keiner zerquetschen lassen will, weicht er dem Druck aus. Erreichen diese Ausweichmanöver das Niveau, welche als konspirative Solidarität bezeichnet werden kann, dann entstehen Schattengesellschaften, Subkulturen, Geheimbünde, Terror- und Verbrecherorganisationen.

Überwachung macht das Leben der Bürger nicht sicherer, sondern fördert geradezu die Bildung konspirativer Seilschaften, Bünde und Organisationen. Nur wo sich der Unmut Luft machen kann, wo offen über Probleme und politische Richtungen gestritten wird, kann eine Gesellschaft sich weiterentwickeln und denen Einhalt gebieten, die glauben, sie stünden über dem Gesetz.

Dies gilt auch für Regulierungsmaßnahmen wie beim Hartz IV, wo sich längst eine Subkultur der Armen, die Überleben wollen, gebildet hat.

Die neue idealistische Fluchthilfe

Sie wurde möglich, durch das Transitabkommen zwischen der Bundesrepublik und der DDR.  Geschleust wurde in präparierten Autos, aber auch mit Hilfe gefälschter Papiere oder mit Hilfe von Tunnels.

Zeitschiene

Der Abgleich der historischen Ereignisse um die idealistische Fluchthilfe und der Entwicklung der KoKo macht mir klar, dass ich meine Arbeitshypothese bezüglich des Grundes der Kanada Reise von Otto Schwanz unter „P“, wie Papierkorb ablegen kann.

Tja, Ende der gedanklichen Überlegungen mit dem vorhandenen Recherchematerial? Die Geschichte des Mannes, den ich Demis Turan genannt habe, bringt mich auf eine neue Spur.

Rache als Prinzip

Die USA sind in Sachen Nachrichtendienst „Barbaren“, ihnen fehlt der Hang der Britten zur Sportlichkeit. Ihr gesamtes Strafrecht ist auf das System der „Rache“ aufgebaut. Die teilweisen schrecklichen Schicksale der Spione der CSA im amerikanischen Bürgerkrieg sollen hier als Beispiele dienen. Spione banden die Nordstaaten unter anderem auf die Schienenräumer der Lokomotiven, mit einem Schild um den Hals und kutschierten die armen Menschen oft Monate kreuz und quer durch die USA, bevor sie gehängt wurden.

Die Methoden hatten sich im Laufe der Geschichte etwas verfeinert, dazu gelernt haben die Jungs von Onkel Sam jedoch nicht.

Selbst der Heldenfriedhof in Arlington (Arlington National Cemetery) ist aus schlichter Rache entstanden. Da der CSA General Robert E. Lee aus der US Armee ausschied, um für seinen Staat Virginia gegen die USA zu kämpfen, beschlossen Offiziere der US Armee, das in seinem Haus bei Washington D.C. nie wieder ein Lee wohnen sollte, weshalb sie unmittelbar um das Gebäude einen Friedhof errichteten.

Wer so denkt, kann vielleicht Kriege führen, aber keinen Nachrichtendienst.

Das Drama „US Nachrichtendienst“ zeigte sich besonders im Vietnamkrieg (1965- 1975), was die Jungs von der CIA als Bullshit produzierten, könnte in Biogasanlagen die Bundesrepublik viele Jahre lang mit Strom versorgen.

Wo tatsächlich Nachrichtendienst erforderlich war, griffen die US Präsidenten auf private Organisationen zurück, wie auf die

Pinkerton-Agentur

Pinkerton‘s National Detective Agency in Chicago war der eigentliche Geheimdienst der Nordstaaten im Bürgerkrieg, hatte aber auch keine Hemmungen, für Fabrikanten Streiks blutig niederzuschlagen.

Es war nicht die einzige private Organisation, welche als Polizei und Geheimdienst auftrat. Wells Fargo hatte ebenso seine Transportpolizei, wie alle großen  Eisenbahngesellschaften.

Die Frage ist klar, die ich mir stellen muss: Wer unterstützte die idealistische Fluchthilfe um Leute wie Otto Schwanz?

Anmerkung zu den „Berlin- Briefen von Heinrich Lummer“

Es waren erfrischende Briefe, welche neue Zugänge zu Wahrheiten öffneten. Leider sind sie 2003 aus dem Internet verschwunden. Was davon wahr ist, überlasse ich der Spekulation. Fakt ist, die in diesem Artikel erwähnten Personen haben sich alle gekannt und ich traue allen zu, an der idealistischen Fluchthilfe beteiligt gewesen zu sein. Von zwei der Genannten weiß ich es definitiv.

Heinrich Lummer irrt, wenn er behauptet, dass in der Anwaltskanzlei  Diepgen, Landowsky, Pfennig wären Papiere verfälscht worden. Den Fälscher kenne ich und als ich seinen Namen gegenüber Otto Schwanz erwähnte, sagte dieser im Glauben, das ich diesen Namen von ihm habe: „…Ik gloub – ik red  zuviel….“

Freunde zu verraten, kam für ihn auch dann nicht in Frage, wenn diese längst ehemalige Freunde waren.

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