Veröffentlichte Dokumente des britischen Aussenministeriums offenbaren Verheerendes über Zustand afghanischer Polizei
Die Hälfte der afghanischen Polizeirekruten ist auf dem Drogentrip und „High“ – ein Viertel existiert nur auf Papier – Schutzgelderpressung und Korruption haben Hochkonjunktur – Polizisten als Kanonenfutter im Kampfgebieten
Die britische Regierung hat eine Analyse des Zustandes der afghanischen Polizei durchführen lassen.
Nach neun Jahren des Krieges der Nato-Länder und gleichzeitige Unterstützung des Aufbaues der Polizeistruktur, der Afghan National Police (ANP) ist das Ergebnis vernichtend. Allein die USA haben in dieser Zeit vier Milliarden Dollar in das Polizeiprogramm gesteckt und nun muss man sich fragen – für was wurden diese Unsummen an Geld verschwendet?
Zumal das nicht die einzigen Gelder sind, die hier ohne greifbares Ergebnis verpulvert wurden, auch die anderen beteiligten ISAF-Länder inklusive Deutschland haben kräftig eingezahlt, damit die Polizisten die Aufständigen im Land bekämpfen.
Korruption, Desertation, Geisterrekruten und Drogenmissbrauch in der afghanischen Polizei sind an der Tagesordnung. Die britischen staatlichen Dokumente offenbaren ein niederschmetterndes Fiasko. Eine Reihe von internen Papieren des britischen Auswärtigen Amtes würde die tiefe Besorgnis der Beamten über den Standard der Rekruten der ANP zeigen, von hohen Unfallraten und Analphabetismus und niedrigen Löhnen ist nach Angaben des The Independent vom Sonntag, den 28.März die Rede.
Die Memos würden warnen, dass der Aufbau einer effektiven Polizei „viele Jahre dauern wird“ und verraten auch, dass nichtexistierende „Ghost Rekruten“ bis zu einem Viertel der vermeintlichen Stärke der gemeldeten Polizistenanzahl ausmachen würden. Korrupte lokale Kommandeure stehen im Verdacht, die Gehälter der auf dem Papier stehenden Polizisten in ihre eigenen Taschen wandern zu lassen.
Die „Ausfallrate“ unter den Polizisten – einschließlich durch Todesfälle verursachte Verluste, Desertation und Entlassungen, die oft aufgrund positiver Dopingtests erfolgen, beträgt zum Beispiel in der Provinz Helmand über sechzig Prozent. Die Hälfte der Polizistenrekruten wurde positiv auf Drogen getestet. Das sollte jedoch nun niemanden mehr in Erstaunen versetzen, steht diese Provinz seit Jahren unter der Kriegsaufsicht der Militärs der Vereinigten Staaten von Amerika. In der vergangenen Woche wurden US-amerikanische Überlegungen laut, die Schlafmohnernte den Bauern abzukaufen, damit diese bei Laune gegenüber Amerika gehalten würden, ihr gutes Einkommen haben und somit nicht die Taliban unterstützen würden. Das nennt man Demokratisierung und Entwicklungshilfe des Landes und die deutsche Regierung unterstützt mit ihrer Beteiligung an dem Krieg diese Verbrechen an der afghanischen Bevölkerung, die so nie zu einem normalen Leben zurückfinden wird.
Die britischen Beamten äusserten auch Bedenken gegenüber des ANP-Engagement in Bezug auf Bestechung, Absprachen mit dem Drogenhändlern, Einschüchterung von Schulkindern und die „begrenzte Auseinandersetzung mit der Gemeinschaft“. In einem dramatischen Einblick in die Frustration der britischen Beamten in dem Land, schlug einer vor, einen der schlimmsten Täter festzunehmen und an die Staatsanwaltschaft zu übergeben, um „an einem von ihnen ein Exempel statuieren zu lassen“.
