CDU in nackter Panik angesichts bevorstehendem Regierungswechsel in NRW und Bund

Kanzlerin Angela Merkel bekommt vor der NRW-Landtagswahl eine fadenscheinige Werbekampagne zum 10-jährigen Jubiläum geschenkt. Es wirkt wie ein Abgesang. Derweil rudert Ministerpräsident Jürgen Rüttgers auf dem sinkenden Schiff der schwarz-gelben Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen, ohne recht zu den schwarz-roten Paddeln ins Rettungsboot zu wollen.

Nichts ist, wie es scheint, in der deutschen Presse. Nur irgendwie störend, dass auch nichts ist, wie es mal war. Der Glanz Westdeutschlands und seiner hinterwäldlerischen, dumpfen Seilschaften, die sich immer noch selbst täglich in die Vitrine der Öffentlichkeit des 21.Jahrhunderts stellen und versuchen an sich herum zu putzen, wird mit jedem Tag vor dem 9.Mai matter und matter.

Heute durften nun die Kinder der Bonner Republik noch mal richtig ran. Da wurde gewienert und gebohnert, dass die Kanzlerin lachte. Hatte man nach dem durch die CDU-Spendenaffäre erzwungenen politischen Ende des alten Paten Helmut Kohl in der Führungspartei Deutschlands mit Angela Merkel schnell von West- auf Ostblock geschaltet (und alle anderen Parteien als Blockparteien behalten), so konnte man in den letzten Tagen im politischen Berlin ein vernehmbares und schnell lauter werdendes Geräusch hören: es ging da was auf Grundeis. Und zwar mächtig.

Wie schon häufiger erläutert, hier nun einen für die Nachzügler.

Sämtliche Umfragen besagen seit langem (1), dass die schwarz-gelbe Regierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ihre absolute Mehrheit im Landesparlament von Nordrhein-Westfalen verlieren wird. Dann muss Rüttgers sich einen Koalitionspartner suchen. Wer nicht Radio Utopie las – und die quantitative Freiheit ist immer die Freiheit der Blöden – der war natürlich überrascht: Mutti, wir haben die Mehrheit geschrumpft. Jetzt heisst es, wie schon anno dünnemal zu den renitenten Antiautoritären den Scheiterhaufen hoch gebrüllt: „SUCH DIR ERSTMAL MEHRHEITEN! HARHARHAR!“ (NRW-Wahl wird zu neuer Bundesregierung führen, 18.März)

Der prominenteste gesponsorte Arbeiterführer aller Zeiten braucht aber keine Angst haben. Die SPD will wie immer verlieren und tut das auch. Ja und weil sie das tut, Genossinnen und Genossen, ist das vernünftig. Auch der neue SPD-Monarch Sigmar Gabriel hat wieder SPD-Ministerpräsidenten verboten, zumindest in Westdeutschland. Hannelore Kraft, die SPD-Landesmonarchin und Gabriel sind sich darüber einig, dass sie einen CDU-Ministerpräsidenten wollen und auch wählen werden. (28.März, Gabriel schliesst SPD-Ministerpräsidentin Kraft aus: grosse Koalition in NRW und Bund)

Rüttgers kann nun in aller Ruhe sich einen neuen Steigbügelhalter auswählen. Egal wie gewählt wird, er bleibt Ministerpräsident. Die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen in NRW, Sylvia Löhrmann, bot Rüttgers bereits am 28.März eine schwarz-grüne Koalition an. Flankierend zu den sich anbahnenden neuen Parteienfreundschaften hetzte dann, was zusammen gehört. (6.April, Kriegs- und Hartz-Partei Grüne: Im Bankenstaat Erwerbslose sollen Gehwege von Hundekot säubern)

Aber: in jedem Falle verliert die Bundesregierung unter den Helden der Nation, Angela Merkel und Guido Westerwelle, ihre späte bzw. spätrömische absolute Mehrheit im Bundesrat. Das würde bedeuten, dass sie praktisch keine wichtigen Gesetzesvorhaben mehr beschliessen kann, da die Länderkammer Bundesrat fast jedem vom Bundestag beschlossenen Gesetz zustimmen muss.

Das wiederum heisst: die CDU muss entweder die Grünen für eine Jamaika-Koalition an Bord holen oder sie nimmt sich schlicht wieder mal die SPD. Jedenfalls wird sich die neue Berliner Bundesregierung nach dem 9.Mai an der neuen NRW-Landesregierung orientieren müssen, da sie sonst vor jedem Gesetz sowieso beim jeweiligen Koalitionspartner der CDU in NRW betteln gehen muss.

Nun wird aber in Deutschland die Regierung nicht vom Volk gewählt. Sie wird bis auf den Kanzler gar nicht gewählt. Der Kanzler / die Kanzlerin wird vom Parlament gewählt und der Kanzler macht dann dem Präsidenten Angebote von Ministern, die dieser nicht abschlagen kann. Faktisch ernennt also der Kanzler die Regierung, übrigens nicht nur die deutsche. In Deutschland ist es möglich, zum Gesetzgeber einer halben Milliarde Menschen zu werden, ohne jemals in seinem ganzen Leben zu irgendwas gewählt worden zu sein. Jeder deutsche Minister, vom Kanzler ernannt, wird durch das Konstrukt der Brüsseler Räteregierung automatisch ermächtigt, in den Ministerräten der EU Verordnungen und Direktiven (Richtlinien) zu beschliessen. Verordnungen werden automatisch Gesetz in allen Mitgliedsstaaten der EU, Direktiven (wie z.B die zur Vorratsdatenspeicherung aus dem Jahre 2006) müssen durch die Mitgliedsstaaten durch eigene Gesetzgebung umgesetzt werden. (DER MOLOCH, 7.Februar 2010)

Wenn sich also die Regierungskoalition in der Berliner Bundesregierung verändert, sind erstens immer Weltpolitik und gewaltige Interessen im Spiel und zweitens muss der Kanzler im Parlament zumindest neu bestätigt werden. Dann kann man auch gleich einen neuen wählen lassen, wenn der alte es nicht mehr bringt. Oder Mutti.

