„In den Schatten von Wall Street“: Der systemische Betrug der Finanzmacht Lehman Brothers
Schuldscheine zu Krediten, verdeckt gesteuerte Refinanzierungs-Ableger, wertlose Papiere, Luftgeld und hilflose „Experten“: durch neue Enthüllungen um die zusammengebrochene Investmentbank Lehman Brothers wird das ganze Ausmaß des Betrugssystems der „unabhängigen“ globalen Finanzmächte deutlich.
Die „New York Times“ berichtet heute, dass laut vorliegenden internen Dokumenten und Aussagen ehemaliger Mitarbeiter die Investmentbank Lehman Brothers vor ihrem spektakulären Zusammenbruch im September 2008 über eine Schattenfirma namens „Hudson Castle“ systematisch ihre Bilanzen schönte.
Während Hudson Castle nach aussen hin als unabhängige Firma etikettiert wurde, war sie offenbar in Wirklichkeit ein vollständig kontrollierter Ableger von Lehman Brothers, der im Jahre 2001 von der Investmentbank für 7 Milliarden Dollar gekauft wurde. Hudson Castle firmierte zu diesem Zeitpunkt noch unter dem Namen „IBEX Capital Markets“. Die später in Hudson Castle umbenannte Finanzeinheit gründete eigene Firmen. Von denen nahmen laut dem Bericht mindestens vier im Finanzmarkt Schuldscheine auf („i.o.u´s“) und gaben diese Schuldscheine dann Lehman Brothers als „repurchase agreement“ (repos) weiter. Diese „repos“ sind ebenfalls Schuldscheine, die besagen, daß der Schuldner sie irgendwann einmal bezahlen könnte.
Der Gläubiger wurde zum Gläubigen, Milliardenschuldner aka Banken und Schlipsträger refinanzierten sich so auf magische Art und Weise. Und alle konnten prima davon leben, wie so viele Finanzgenerationen vorher.
Eine der Ableger von Hudson Castle, eine Finanzeinheit namens „Fenway“, gab Lehman noch kurz vor dem Zusammenbruch diese auf dem Finanzmarkt besorgten repo-Schuldscheine in Höhe von 3 Milliarden Dollar als „Kredit“ weiter. Die als Gegenleistung für die repo-Schuldscheine von Lehman an Fenway überreichten Schuldscheine wurden nun vom versteckten Lehman-Ableger Fenway als Kredit an einen direkten Lehman-Ableger weitergereicht. Als „Sicherheit“ für diesen „Kredit“ Fenways an den versteckten Mutterkonzern Lehman diente Lehmans Beteiligung an der kalifornischen Firma SunCal, die leider auch zusammenbrach. Und als Krönung des ganzen gab dann Lehman nach seinem Zusammenbruch diese „repo“-Schuldscheine Fenways, welche die Investmentbank natürlich nicht zurückbezahlen konnte, als vermeintliche Konkursmassen an JPMorgan weiter.
Ein Schuldner gibt sich selbst Kredit. Oh wundersames Instrument der Marktwirtschaft. Man hört Guido Westerwelle auf dem Thron seufzen, „Zu viele Moneten, mein lieber Mozart, zu viele Moneten“.
Die Kontrolle der Firma lief über den damaligen Lehman-Mitarbeiter Kyle Miller, der in einem Memorandum den Deal vorgeschlagen hatte und später Präsident von „Hudson Castle“ wurde. Miller verweigerte gegenüber der „New York Times“ dazu eine Stellungnahme.
Mit involviert in die Vorgänge waren offenbar auch andere weltweit operierende Finanzmächte wie die Ratingagentur „Moody´s“, von derem Urteil im 21.Jahrhundert ganze Staaten wie Griechenland abhängen. „Moody´s“ ließ in ihren Urteilen die Verflechtung von Lehman und Hudson Castle stets unerwähnt.
Das Prinzip hinter diesem Finanzgeflecht, so die New York Times, zeige ein bis heute gängiges Betrugssystem im globalisierten Bankensystem auf.
„Einheiten wie Hudson Castle sind Teil eines gewaltigen Finanzsystems, dass in den Schatten von Wall Street operiert, größtenteils jenseits der Reichweite von Banken-Regulatoren. Diese Einheiten ermöglichen es Banken, ihre Investments gegen Bargeld umzutauschen, um ihre Operationen zu finanzieren und gelegentlich ihre Finanzen besser aussehen zu lassen als sie sind.“
Jetzt dürfte bald wieder das Gejammer der „Experten“ einsetzen, die seit Jahrzehnten hochbezahlt werden, um nichts von ihren Aufgaben zu wissen und noch weniger zu tun, weil sie schon alle Hände voll zu tun haben irgendwen wieder über´s Ohr zu hauen. Dazu Finanzberaterin Francine McKenna, mit ihrem Finanzpopperblog „The Auditors“:
„Wie kann irgendjemand – Regulatoren, Investoren oder irgendjemand – verstehen, was in diesen finanziellen Statements drin ist, wenn die sich durch 15 Schichten graben müssen, um miteinander verknüpfte Beziehungen und diese Art von Transaktionen zu finden? Jeder redet darüber, die nächste Krise zu verhindern, aber die können nicht die nächste Krise verhindern, wenn sie all diese inzestuösen Beziehungen nicht verstehen.“
Nun, man könnte einfach sagen, dass man zu doof dazu ist. Weil man davon gut leben kann.
Der Bericht in der „New York Times“ erscheint rechtzeitig zum laufenden Tauziehen im US-Senat um einen weitreichenden Gesetzentwurf der Demokratischen Partei zur Bankenkontrolle. Ebenso passend: das internationale Gezerre um eine globale Bankenabgabe durch die G20-Staaten (Washingtoner G20-Treffen am 23. soll globale Bankenabgabe vorbereiten).
Es scheint, dass da irgendjemand in Washington und New York irgendetwas wissen will.
Möge es das Richtige sein.
(…)
27.03.2010 DIE GRIECHENLAND-KRISE (III): Das “nächste Lehman Brothers” – die Entstaatlichung der Staaten
Als die weltweiten mächtigen Ratingagenturen Fitch und Standard & Poor´s nach dem Nein der Griechen zum Goldman Sachs-China-Deal um die National Bank of Greece am 14. und 16.Dezember die Kreditwürdigkeit Griechenlands herabsetzten, trat in Deutschland ein altbekannter Lobbyist und Verarmungs-Prophet auf die Bühne: Hans-Werner Sinn, Leiter des sogenannten “Ifo-Institutes”, welches 1949 u.a. mit ehemaligen Statistikern der Obersten Reichsbehörde für 4-Jahrespläne des Naziregimes gegründet worden war.
Bereits am 15.Dezember 2009, Wochen nach dem Besuch von Goldman Sachs-Chef Gary Cohn in Griechenland und einen Tag vor der Herabstufung Griechenlands durch Standard & Poor´s, kündigte der Chef der Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, einen kommenden neuen Raubzug der Banken an; Griechenland könne “das nächste Lehman Brothers” werden, so Sinn.
Quelle: http://www.nytimes.com/2010/04/13/business/13lehman.html