Ermittler der Ethik-Kommission des Kongresses, die Untersuchungen zu Korruption und Lobbyismus von Abgeordneten durchführt, hatten im Juli diesen Jahres mehrere Anfragen zu Themen wie Verteidigung, Lobbyismus und Bestechung durch Unternehmen vorbereitet.
Die Untersuchungen wurden von mehr als dreissig Abgeordneten und mehreren Helfern durchgeführt.
Der zweiundzwanzig Seiten lange Bericht „Committee on Standards Weekly Summary Report“ enthält kurze Zusammenfassungen der Ethik-Untersuchungen zu dem Verhalten von neunzehn Abgeordneten und ein paar Mitarbeitern.
Er skizziert auch die Arbeit des neuen Büros des Kongresses für Ethik, eine quasi unabhängige Stelle, die Untersuchungen und Empfehlungen der Ethik-Kommission initiiert. Dieses hatte die Tätigkeit von vierzehn weiteren Abgeordneten unter die Lupe genommen.
Nun wurde dieser Bericht offenbar versehentlich auf ein öffentlich zugängliches Computer-Netzwerk gelegt. Es wurde festgestellt, wer die Quelle war. Es war eine „Low-Level“-Mitarbeiterin, die selbst nicht in die Arbeit der Kommission eingebunden war und von zu Hause von ihrem PC aus den Bericht ins Netz stellte. Sie wurde inzwischen entlassen, berichtet heute die „The Washington Post“.
Die Ethik-Kommission ist einer der geheimnisvollsten Panels im Kongress und ihre Mitglieder und Mitarbeiter unterzeichneten Eide, dass sie keine Angaben über frühere oder derzeitige Untersuchungen offenlegen.
Watchdog-Gruppen haben dem Ausschuss vorgeworfen, Anfragen zu Angeklagten nicht aktiv zu verfolgen. Das neu erschlossene Dokument zeigt jetzt, dass die Kommission weit mehr Untersuchungen durchführt als sie offenbart hatte.
Kurz nach 18 Uhr unterbrach gestern die Ausschussvorsitzende der Ethik-Kommission, Zoe Lofgren, eine Reihe von Abgeordetensitzungen und benachrichtigte diese über die Verletzung des Amtsgeheimnisses. Sie wies darauf hin, dass einige der Aktivitäten des Gremiums vorläufig sind und dass es sich noch nicht um abschliessnde Hinweise auf unangemessenes Verhaltens handelt.
„Es kann noch nicht der Schluss daraus gezogen werden, dass es jedes Mitglied gemacht hat“ sagte sie.
Jo Bonner, Ausschussmitglied und Republikaner, meinte, dass es sich bei dieser Verletzung um einen Einzelfall handelt.
Untersuchungen der Ethik-Kommission sind keine Seltenheit. Die meisten führen zu privatem Briefverkehr, der entweder zur Entlastung oder zu einem Verweis eines Mitgliedes führt. In einigen seltenen Fällen ist die Kritik schärfer.
Viele der Grundzüge der zitierten Fälle in dem Juli-Dokument sind bekannt – der Ausschuss hatte über den Sommer angekündigt, dass er die Überprüfung der Abgeordneten mit Anschluss an die inzwischen geschlossene PMA-Fraktion, ein Lobby-Unternehmen, durchführt.
Aber das Dokument weist darauf hin, dass die Untersuchungen breiter waren als bisher angenommen wurde.
Sie umfassten eine Überprüfung der sieben Abgeordneten des House Appropriations defense subcommittee, die staatliche Geldmittel für Kunden von Unternehmen gelenkt haben und auch große Kampagnebeiträge erhielten.
Ethik-Kommissions-Mitarbeiter haben auch den Vorsitzenden von House Ways and Means, Charles B. Rangel (DN.Y.) über ein Element in der komplexen Untersuchung zu seinen persönlichen Finanzen befragt, sowie den beratenden Angestellten des Abgeordneten sowie seinen Sohn.
