Abzugsstrategie für Afghanistan: Obama beruft überraschend Treffen im Weissen Haus ein
Heute Nacht berät zum neunten Mal die Washingtoner Regierung mit ihren Militärs über das weitere Vorgehen in Asien. Zum ersten Mal steht dabei eine konkrete Abzugsstrategie für Afghanistan auf der Tagesordnung. Ein weiteres Treffen ist derzeit nicht mehr angesetzt. Den Tag über empfängt dann Obama den indischen Ministerpräsidenten Manmohan Singh im Weissen Haus.
Nach dem letzten Afghanistan-Treffen am 11.November, hatte US-Präsident Barack Obama seine Unzufriedenheit mit den Forderungen und Plänen des Militärs bekundet und war ohne eine Entscheidung über die geforderte Entsendung von 40.000 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan zu seiner Asienreise aufgebrochen. Gleichzeitig hatte er den afghanischen Präsidenten Hamid Karzai massiv unter Druck gesetzt und mit dem Abzug aus Afghanistan gedroht. (1)
Am 19.November hatte er zum ersten Mal einen festen Termin für einen Abzug der US-Streitkräfte aus Afghanistan genannt. Bis zum Ende seiner Amtszeit – also 2012 – wolle er die Besetzung beenden. Wenn sein Nachfolger das Amt antrete, solle dieser „eine weisse Weste haben“, so Obama. (2)
Dieser mögliche Nachfolger, derzeit definitiv noch mit Tarnweste, wird heute ab 02.00 Uhr unserer Zeit mit ihm an einem Tisch sitzen: der Chef des US-Zentralkommandos, General David Petraeus. Bereits jetzt ist Petraeus als Lieblingskandidat des Militärs und der „Republikaner“ für das Präsidentenamt 2012 im Spiel. Ein immer noch laufender Krieg, welcher sich zu diesem Zeitpunkt eventuell auf die Nachbarländer Pakistan, Iran oder Tadschikistan ausgeweitet haben könnte, wäre das Ticket des Militärs ins Weisse Haus. In Washington ist das Thema Nr.1 auf den Fluren der Diplomatie.
Wie nun der Sprecher des Weissen Hauses, Robert Gibbs, gestern auf einer Pressekonferenz mitteilte, wird es bei dem auf 20 Uhr Washingtoner Zeit einberaumten Treffen auch um einen konkreten Abzugsplan für das Militär gehen. Gibbs wörtlich (3):
„Das aufgreifend, wo wir bei den letzten Treffen stehen geblieben sind, denke ich, habe ich einen annehmbaren Teil von diesen so charakterisiert, dass es nicht nur darum geht, wie wir Leute dorthin bekommen, sondern was die Strategie ist, wie wir sie da raus bekommen. Und ich denke, dass war es, wozu der Präsident eine ganze Reihe von Fragen hatte und was wir heute durchgehen werden.“
Ein weiteres Treffen des Präsidenten mit seinen Militärs bezüglich einer Afghanistan-Strategie, sei seines Wissens nach nicht geplant, so Gibbs.
Im Laufe des Tages empfängt Präsident Obama dann den Ministerpräsidenten von Indien, Manmohan Singh, zum ersten gemeinsamen Treffen im Weissen Haus.
(…)
vorhergehende Artikel:
19.11.2009 Obama nennt Termin für das Ende des Krieges in Afghanistan
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich auf ein festes Datum zur Beendigung des Krieges in Afghanistan festgelegt.
12.11.2009 Obama setzt sich gegen Militär durch und droht mit Abzug aus Afghanistan
Vor der neuntägigen Reise des Präsidenten nach Asien endeten gestern die Beratungen des Nationalen Sicherheitsrates im Weissen Haus. Ergebnis: Militär mangelhaft, setzen und morgens einem Demokraten salutieren. Zumal wenn laut einer CNN-Umfrage 56 Prozent der US-Staatsbürger gegen eine Truppenverstärkung in Afghanistan sind.
21.09.2009 Truppenerhöhung in Afghanistan: Obama blockt ab
Kriegswillige Republikaner drängen den US-Präsidenten in unverantwortlicher Weise zu immer weiteren militärischen Aufstockungen.
06.08.2009 Afghanistan-Krieg vor dem Ende?
US-Regierung weist Afghanistan-Kommandeur McChrystal an, keine neuen Truppen zu fordern / Pentagon: Anforderungen ab jetzt über Kommandokette.
08.05.2009 Zeitenwende in Washington: Afghanistan-Kommandeur McKiernan vor dem Rauswurf, Zentralkommando strategisch entmachtet
In einem bisher beispiellosen Vorgang hat gestern die zivile Regierung der Republik USA ein vom eigenen Militär in Afghanistan begangenes Kriegsverbrechen eingestanden. Heute wurde nun bekannt, dass der US-Militärkommandeur Afghanistans, General David McKiernan vor dem Rauswurf steht.
Quellen:
(1) http://www.radio-utopie.de/2009/11/12/obama-setzt-sich-gegen-militar-durch-und-droht-mit-abzug-aus-afghanistan/
(2) http://www.radio-utopie.de/2009/11/19/obama-nennt-termin-fur-das-ende-des-krieges-in-afghanistan/
(3) http://www.whitehouse.gov/the-press-office/briefing-white-house-press-secretary-robert-gibbs-112309