BND in verschwundene Unterlagen des DDR-Sturmgewehrs Wieger verwickelt

Der MDR plant für den Dienstagabend in seiner Ausgabe „Umschau“ um 20.15 Uhr eine Reportage von dem Berliner Filmemacher Andreas Wolter, der sich auf die Suche nach den Konstruktionsunterlagen der begehrten Waffe machte.
(Zeichnung: Wieger STG 941, Clearspace/Wikipedia)

Das Bundeskanzleramt hat am Montag, den 22.März erstmals bestätigt, dass der Bundesnachrichtendienst die Konstruktionsunterlagen des DDR-Sturmgewehres Wieger im Jahr 1993 heimlich und ohne Wissen der offiziellen Stellen beiseite geschafft hatte.

Das Sturmgewehr wurde in der DDR-Firma VEB Geräte- und Werkzeugbau Wiesa (GWB) bei Annaberg-Buchholz im Erzgebirge entworfen und soll nach Angaben seiner Entwickler auf Grund seiner überaus robusten Eigenschaften sehr starke Kältegrade und starke Sandeinwirkungen in der Funktionsweise nicht beeinträchtigt werden und ähnliche Erzeugnisse aus BRD- und US-Produktionen weit in den Schatten gestellt haben. „Wieger“ ist eine Zusammenziehung der Wörter „Wiesa“ und „Germany“. (1)

„Die Wieger schoss bei minus 60 Grad Celsius ebenso zuverlässig wie bei plus 50 Grad“. Wir haben sie mit Sand berieselt, ohne dass sie verklemmte. Bei der Truppenerprobung in Peru und Indien ließ die Wieger auch in Sachen Präzision Sturmgewehre aus den USA und Westdeutschland weit hinter sich.“

berichtete nun ein ehemals leitender Mitarbeiter des Wiesaer Rüstungsbetriebs der Freien Presse. (2)

Die DDR-Regierung hatte dieses Gewehr für den Betrieb mit NATO-Patronen für die westlichen Länder entwickelt, um so an Devisen zu kommen. Währenddessen wurden der DDR-NVA-Soldat und der Rest der Bevölkerung mit unaufhörlicher Propaganda tagtäglich auf den Feind im Westen eingeschworen.

Bei dem Wieger STG 940 handelt es sich um eine von der DDR in Eigenregie entwickelte Sturmgewehrfamilie, auf der Basis des russischen AK-74. So wurde zwar das Konstruktionssystem der 74er Baureihe übernommen, jenes jedoch technisch modifiziert. Als Besonderheit ist zu beachten, dass die STG-940-Serie von vornherein nicht für die ostblocktypische Patrone 5,45 x 39, sondern für das Westblock-Kaliber 5,56 x 45 ausgelegt war.

Die Entwicklung der Waffenfamilie und Vorbereitung der Serienproduktion um das Jahr 1985 geht auf eine Initiative des Bereiches Kommerzielle Koordinierung (KoKo) des Ministeriums für Aussenhandel (MAH) der DDR zurück. Der Träger des Entwicklungsprojektes war die der KoKo-Hauptabteilung II zugeordnete Firma IMES GmbH („Internationale Messtechnik“ Import-Export-GmbH), die hauptsächlich für den Handel mit Waffen und militärischem Gerät zuständig war. Der Leiter der MAH-Abteilung Handelspolitik, Herr Uhlig, war auch gleichzeitig Firmenleiter der IMES GmbH. Des Weiteren war die „Abteilung Bewaffnung und Chemische Dienste“ (BCD) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) an diesem Projekt beteiligt.

Kurz bevor 1989 das Gewehr in grössere Produktion gehen konnte, kam die Wende und mit ihr wurde die Waffenfirma von der Treuhand auf zivile Erzeugnisse umgestellt und nach offizieller Lesart wurde die gesamte Rüstungstechnologie für die Waffenproduktion des Sturmgewehres, die Konstruktionspläne, Lehren und Werkzeuge von den Behörden in ein Militärarchiv nach München mit Übergabeprotokoll überstellt.

Ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes, zuständig für den Bereich Nachrichtendienste, bestätigte nun, dass der BND ungefähr fünfzig Kisten im Jahr 1993 abgeholt und sichergestellt hatte und diese an das Bundesamt für Wehrtechnik überstellt wurden wären.

Der Münchner Historiker Karl Bernd Esser hatte sich vor einigen Monaten für die Konstruktionsunterlagen interessiert und sich an das Archiv gewandt. Dadurch flog der ganze Betrug auf. Dieses Militärarchiv hatte nie existiert sondern war das Münchner Stadtbüro des BND. Der Bundesnachrichtendienst hätte sich bisher in Schweigen gehüllt.

Die Konstruktionsunterlagen sind verschwunden – bis heute kann niemand Auskunft darüber erteilen, an welchem Ort sie sich derzeit befinden.

Obwohl niemand eine Mitteilung darüber geben kann, wer sie jetzt in Besitz hat, weiss man aber, dass sie nicht ins Ausland, an „fremde Nachrichtendienste“ gingen.

In der US-Rüstungsfirma Inter Ordnance Inc. baut man seit einigen Jahren Wieger-Gewehre. Auf der Startseite der Firma findet man auch gleich das Sturmgewehr WIEGER im Angebot. (3)

I.O. Inc. has imported its products from overseas for a long time. When these products were received, many times we found the quality to be substandard. For example, if we imported 1000 firearms, only 700 were able to pass I.O. Inc. quality control standards. Basically, 300 rifles would have to be scrapped. With this experience, I.O. Inc. decided to manufacture its products right here in the United States. I.O. Inc. (Inter Ordnance) has invested heavily in tooling and equipment for the last two years. Now, all of our AK, STG (WIEGER) and SSG rifles are proudly made in the U. S.

Andreas Wolter, der in seinem Dokumentarfilm dem Fall nachgegangen ist, sagte

„Die Amerikaner versicherten uns, dass sie die Originalpläne nicht besitzen, sondern für ihre Version der Waffe eine alte DDR-Wieger auseinandergenommen haben.“

Quellen:
(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Wieger
(2) http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/THEMA_DES_TAGES_REGIONAL/1706415.php
(3) http://www.ioinc.us/

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