Rangel sagte, dass er mit den Ethik-Kommissions-Mitarbeitern bezüglich einer Konferenz gesprochen hat, die er und vier weitere Mitglieder des Congressional Black Caucus im vergangenen November in St. Martin besuchten. Über diese Reise wurde zunächst gesagt, dass sie von einer gemeinnützigen Stiftung organisiert wurde, die von einer Zeitung laufend gesponsert wird.
Aber die dreitägige Veranstaltung zu einem Luxus-Anwesen wurde in Wirklichkeit von großen Unternehmen wie Citigroup, Pfizer und AT & T durchgeführt.
Rangel sagte, dass er nicht über andere Teile der Untersuchung seiner Finanzen mit dem Ausschuss gesprochen hat. „Darauf warte ich sehr beunruhigt.“
Im Jahr 2007 wurde eine Vorschrift erlassen, die Reisen von Kongressmitgliedern verbietet, die von privaten Unternehmen finanziert werden. Diese Anordnung wurde erlassen, nachdem eine Welle von Republikanern in Korruptionsfällen verwickelt waren und die Demokraten die Mehrheit erhalten hatten.
Das Justizministerium hat das Ethik-Panel angewiesen, eine Sondierung von Republikanern auszusetzen, schreibt die Zeitung.
Zum Beispiel bei Alan B. Mollohan, dessen persönliche Finanzen die Bundesermittler des Finanzamtes im Frühjahr 2006 nach Beschwerden einer konservativen Gruppe zu überprüfen begannen. Es hiess, dass er nicht vollständig seinen Immobilienbestand offenbart hätte. Es gibt keine öffentlichen Massnahmen einer Untersuchung daraufhin und das seit mehreren Jahren.
Aber eine Anfrage Anfang Juli vom Ministerium an den Ausschuss schlägt vor, dass diese Sache auf die Aufmerksamkeit der Bundesfahnder gelenkt werden soll, die oft fragen, weshalb die Ethikräte des Repräsentantenhauses und des Senates es unterlassen, Massnahmen gegen Mitglieder einzuleiten während weiterhin die Finanzamt-Abteilung Ermittlungen gegen diese durchführt.
Mollohan sagte, er sei ihm nicht bekannt, dass es ein anhaltendes Interesse durch das Justizministerium in seinem Fall gibt und dass er und seine Anwälte nicht von den Bundesfahndern gehört haben. „Die Antwort ist nein“, sagte er.
Der Ausschuss genehmigte am 9. Juni die Ausstellung von Vorladungen für das Justizministerium, die National Security Agency und dem FBI für „bestimmte abgefangene Nachrichten“ über die Republikanerin Jane Harman.
Wie es heisst, wurde Anfang diesen Jahres bekannt, dass Harman im Jahr 2005 in einem Gespräch gehört wurde, in dem es in einer israelischen operativen
Aufforderung darum ging, Einfluss darauf zu nehmen, die Kronzeugenregelung für zwei proisraelische Lobbyisten im Austausch gegen Hilfe des Agenten in der Lobbyarbeit zu unterstützen.
Das Ministerium, sagte ein ehemaliger Beamter, lehnte eine Ausstellung einer Vorladung dazu ab.
Harman sagte, dass die Ethik-Kommission nicht mit ihr in Verbindung getreten wäre und sie keine Kenntnis davon hat, ob die Vorladung jemals ausgestellt wurden sei.
„Ich glaube nicht, das das wahr ist“, sagte sie. „Soweit es mich betrifft, so ist diese Angelegenheit auch seit drei Jahren vorbei.“
Im Juni 2009 schrieb ein Beamter des Justizministeriums in einem Brief an Harmans Anwalt, dass sie „weder ein Subjekt noch ein Ziel“ einer strafrechtlichen Untersuchung sei.
Wegen des geheimen Charakters der Ethik-Kommission sei es sehr schwierig, den aktuellen Stand der Untersuchungen zu beurteilen, die in dem Dokument vom Juli zitiert wurden.
Leo Wise, Chefberater für das Amt der Congressional Ethik, lehnte eine Stellungnahme unter Berufung auf die geheime Büropolitik der Untersuchungen ab.
Eine Sprecherin des Justizministeriums lehnte auch eine Stellungnahme unter Berufung auf eine ähnliche Politik ab.
Quelle: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/10/29/AR2009102904597.html?hpid=topnews