Impressionen: Encore une fois les promesses n‘étaient que foutaises

Die Überschrift ist kein korrektes (Vulgär-) Französisch. Aber, sie ist in etwa das Niveau des hier gesprochenen  Québécois und könnte (sehr frei) mit « das Versprechen war nur wieder Bullshit » übersetzt werden. Das Thermometer zeigt vier Grad Minus. Der Wetterbericht hat für die Region Washington D.C. heute einen Schneesturm vorausgesagt.

 

D‘Hydro-Québec

Und wie richtet man sich einen Internetanschluss ein, wenn die Pfeifen vom Elektrizitätswerk den Strom für über 200.000 Haushalte (am 15.12.) ausfallen lassen? Gar nicht. Kaffeekochen ging auch nicht. Mist, die Zentralheizung brauchte auch Strom. Also Ölheizung aus und das Kaminfeuer an. Fast bin ich geneigt zu behaupten, dass sich in den vielen Jahren meiner Abwesenheit nichts geändert hat, dann studiere ich in den örtlichen Zeitungen den Polizeibericht und stelle amüsiert fest: Es hat sich eine Menge geändert.

 

Pressearbeit

Die Polizei sucht einen Supermarktdieb – mittels veröffentlichtem Videofoto – der Waren im Wert von 250 Dollar gestohlen haben soll. Das in der Zeitung veröffentlichte Foto hat Porträt Qualität. Ich habe noch nie ein so scharfes Bild einer Überwachungskamera gesehen wie dieses.

Also rufe ich bei der Pressestelle der Supermarktkette an und bitte diese Superüberwachungskamera einmal in Augenschein nehmen zu können. „Klar doch. Kein Problem.“

Gleich am zweiten Tag bin ich in eine Verkehrskontrolle gekommen. Keine Ahnung, ob diese Kontrolle eine Show war oder was der Zirkus sollte, weshalb ich mit dem Presseausweis wedelte und Auskunft wollte.

Derartige präventive Maßnahmen werden hier gefilmt und als Warnung im örtlichen Fernsehen veröffentlicht, mit dem Hinweis, dass über die Festtage die Kontrollen verstärkt werden.

Mit dieser Auskunft ist für mich die Verkehrskontrolle beendet. Der Beamte der Provinzpolizei blieb mit offenem Mund zurück, als ich ihm nach dieser feierlichen Enthüllung erklärte, dass ich leider kein Französisch spreche und nicht das Geringste von dem, was er sagte, verstanden habe. Seine Kollegen lachen schallend. Der Reporter des örtlichen Fernsehen ist der Meinung: „Wir sollten in der warmen Kneipe um die Ecke einige Biere „zischen“ und wenn ich dann wieder in meinen Wagen steige und die Verkehrskontrolle wäre noch aktiv, dann – ja dann – würde ich selbst Québécois verstehen.“

„Kein Problem“, behauptet der eben noch sprachlose Polizist, „die Stadtpolizei würde mir selbstverständlich ein Taxi – vor einer Kontrolle – rufen.“

Ein derart locker, entspanntes Verhältnis – zwischen Presse und Polizei – würde ich gerne einmal in Berlin erleben.

Überrascht bin ich auch über die Detailliebe der örtlichen Presse. So wird der Wechsel eines örtlichen Eishockeystars zu einem Club in Deutschland mit Informationen über diesen deutschen Klub und dessen Heimatgemeinde versehen. Ich wünsche dem Spieler in Deutschland vergleichbare positive Erfahrungen, wie ich sie hier gemacht habe. Eishockey ist natürlich hier „der“ Sport schlechthin.

