Parteipolitische Werbung bleibt weiterhin, wie im Betriebsverfassungsgesetz festgelegt ist, verboten
Das Bundesarbeitsgericht hat ein Urteil zu Gunsten der freien Meinungsäusserung gefällt. Eine Firma war gegen ihren eigenen Betriebsrat vor Gericht gezogen, der sich erlaubt hatte, im Jahre 2003 seine Stimme gegen den Irak-Krieg zu erheben und einen Aufruf „Nein zum Krieg“ verfasst hatte.
Das Arbeitsgericht sollte dem Betriebsrat betriebsöffentliche Äusserungen allgemeinpolitischen Inhalts verbieten, insbesondere Äusserungen zu Kriegen, Rüstung, Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, hiess es.
Die Betriebsleitung des Bremsbelegeherstellers aus Schleswig-Holstein sollte sich in Grund und Boden schämen gegen Menschen vor Gericht zu ziehen, die sich konsequent für Frieden einsetzen! Sie bangte wohl um bestehende oder zu ergatternde Aufträge aus der Rüstungsindustrie?
Solche Betriebsräte müsste es in jeder Firma geben – die sich politisch engagieren, ihre Kollegen sensibilisieren und auf gesellschaftliche Probleme in ihrem Land aufmerksam machen. Der verklagte Betriebsrat hatte sich auch im Jahr 2007 für die Bürgerinitiative eingesetzt, die Volksentscheide in der Hamburger Verfassung verankern wollte und mit Aushängen sowie im Intranet des Unternehmens zur Teilnahme aufgerufen.
Die Firmenleitung bezog sich mit ihrer Klage auf das Betriebsverfassungsgesetz, das „parteipolitische Agitation“ in Firmen untersagt – für Arbeitgeber und -nehmer.
Das Gericht urteilte, dass ein Aufruf zur Teilnahme an einer politischen Wahl oder Abstimmung nicht zur „parteipolitischen“ Beeinflussung gehöre.
Eine Position zum Irak-Krieg wollte das Bundesarbeitsgericht nicht öffentlich einnehmen (ob hier wohl „parteipolitische“ Überlegungen im Spiel waren?) und zog sich ganz elegant aus der Schlinge: der wäre längst zu Ende und verjährt.
Es ist ein gutes Urteil für die Arbeitnehmer, um sich wieder mehr an politischen Entscheidungen zu beteiligen, was der Demokratie nur förderlich sein kann.
In Deutschland hat man den Eindruck, dass die Bürger nicht mehr wissen, das ihnen dafür viele Instrumente zur Verfügung stehen und sie hilflos wie wütende, enttäuschte Kleinkinder schimpfend vor sich hinbrabbeln und zu keinen Initiativen fähig sind.
Sie sollten endlich wieder wie reife, bewusste Erwachsene handeln, denn es ist gar nicht lange her, als man für seinen Einsatz mit einem kleinen symbolischen Plakat oder Anstecker wie „Schwerter zu Pflugscharen“ im Osten des Landes in die allergrössten Schwierigkeiten mit der Obrigkeit kommen konnte.
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/betriebsrat102.html