„Die Regierung hat uns gesagt, immer wieder, dass die afghanische nationale Polizei verbessert wurde, aber diese Dokumente zeigen, dass sogar ihre eigenen Mitarbeiter nicht davon überzeugt wurden. Der Aufbau der Polizei ist eine entscheidende Entwicklung für die Koalition in Afghanistan. Je länger es dauert, desto länger werden die Koalitionstruppen da sein müssen.“
sagte der Sprecher für Verteidigung der Liberaldemokraten, Nick Harvey.
Die britische Botschaft in Kabul hatte vor vier Monaten die anhaltenden Probleme in einer Depeche unterstrichen. Das „eGram“ hätte gewarnt:
„Die Führungskräfte, insbesondere bei den mittleren Rängen, müssen gründlich reformiert und die Ausbildung verbessert werden. Die Sicherheitsüberprüfung der Rekruten, die oft durch das Wort eines Dorfältesten zu dem Dienst kommen, muss erhöht und Drogentests zur Pflicht gemacht werden. Der Verschleiss muss durch weniger Verwendung als Kanonenfutter reduziert und in Gebieten mit hoher Gefährdung muss mehr gezahlt werden. Die Grösse der Herausforderung ist immens. Die Bildung einer unabhängigen, professionellen und verantwortungsvollen Polizei wird viele Jahre dauern und erfordert beträchtliche internationale Unterstützung.“
Die Dokumente verweisen darauf, dass die afghanische Regierung an dem Scheitern der Bemühungen um einen tragfähige Polizeiaufbau wegen mangelnder Unterstützung ihren Anteil hat.
In einem Bericht „Polizei in Afghanistan: Was jetzt und was nun?“ wird auch mit dem Finger auf ausländische Regierungen gezeigt, die versuchen, die Probleme der Nation zu lösen. Darin heisst es
„Die Erhöhung des internationalen Drucks auf die Einstellungen in die Polizei hat zu einer Fokussierung auf Quantität als auf Qualität geführt. Weil für die Polizei die Herausforderungen riesig sind, gibt es eine Tendenz schnelle Lösungen zu suchen. Das Risiko ist Kurzfristigkeit und die Unfähigkeit, ein kohärentes und schlüssiges Konzept zur Reform der Polizei zu erstellen.“
Ein unabhängiger Bericht über Korruption, der durch das britische Auswärtige Amt in Auftrag gegeben wurde, fand Beweise, dass die Polizei an Checkpoints imposante „lästige“ Steuern auf Reisende erhebt.
Im vergangenen September hätte ein Kollege des Provinz-Aufbauteams zu einem britischen Beamten in Lashkar Gah gesagt:
„Es würde so etwas wie Luxus sein, mit Polizisten der ANP, die nicht korrupt sind, zu arbeiten. Allerdings, wenn Sie als ein leitender Beamter dieses Problem dringend bewältigen wollen, ist das Einzigste was Sie tun können, durch die Verhaftung einiger besonders schlechter Polizisten und deren Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft ein Beispiel für die ANP durchzuführen.“
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes von Grossbritannien hätte am Samstag in einem Anfall von Wunschdenken und mit einer Beleidigung der afghanischen Bürger, die wohl in gewohnter westlicher Weltanschauung gar nicht bemerkt wird, gesagt
„Die Polizisten, die eine Ausbildung durchlaufen haben, haben dann von der afghanischen Bevölkerung ein höheres Niveau. Die Sicherheitsüberprüfung hat neue Verfahren eingeführt, um Probleme mit der Integrität der ANP zu lösen und wir arbeiten daran, sie weiter zu stärken als ein Teil unserer umfassenden Bemühungen um Verbesserungen innerhalb der ANP zu unterstützen.“
Seit neun Jahren werden ständig neue Unterstützungen für den afghanischen Polizeiaufbau gewährt.
Seit neun Jahren heisst es, ab jetzt wird alles anders und besser, es geht voran.
Seit neun Jahren wird die Lage in Afghanistan immer schlechter.
Seit neun Jahren wird die Öffentlichkeit betrogen – nichts wird sich ändern.