Der Fall um das Verschwinden der Dokumente und Werkzeuge des von der DDR für die NATO entwickelten Sturmgewehrs Wieger wird mit jeder neuen Erklärung der zuständigen Behörden immer nebulöser und ist weiter von jeglicher Aufklärung entfernt. Im Gegenteil muten diese eher wie eine Räuberpistole an.
Die Freie Presse veröffentlichte am 6.April neue Erkenntnisse über den Verbleib der Konstruktionsunterlagen der Waffe. Die Zeitung schreibt heute, dass ein Sprecher des Bundesverteidigungsministerium jetzt mitgeteilt hätte, dass „am 24. Februar 2003 Bedienstete der Wehrtechnischen Studiensammlung (WTS) der Bundeswehr die zehn Jahre lang unter Verschluss gehaltenen Dokumente in einen Bottich mit einem Säurebad geworfen und darin aufgelöst hätten, so dass davon nichts mehr übrig geblieben wäre.“
„Weitere Unterlagen zur Wieger sind in der WTS nicht vorhanden.“ hätte der Sprecher des Bundesverteidigungsministerium gemeint.
Am 9.November 1993 wären fünfzig Kisten laut Übergabeprotokoll von einem „Fregattenkapitän Völz“ in Wiesa abgeholt und in ein Militärarchiv in München gebracht worden, dass nie existiert hatte sondern die Adresse des Münchner Stadtbüros des Bundesnachrichtendienstes (BND) war. Wie also sollen Angestellte des Verteidigungsministeriums diese Unterlagen vernichtet haben, die sich in der Obhut des Innenministers befunden hatten?
Wozu eine konspirative Abhol-Aktion im ehemaligen DDR-Betrieb durch den Geheimdienst, um die sehr interessanten gewinnbringenden Konstruktionsmittel einem Militär-Museum zu schenken, das die Unterlagen aber vernichtet, weil man sich im unrechtmässigen Besitz wähnte?
Der „Fall Wieger“ soll im Säurebottich geendet haben, um jede weitere Nachforschungen abzuwimmeln – die Unstimmigkeiten fallen den Verantwortlichen schon gar nicht mehr auf.
Schliesslich hätten sich die von der Regierung so hoch gesponserten Rüstungsfirmen alle zehn Finger vor Freude abgeleckt, diese Unterlagen zu bekommen.
Das Bundeskanzleramt hätte die Beteiligung des BNDs bestätigt, dass der Nachrichtendienst im Auftrag des Verteidigungsministeriums gehandelt und die Kisten dem Bundesamt für Wehrtechnik in Koblenz übergeben habe, die aber behaupten, nur sehr wenig erhalten zu haben und fühlten sich angeblich nicht dafür zuständig.
Oberstleutnant Norbert Rahn vom Verteidigungsministerium hätte gesagt
„Soweit ein Grossteil der Unterlagen 1993 durch den BND abgeholt worden sein sollte, war damit kein rechtswirksamer Eigentumsübergang verbunden.“
und hätte weiterhin mitgeteilt, dass nur „geringe Mengen“ Material zur Wieger übernommen worden wären. Der Verbleib des grösseren Anteils aus den Kisten wäre somit auch nicht „aufgeklärt“.
1992 kaufte die US-Firma General Atomics den inzwischen in die Treuhand übergegangenen VEB „Spezialtechnik Dresden“, zu dem auch der VEB Geräte- und Werkzeugbau Wiesa gehörte.
Das Bundeskanzleramt hatte somit dem neuen Eigentümer in der vertuschenden Nacht-und-Nebel-Aktion vom 9.November 1993 in dessen Besitz übergegangene Sachbestände gestohlen.
Nach Angaben in dem Bericht der Freien Presse hätte das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden gesagt, dass man mehrere Exemplare der Wieger – aber keine Dokumente aus dem Werk in Wiesa – besitzen würde, die allerdings nicht in der Ausstellung zu sehen wären. Wie sie in den Bestand des Museums gelangt seien, wisse man nicht, hätte ein Sprecher des Hauses mitgeteilt. (1)
Das ist bei einer brisanten Waffe, die angeblich nur in Serienproduktion hergestellt wurde, weil für die grössere Produktion die Wende dazwischen kam, ein sehr seltsam anmutender Umstand, wird doch ansonsten jeder Bleistift peinlich genau in das Bestandsregister eingetragen.
Die MDR-Sendung Umschau hat in ihrer heutigen Programmankündigung für 20.15 Uhr den schon für die letzte Sendung am 23.März angekündigten Bericht über diesen Fall nicht auf die Hinweisliste der Beiträge gesetzt. (2)
Artikel zum Thema
23.03.2010 BND in verschwundene Unterlagen des DDR-Sturmgewehrs Wieger verwickelt
Der MDR plant für den Dienstagabend in seiner Ausgabe “Umschau” um 20.15 Uhr eine Reportage von dem Berliner Filmemacher Andreas Wolter, der sich auf die Suche nach den Konstruktionsunterlagen der begehrten Waffe machte.
(Zeichnung: Wieger STG 941, Clearspace/Wikipedia)
Das Bundeskanzleramt hat am Montag, den 22.März erstmals bestätigt, dass der Bundesnachrichtendienst die Konstruktionsunterlagen des DDR-Sturmgewehres Wieger im Jahr 1993 heimlich und ohne Wissen der offiziellen Stellen beiseite geschafft hatte.
Quellen:
(1) http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/THEMA_DES_TAGES_REGIONAL/1714384.php
(2) http://www.mdr.de/umschau/