Neuer Reaktortyp missachtet internationale Standards

Greenpeace veröffentlicht Sicherheitsbewertung des EPR

Beim neu entwickelten Europäischen Druckwasserreaktor (EPR) will Hersteller Areva zukünftig Softwaresysteme zum Einsatz bringen, die nicht den erforderlichen Standards für sicherheitsrelevante Software bei Atomkraftwerken entsprechen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Bewertung des Sicherheitsdesigns des EPR im
Auftrag von Greenpeace. Bei der Kombination zweier Systeme der Reaktorhersteller Areva und Siemens kann sicherheitsrelevante Software im Ernstfall durch Software für den Normalbetrieb gestört werden. Greenpeace fordert den sofortigen Stopp der Arbeiten am Reaktortyp EPR. Dafür demonstrierten Aktivisten der Umweltschutzorganisation diese Woche mit einem Protestcamp auf Hoher See.

„Das gesamte Sicherheitsdesign verletzt fundamentale Prinzipien der
nuklearen Sicherheit“

sagt Heinz Smital, Kernphysiker und Atomexperte bei Greenpeace.

„Hersteller eines Atomkraftwerkes, die eine derartige Fehlkonstruktion erstellen, beweisen eine gemeingefährliche Unkenntnis und dürfen keine Atomkraftwerke bauen.“

Die Grundprinzipien der Sicherheitstechnik bei Atomkraftwerken sehen eine klare Trennung zwischen der Betriebsleittechnik für den normalen Betrieb und der Sicherheitstechnik zum Schutz der Anlage vor Unfällen vor. Auch werden verschiedene Sicherheitsebenen unterschieden. Eine höhere, sicherheitstechnisch relevantere, darf nicht durch eine weniger sicherheitsrelevante Ebene gestört werden. Genau dies kann bei den im EPR vorgesehenen Softwaresystemen Teleperm XS von Areva und SPPA-T2000 von Siemens passieren. Um diesen eklatanten Verstoss gegen die Grundprinzipien zu verschleiern, errechnet Areva in einer einfachen Multiplikation einen
völlig unrealistischen Wert für die Ausfallsicherheit des Gesamtsystems.

„Die von Areva angegebene Zuverlässigkeit der Software basiert auf falschen Berechnungen. Die Ausfallsicherheiten bei der Kombination dieser beiden Systeme werden von den Herstellern nach einer Methode berechnet, die unter dem Niveau eines Erstsemesters liegt“

sagt Smital.

„Das EPR-Design
kann so von keiner Atomaufsichtsbehoerde akzeptiert werden. Diese
grundlegenden Maengel machen den EPR schon jetzt zu einem der
gefaehrlichsten Reaktoren der Welt.“

Beim Bau des EPR-Prototypen Olkiluoto 3 hat es nach Angaben der finnischen
Atomaufsicht STUK schon mehr als 3000 Fehler gegeben. Dazu gehören
fehlerhafter Beton, unsachgemässe Schweissarbeiten am Containment und erhebliche Mängel im Qualitätsmanagement. Mit der eigentlich für Mai 2009 vorgesehenen Inbetriebnahme des Reaktors ist nach Angaben von Areva nicht vor 2012 zu rechnen.

Mit einem dreitägigen Protestcamp an Bord des Frachters Happy Ranger haben Greenpeace-Aktivisten für einen Baustopp in Olkiluoto demonstriert. Der Frachter transportierte die Dampferzeuger für das Kraftwerk. Nachdem die Happy Ranger am Mittwoch im finnischen Rauma angelegt hatte, verliessen die Aktivisten das Schiff.

Hamburg, 19. 11. 09

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