Keine Gesellschaft der Zuschauer

Kanadier wollen an den für sie wichtigen Ereignissen persönlich dabei sein und so wird der Fackellauf des Olympischen Feuers durch die Region mit allen Daten detailliert in der Presse beschrieben. Dies gilt für alle Events und dies gilt auch für das bürgerliche Engagement, gleich in welchem Bereich oder für welchen Zweck. Im Mittelpunkt der Lokalberichterstattung stehen die Region und ihre Menschen. Selbst die Berichterstattung über den Schutz des Olympischen Feuers stellt einen der Beschützer den Lesern persönlich vor. Die veröffentlichten Details würden in Deutschland unter den Stempel: „VS – nur für den Dienstgebrauch“ fallen.“

Dies will ich genauer wissen. Hole mir bei der GRC (Gendarmerie royale du Canada/ Royal Canadian Mounted Police) die Pressemappe und marschiere mit dieser zur Sûreté du Québec. Kein Problem. Mir werden im Detail die Sicherheitsmaßnahmen erklärt. Auch jene, über die ich nichts Konkretes schreiben soll.

Radio Utopie kennt natürlich Keiner, weshalb sie ins Internet gehen. Ich übersetzte zum Teil einen Artikel von Daniel. Dies genügt. Blankes Entsetzen, als ich erzähle, dass mir in Deutschland kein Polizist einen Einblick in die Sicherheitsstrategie gegeben hätte, wenn ich offenbart hätte, dass ich für eine Online Zeitung schreibe.

Zur Vorsicht zeige ich nach dieser Erklärung den Hausausweis meiner wahren Auftraggeberin. Die hat natürlich ein „Standing“ in Kanada. Mehr Informationen gab es aber auch nicht für diesen Sender. Natürlich stellt sich sofort ein Polizist für den „Dreh“ zur Verfügung und natürlich stellen wir den Polizisten nicht nur namentlich vor, sondern auch mit einigen Details aus seinem Leben und seinem Werdegang. Getreu dem Motto der dortigen Presse, das Menschen hinter der Umsetzung der Sicherheitsstrategie stehen, die ein Gesicht, einen Namen, eine Vita, Gefühle, Erfahrungen und Überzeugungen haben. Es ist kein Problem, dass ich einen jungen Polizisten dafür will, einen von denen, welche die Planung ausführen und gegebenenfalls das Feuer schützen müssen. Keine Staatsmacht, die sich hinter der Anonymität verbirgt, sondern einen Mitbürger in Uniform, der dann vor laufender Kamera sogar der Meinung ist, das die Demonstranten beim Fackellauf zu den Spielen in Peking nur ihre Meinung zum Ausdruck gebracht haben und es halt der Job der Polizei war, das Feuer zu schützen.

Eine – wie ich meine – vernünftige Art der Deeskalation. Wer will seinem derart offen auftretenden Nachbarn schon Ungemach bereiten? „Nein“, so erfahre ich, für Vancouver werden natürlich keine Demonstrationen erwartet. Mit einigen Spaßvögeln oder „Verrückten“ muss aber auch bei diesem Fackellauf gerechnet werden.

Zurück zum Schneesturm

Ich sitze hier in Plattsburg, NY, warte auf meinen Anschlussflug nach NY-City, um Weihnachten wieder in Berlin zu sein. Gespannt auf meine Telefonrechnung. Ich hatte Dämlicherweise das Telefon auf Weiterleitung geschaltet. Der Anschlussflug hat sich wegen dem Schneesturm verspätet. Zeit für einen Artikel.

Und die Überschrift. Tja, dies ist der deftige Kommentar eines hiesigen Zeitungslesers zu der Mammutschau in Kopenhagen, die zeigte, dass sich in der Politik etwas ändern muss, nicht nur  in unserem Lande. Auch Kanadas Ministerpräsident verkauft seinem Volk „Kopenhagen“ als „Erfolg“. Mal sehen, wenn ich nur noch aus diesem Teil der Welt berichte, ob es mir gelingt, Stephan Harper zu einem Interview für Radio Utopie zu gewinnen. Vielleicht brauchen der politische Meinungskampf und die Berichterstattung Impulse aus dieser klimatisch (verdammt) kalten Region. Ich hoffe, in Berlin ist es wärmer.

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