Deutsch-israelisches Spitzentreffen im Berliner Kanzleramt
Mutmasslicher Vertragsabschluss über Dolphin-U-Boot und Korvetten mit möglicher finanzieller Unterstützung durch Bundeshilfe
Der israelische Ministerpräsident Netanyahu trifft heute in Berlin mit Kanzlerin Angela Merkel zusammen. Es ist die erste derartige Zusammenkunft der Staatschefs mit grossem Ministergefolge in Deutschland. Verteidigungsminister Ehud Barak, Aussenminister Avigdor Lieberman sowie leitende Vertreter der Umwelt-, Wissenschafts-, Industrie- und Kulturabteilungen der israelischen Regierung werden daran teilnehmen. (1)
Am Samstag kam es im Weltsicherheitsrat zu keinem Beschluss zur Verhängung verschärfter Sanktionen gegen den Iran, da China einen Vertreter hinschickte, der keine Kompetenzen für Entscheidungen dieser Art in der Sechser-Runde hatte. (2)
Israel hatte sich ein anderes Ergebnis erhofft, stellt es doch die iranische Regierung als den grössten Feind des Landes dar und drängt den Westen zu härteren Massnahmen gegen seinen selbsternannten Feind. Auch der Krieg der US-Regierung im Jemen will nicht so recht beginnen, er wurde vor einer Woche von den US-Militärs zurückgestellt, da die jemenitische Regierung die US-amerikanischen Truppen doch nicht im Land als Helfer gegen Aufständige gebrauchen kann. (4)
Die Rüstungsgeschäfte unterdessen haben weiterhin Konjunktur, ob mit Freund oder Feind spielt keine Rolle, dem Dollar sieht man nicht an, wer der vorherige Besitzer war.
Im Mainstream klingen die Meldungen über das unbewiesene Atomprogramm des Irans nicht ab und der Ruf nach verschärfte Sanktionen bis hin zu Forderungen zur alternativer Suche anderer Optionen, um den Iran zu vernichten. Merkwürdig bei diesen Nachrichten für die Bevölkerung daran ist nur, dass sie kaum darüber informiert wird, dass deutsche Firmen in der Zwischenzeit ganz selbstverständlich weiterhin ihren Geschäften mit dem geschmähten Land nachgehen.
Deutschland ist Europameister im Export von Waren in die Islamische Iranische Republik, der deutsche Handel wird auf vier Milliarden Euro geschätzt, schrieb heute die Frankfurter Rundschau. (1)
Aus dem gleichen Grund ist auch die israelische Regierung nach Berlin gereist. Es geht um die deutsche Lieferung von zwei Kriegsschiffen, die Deutschland dem „bedrohten“ Freund erbringen soll. Wie es hiess, handele es sich um zwei Korvetten mit modernsten Radaranlagen und Flugabwehrraketen, die der Thyssen Krupp Werftenbund eventuell mit finanzieller Bundeshilfe bauen soll. Wie es aussieht, erwartet die israelische Regierung, dass ihr diese Schiffe vom deutschen Steuerzahler finanziert werden und scheint nicht die Absicht zu haben, diese vollständig zu bezahlen. Ein Vertrag über den Kauf von Kriegsschiffen durch die israelische Regierung wäre schon ein moralisches Fiasko, das so noch gesteigert wird.
Die deutsche Bundesregierung ist verpflichtet, die Art dieser finanziellen Bundeshilfe öffentlich zu machen, die nur aus deutschen Steuergeldern bestehen kann.
Der Tagesspiegel schrieb, dass es bei dem heutigen hohen Treffen „in erster Linie um die Lieferung eines weiteren sechsten deutschen U-Bootes vom Typ Dolphin an den jüdischen Staat geht.“ (3) Er mutmasste sogar, dass „alles vor einem erfolgreichen Abschluss stehe, ja dass der Vertrag gar unterzeichnet werden könnte.“ Die U-Boote können mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden, Israel macht kein Geheimnis aus der Tatsache, einen Krieg gegen den Iran zu wünschen. Die israelische Regierung hat bisher den Atomwaffensperrvertrag nicht unterschrieben und gibt keine Auskünfte über sein Atomprogramm.
Auch hier scheint es mit der Finanzierungshilfe durch Deutschland nicht anders zu verlaufen, auch dass muss erklärt werden. Rund 900 Millionen Euro hätte die Bundesrepublik bisher für die Lieferung von fünf Dolphin-U-Booten an Israel direkt aus dem Bundeshaushalt subventioniert.
Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach dementierte am 29. Dezember 2009 „Es würden diesbezüglich keine Gespräche unter Beteiligung der Bundesregierung geführt.“ (3)
Deutschland rüstet Israel auf und trägt dazu bei, die Spannungen im Nahen Osten zu verschärfen. Am Freitag besuchte eine hochrangige EU-Delegation zum ersten Mal seit 2007 den Gaza-Streifen und verurteilte die Gewaltanwendung der israelischen Armee gegen die zivile Bevölkerung während der Gazaoffensive „Gegossenes Blei“. (5)
Israel befindet sich durch seine aggressive Politik in zunehmender Isolation und kann sich nicht einer allzu grossen Anzahl befreundeter Regierungen rühmen. Der Aussenminister Lieberman berief aus diesem Grund seine Botschafter aus der ganzen Welt zu einer „Konferenz“ zusammen, auf der sie Leitlinien für ihr Verhalten in ihrem Gastland mit auf den Weg erhielten, um Israel in das rechte Licht zu rücken – ein sinnloses Unterfangen, wenn die Taten eine andere Sprache sprechen. (6)
Artikel zum Thema
17.01.2010 EU-Delegation des Europäischen Parlaments in Gaza
14.01.2010 Türkei: Israel und Iran in der Atomfrage gleichbehandeln
12.01.2010 Geplatzte Jemen-Intervention: Strategischer Flop der USA
04.01.2010 “Pascha” Lieberman wird von seinen Botschaftern nicht für voll genommen
26.12.2009 Israel trommelt Häuptlinge zum Grossen Kriegsrat zusammen
26.08.2009 Iran Situation: Israel drängt Deutschland zu Blockade
(1) http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2213204_Intensiver-Austausch-Israels-Kabinett-auf-Visite-in-Berlin.html
(2) http://www.radio-utopie.de/2010/01/17/iran-situation-sechser-runde-ohne-kompetenzen-hielt-krisensitzung-in-new-york/
(3) http://www.tagesspiegel.de/politik/art771,3004970
(4) http://www.radio-utopie.de/2010/01/12/geplatzte-jemen-intervention-strategischer-flop-der-usa/
(5) http://www.radio-utopie.de/2010/01/17/eu-delegation-des-europaischen-parlaments-in-gaza/
(6) http://www.radio-utopie.de/2009/12/26/israel-trommelt-hauptlinge-zum-grossen-kriegsrat-zusammen/