Aber wer will schon gern zum Mutti-Mörder werden? Und wie sagt man es diesen ganze Schwachköpfen, die zu dumm sind im Dunkeln ihren eigenen Piephahn zu finden? Wir kennen das mit der Demokratie, jaja, das war doch da, ja, nee, ach lass mich in Ruh, ich hab genug Probleme, da kann ich auch schnell noch ein besonders gr0ßes machen.

Hat das jetzt jeder verstanden? Nein. Dann nochmal in Kurzfassung:

Jürgen Rüttgers ist bereits jetzt neuer alter Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Er muss sich aber nach den Landtagswahlen am 9.Mai eine neue Regierungskonstellation suchen. Diese wird auch die neue Regierungskonstellation in Berlin werden. Und die könnte das Aus für Angela Merkel als Kanzlerin bedeuten.

Wenn man das nun alles weiß, dann kommt einem das hier natürlich komisch vor.

– sinnlich der „Stern“ (2): „Angela Merkel und die CDU: Gekommen, um zu bleiben. Zehn Jahre CDU-Vorsitzende Angela Merkel. Keiner der CDU-Herren hat es ihr im Jahr 2000 zugetraut. Doch die Chancen, dass sie Konrad Adenauer noch an Amtsjahren übertrifft, stehen gut.“

– Verkniffenes und Verbissenes in der „Welt“ (3), zwischen den Zähnen durch: „Merkel sucht nach einem Projekt für ihre CDU. Angela Merkel – die Fremde, Ostdeutsche, Unkatholische, Geschiedene, die vermeintliche Übergangskandidatin – hat eine moralisch demontierte Partei zurück zur Staatsverantwortung geführt.“

– Freunde, die man nicht mal als Feinde braucht, fand man im „Focus“ (4): „Konservative und wirtschaftsnahe Christdemokraten haben Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen die CDU-interne Kritik verteidigt, die Partei sei unter ihr zu weit nach links gerückt.“

– Hämisch-Erklärendes in der Süddeutschen (5):“ Morphingtool: Angela Merkel – Vom Mädchen zur Mutti..Madame Merkel ist salonfähig geworden..In jenen Tagen, als die DDR zusammenbrach, stieg eine Frau auf, die im sozialistischen Deutschland weder zu den Oppositionellen noch zu den aktiven Parteigängern gehört hatte. Angela Merkel wollte einfach Karriere als Physikerin machen, absolvierte die nötigen Marxismus-Leninismus-Lehrgänge und war im Übrigen bei der Freien Deutschen Jugend (FDJ) als Kultursekretärin für Agitation und Propaganda zuständig.“

Und so weiter, und so fort. Derweil in Düsseldorf:

Rüttgers, in heller Panik sich den niedersächsischen Amtskollegen Christian Wulff als neuen Jamaika-Kanzler in Berlin einzufangen, blies heute schon wieder in heller Verzweiflung die stumpfe Trompete vom drohenden Kommunismus. Was soll er auch machen, er hat als Wessi nie etwas anderes gelernt in der Politik. Das musste man dort auch nicht, aber wer schlau war, der tat es in Westdeutschland trotzdem.

Nun stand Arbeiterführer Rüttgers da, vor schlappen 6000 Zuschauern bei einer zentralen Wahlkampfveranstaltung in Oberhausen und erklärte (6):

„Rot-Grün macht arm. Rot-Rot schafft Chaos. Rot-Rot-Grün vernichtet Arbeitsplätze“

Also die erste Behauptung stimmt, zweitens war Rüttgers seit 10 Jahren offenbar nicht in Berlin und kommt da auch nie hin und drittens gab es noch nie. Und wenn man dann noch zur Unterstützung Horst Seehofer auffährt..

Das sieht also alles nicht sehr gut aus für den Jürgen. Dabei braucht er sich doch eigentlich gar keine Gedanken zu machen, was er auch nicht tut, wenn man mal ehrlich ist. (CDU fängt sich Wahlboykott-Aufruf von Einwanderern ein, 4.September 2009)

Fazit: letzte Ausfahrt grosse Koalition, Mutti. Und gib dem Franky und dem Sigmar auf dem Rücksitz was zu trinken.

Wie schätzen Sie die Situation ein? Schreiben Sie Ihre Ansichten und Hinweise zum Thema im Forum von Radio Utopie und diskutieren Sie mit.

Quellen:
(1) http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/nrw.htm
(2) http://www.stern.de/politik/deutschland/angela-merkel-und-die-cdu-gekommen-um-zu-bleiben-1557488.html
(3) http://www.welt.de/politik/deutschland/article7115260/Merkel-sucht-nach-einem-Projekt-fuer-ihre-CDU.html
(4) http://www.focus.de/politik/deutschland/parteien-cdu-konservative-verteidigen-merkel_aid_497284.html
(5) http://www.sueddeutsche.de/politik/57/508205/text/
(6) http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2526311_Wahlkampfauftakt-in-NRW-Ruettgers-schuert-aengste-vor-Rot-Rot.html

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