Linksfraktion aus Bundestagssitzung ausgeschlossen
Während der Debatte über eine weitere Truppenerhöhung des deutschen Militärs im Afghanistan-Krieg hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) eine gesamte Fraktion aus dem deutschen Parlament ausgeschlossen.
Debatte über acht Jahre Krieg in Afghanistan. Seit acht Jahren die gleichen Sprüche. Aber es gehen immer mehr Truppen, mit immer mehr „Vollmachten“, die Mandate genannt werden. Nichts ist gut in Afghanistan. Und nichts ist gut in diesem Parlament.
Dann: Christine Buchholz von der Linksfraktion ergreift das Wort. Zusammen mit MdB Jan van Aken war sie persönlich in Kunduz und hat Opfer des vom regionalen Bundeswehr-Kommandeur Oberst Klein befohlenen Luftangriff des 4.Septembers besucht. Sie hält eine gute Rede, auch wenn sie – wie alle anderen MdBs des Bundestages – nicht ein einziges Mal das Wort „Munition“, „Nachschub“, „Waffen“, „Transportmittel“, „Infrastruktur“, „Kommunikationsmittel“ oder „Satellitenzeit“ ausspricht und den Menschen dieser Republik mal erläutert, wie „Aufständische“ nach acht Jahren in einer Nato-Besatzungszone eigentlich an sowas kommen und warum (laut des Zentrums für Internationale Zusammenarbeit an der New York University) eigentlich jedes Jahr Hunderte von Millionen Steuergelder aus Nato-Staaten an örtliche Milizen fliessen, ohne dass ein einziger Abgeordneter in Deutschland darüber ein einziges Wort im Parlament verliert.
Aber gut. Die Rede war gut.
Nach dieser Rede halten die meisten Abgeordneten der Linksfraktion Transparente hoch. Der Inhalt ist vom Fernsehbildschirm aus nicht zu erkennen, da die Phönix-Redaktion natürlich sofort reagiert und Kamera-Nahaufnahmen der Transparente nicht zeigt. Dann passiert folgendes: der Bundestagspräsident fordert die Abgeordneten der Linksfraktion auf die Transparente herunter zu nehmen. Nach ein paar Sekunden erklärt er: „Ich schliesse hiermit alle Abgeordneten, die diese Transparente hochhalten, vom weiteren Verlauf der Sitzung aus“.
Stille. Die Abgeordneten nehmen brav ihre Transparente runter. Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) rennt an die Seite Lammerts und redet zu seinem Pult hoch. Lammert fordert daraufhin die Abgeordneten der Linksfraktion abermals auf, den Parlamentssaal zu verlassen – sonst werde es „Konsequenzen“ geben.
Stille. Eine Republik wartet darauf zu sehen, was passiert, wenn frei gewählte Abgeordnete, die 15 Sekunden lang still ein Transparent hochgehalten haben, in ihrem Parlament einfach sitzen bleiben und was das wohl für „Konsequenzen“ haben könnte.
Dann erheben sich die Abgeordneten von ihren Sitzen und verlassen das Parlament. Dann betritt Renate Künast das Rednerpult und sagt, wie bedauerlich es sei, dass man die weitere Debatte leider ohne eine ganze Fraktion halten müsse.